Forschende der Fachhochschule Köln haben das Potenzial Deutschlands zur dezentralen Erzeugung von grünem Wasserstoff auf der Grundlage von Photovoltaik und Elektrolyseuren in verschiedenen Szenarien bewertet. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass diese Kombination bereits heute mit blauem oder grauem, aus fossilen Brennstoffen erzeugtem Wasserstoff konkurrenzfähig ist. Ihre Arbeit konzentrierte sich auf alkalische Elektrolyseure (AEM), die sie als ausgereifte Technologie im Megawatt-Maßstab bezeichneten, und auf Protonenaustauschmembran-Elektrolyseure (PEM), die sie als relativ neue Technologie für Anwendungen im kleinen Maßstab definierten. „Obwohl die alkalische Elektrolyse eine bevorzugte Technologie ist, gewinnt die Proton-Elektrolyse langsam die Aufmerksamkeit der Wissenschaftler“, heißt es in der Meldung.
Als Standort für die Fallstudie wählten die Forschenden Köln aus, wo mehrere Unternehmen Wasserstoff produzieren und verbrauchen. Auch die Nachfrage nach Wasserstoff an Tankstellen steige derzeit in Köln. Sie gingen vom Einsatz eines Photovoltaik-betriebenen Elektrolyseurs mit einer Produktionskapazität von 21,36 Kilogramm am Tag aus. Das alkalische Gerät wurde für eine installierte Leistung von 49 Kilowatt und der Protonaustausch-Elektrolyseur für eine Leistung von 62 Kilowatt ausgelegt. Der Ausgangsdruck wurde für letztere mit 29,9 bar und für erstere mit 9,9 bar angegeben.
Die Forschenden untersuchten sechs verschiedene Szenarien: ein AEM-Elektrolyseur, der von einer netzunabhängigen Photovoltaik-Anlage mit einer Leistung von 2,6 Megawatt und einer Batterie mit einer Kapazität von 7.250 Kilowattstunden betrieben wird; ein PEM-Elektrolyseur, der von einer 3,3 Megawatt netzunabhängigen Photovoltaik-Anlage mit einer Batterie mit einer Kapazität von 9.125 Kilowattstunden; ein AEM-Elektrolyseur, der von einer 850 Kilowatt netzgekoppelten Solaranlage angetrieben wird; ein PEM-Elektrolyseur, der von einer 1 Megawatt netzgekoppelten Photovoltaik-Anlage angetrieben wird; ein AEM-Elektrolyseur, der von einer 680 Kilowattstunden netzunabhängigen Photovoltaik-Anlage mit einer Batterie mit 1.500 Kilowattstunden Kapazität und mit begrenzter Betriebszeit angetrieben wird; und ein PEM-Elektrolyseur, der von einer 950 Kilowatt starken netzunabhängigen Photovoltaik-Anlage mit einer Batterie von 2.000 Kilowattstunden Kapazität und begrenzter Betriebszeit betrieben wird.
Für die letzten beiden Szenarien wurden die Betriebsstunden des Elektrolyseurs so gewählt, dass sie mit der tatsächlichen Zeit der Stromerzeugung übereinstimmen. Die Wasserstoffkosten wurden unter Berücksichtigung der Anfangsinvestition für den Bau der Systeme, der jährlichen Betriebskosten, der jährlichen Wasserstoffproduktion, des Abzinsungssatzes und der Systemlebensdauer, die für alle Szenarien 20 Jahre betrug, bewertet.
Die höheren Gestehungskosten für Wasserstoff (LCOH) ergaben sich für Elektrolyseure, die mit netzunabhängigen Photovoltaik-Anlagen betrieben werden, was die Forschenden mit den höheren Kosten, die durch die notwendige Beschaffung eines Batteriespeichers entstehen, erklären „Im Szenario des netzunabhängigen, eingeschränkten Betriebs ist die Systemgröße zwar geringer, aber der LCOH-Wert ist immer noch hoch“, so die Forschenden. Sie merkten an, dass die beste Leistung mit dem netzgekoppelten Solarstrom für den AEM-Elektrolyseur erzielt wurde, der Wasserstoffgestehungskosten von 6,23 Euro pro Kilogramm erreichte. Zum Vergleich: Der mit netzunabhängiger Photovoltaik betriebene PEM-Elektrolyseur kam auf 57,61 Euro pro Kilogramm. „Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass die Idee, die Elektrolyseure 24 Stunden am Tag und das ganze Jahr über netzunabhängig zu betreiben, wirtschaftlich nicht machbar ist, da der erzeugte Wasserstoff sehr teuer ist“, so die Forscher.
Ihre Arbeit liefert auch ein Modell für die Systemdimensionierung und ermöglicht die Berechnung der Gestehungskosten für Wasserstoff überall auf der Welt durch Änderung der relevanten Eingangsparameter. Sie stellten sie in dem wissenschaftlichen Artikel „Hydrogen as energy carrier: Techno-economic assessment of decentralized hydrogen production in Germany„, der kürzlich in der Zeitschrift „Renewable Energy“ veröffentlicht wurde.
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Für mich ist das ein Widerspruch, wenn der Autor oben von grünen Wasserstoff spricht und bei der günstigen Lösung für 6,23 € je KWh von netzgekoppelter Photovoltaik. Da der Elektrolyseur für diese günstigen Kosten 24h 365 Tage = 8760 Stunden pro Jahr laufen muss und die Photovoltaik nur 1000 Stunden pro Jahr liefert, verwendet man also zu 89% Netzstrom mit hohem fossilen Anteil.
In dem zitierten Original Artikel kann ich auch nirgendwo lesen, dass bei dieser Herstellungsmethode von grünem Wasserstoff gesprochen wird.
Diese Studien sind doch ein Blick in die Zukunft. Dann wird auch der Strom aus dem Netz komplett grün sein. Entscheidend ist doch, dass Wasserstoff mit 6,23 Euro pro Kilogramm eine große Chance auf dem Markt hat. Die 24h Verfügbarkeit im Netz muss ja auch durch Wind und Speicher ergänzt werden. Dadurch steigt der Preis natürlich wieder. Aber durch Skalierung über Jahre kann der Preis dann sicher auch unterhalb diese Marke gedrückt werden.
Ja sehr gute Frage. Warum nicht gleich ans Netz hängen und dort produzieren wo es benötigt wird?
Den 100% grünen Strom werden wir nur haben, wenn in 30-40% der Zeit Wasserstoffkraftwerke (oder andere Langzeit- und Mittelfristspeicher) die Lücken füllen. Und was machte es für Sinn, Wasserstoff zu verbrennen, um Wasserstoff zu erzeugen? Eine realistische Untersuchung muss also davon ausgehen, dass die Jahresarbeitsstunden der Anlagen im Bereich von 20-30% liegen werden, denn auch in den Zeiten, in denen die Anlagen mit Überschussstrom aus Wind und PV betrieben werden, werden sie meist nicht mit voller Leistung laufen können.
Sorry, meine 6,23 € je KWh waren natürlich je kg gemeint.
Wenn wir in der Zukunft 100% grünen Strom haben, dann wird besonders im Winter ein großer Teil davon aufwendig über Wasserstoff zwischengespeicherter und rückverstromter Strom sein, der sicherlich nicht mit 4-5 Cent je Stunde produziert werden kann. Das muss man dann entweder hoch subventionieren und oder wirklich einen variablen Strompreis haben. Und dann sind die 6,23 € nicht haltbar, da ich ja für 1 kg Wasserstoff 55 – 60 KWh Strom brauche.
Ein noch viel größeres Problem bei der netzgekoppelten Herstellung ist die Belastung der Netze, wenn wir einen großen Teil unseres Wasserstoffs über Netzstrom erzeugen wollen. Da Stromtrassen nicht sehr beliebt in der Bevölkerung sind, müssen wir diese sehr effektiv einsetzen, und dazu zählt nicht die Hauptnutzung für Elektrolyse.
Wasserstoff ist sehr sinnvoll und unbedingt notwendig, aber bitte nur dort, wo es keine effektivere Alternative gibt und nur dort, wo unser in Zukunft hochbelastetes Stromnetz nicht durch die Wasserstoffherstellung zusätzlich belastet wird. Wasserstoff gehört kurzfristig in eigene Wasserstoff Netze und mittelfristig z.B. zusätzlich in umgewidmete Erdgasnetze. Die Erzeugung sollte immer, ohne Umweg über das Stromnetz, direkt aus erneuerbarer Energie erfolgen. Wirtschaftlich ist das in Deutschland aktuell hauptsächlich nur mit Offshore Windkraft mit typisch 6000 Nutzungsstunden pro Jahr oder durch Zukauf aus sonnenreichen Regionen der Erde. Mittelfristig kann es wirtschaftlich werden, wenn wir kombinierte Energiefelder mit Wind- und Solar nutzen und der Preis für Elektrolyseure soweit gesunken ist, dass nicht mehr 365 Tage 24 Stunden notwendig sind, um eine wirtschaftliche Nutzung der Elektrolyseure zu erreichen.
Aber bereits jetzt anzunehmen, dass wir heute schon in Deutschland allein mit Photovoltaik und Elektrolyseuren grünen Wasserstoff wirtschaftlich herstellen können, ist eine Fehlinterpretation der vorliegenden Studie.
Die Wasserstoffwirtschaft verhindert eine dezentrale Bürger-Energiewende.
Mit der Herstellung von Wasserstoff wird wertvoller grüner Strom vernichtet.
Mit der Wasserstoffwirtschaft wird eine strombasierte Wirtschaft verhindert.
Mit der Herstellung von Wasserstoff wird wertvolles Trinkwasser vernichtet.
Das mit der Trinkwasservernichtung ist lächerlich. Der Wasserverbrauch zur Wasserstoffherstellung ist vernachlässigbar.
Auch die Vorstellung, dass wir wieder zu einer kleinteiligen Subsistenzwirtschaft zurückkehren wollten, kann man nur illusionär romantisch nennen. An der Struktur unserer Wirtschaft mit stark arbeitsteiligen und dadurch leistungsfähigen Großunternehmen wird sich nichts ändern, wenn wir konkurrenzfähig bleiben wollen. Wir müssen froh sein, wenn es gelingt, das, was wir noch an kleinteiligem Wirtschaften in Handwerksbetrieben und Landwirtschaft haben, nicht weiterer Konzentration zum Opfer fällt. Leider hat das keine echte Lobby: Die CDU fördert Großunternehmen aus der Sichtweise der Unternehmerseite (die immer nach Größe strebt), die SPD fördert die gleichen Großunternehmen aus Arbeitnehmersicht, weil in diesen Unternehmen die Gewerkschaften stark sind. Die kleinen Selbständigen haben keine Lobby und wenn ihrer gedacht wird, sind das nur Sonntagsreden, ohne dass es sich in praktische Politik umsetzt.
Im Gegenteil. Die Photovoltaik hat die Energieerzeugung demokratisiert, die Wasserstoffwirtschaft demokratisiert nun die Energiespeicherung. Wenn Sie wollen, können Sie für um die 30’000 Euro ein komplettes H2-System kaufen, das Ihren Strom elektrolysiert, den Wasserstoff speichert und bei Bedarf wieder in Strom umwandelt.
Ich sage nicht, dass genau das die beste Lösung ist, aber wenn Sie wollen, können Sie zu vernünftigen Preisen völlig energieautark sein. Das war bisher nicht möglich.
Schade, dass die Forschenden nicht auch eine sinnvolle Konfiguration untersucht haben. Natürlich lässt sich ein Elektrolyseur am billigsten im Tandem mit einem passenden Atomkraftwerk betreiben. Die nächst bessere Variante ist doch aber nicht eine sinnlos überdimensionierte PV Anlage im Offgrid Betrieb, die ich dann saisonal unabhängig mit einem unsinnig großen Wochen- Batteriespeicher 8.000 h pro Jahr H2 produzieren lasse. So beweist man nur, dass die Erneuerbaren nicht mal zur H2 Produktion taugen.
Wirklich Sinn macht die netzgebunde Herstellung natürlich nur wenn die Anlagen NICHT 24/7 laufen müssen um wirtschaftlich zu sein. Wasserstoff sollte die Überproduktion vom grünen Strom aus dem Netz nehmen.
Dabei sollte die Wasserstoff Produktion technologieoffen mit anderen Verfahren wie Batteriespeicher oder Power2Heat konkurrieren…
Batteriespeicher sind keine Konkurrenz für den Wasserstoff. Batterien gleichen Angebot und Nachfrage innerhalb eines Tages aus, sonst sind sie unrentabel. Das gilt sogar für die Redox-Flow-Batterien, weil der gespeicherte Elektrolyt zu teuer ist. Wasserstoff wird schon gebraucht um die typischen mehrtägigen Erzeugungschwankungen beim Windstrom auszugleichen, und noch mehr, um jahreszeitliche Schwankungen in Verbrauch und Erzeugung zu kompensieren, wenn wir ein Übergewicht der PV bekommen, weil die politisch leichter durchsetzbar ist.
Power-to-heat-to-power könnte für die kürzere Frist eine Konkurrenz für den Wasserstoff sein – wahrscheinlich wird sich eine Mischstruktur ausbilden, die die jeweiligen Vor- und Nachteile, was Zeithorizont und Effizienz und Vielseitigkeit angeht, geeignet kombiniert.
Vor jeder Diskussion, wie man Wasserstoff am günstigsten herstellt, sollte ja immer die Frage kommen, wozu wir in Zukunft Wasserstoff einsetzen wollen. Lange Zeit galt ja die Antriebstechnik als wichtiger Anwendungsbereich. Wie sehr sich da aber die Maßstäbe aktuell verschieben, zeigt folgender aktueller Vortrag mit interessanter Diskussion von Prof. Maximilian Fichtner, den ich wirklich allen Interessierten wärmstens empfehlen kann: