Gerade laufen im sächsischen Freiberg die ersten Heterojunction-Smartwire-Solarmodule bei Meyer Burger vom Band, da plant das Schweizer Unternehmen bereits den nächsten Schritt. Es kündigte am Donnerstag an, dass es sein Portfolio um innovative Photovoltaik-Dachziegel erweitern will. Es handele sich um ein dachintegriertes Hochleistungs-Photovoltaik-System, das sich wie traditionelle Dachziegel montieren lasse.
Für eine beschleunigte Markteinführung habe Meyer Burger eine weit entwickelte, bereits nach IEC 61215 sowie IEC 61730 zertifizierte und bauaufsichtlich zugelassene Lösung von einem deutschen Ingenieurdienstleister erworben. Der Kaufvertrag umfasse sämtliches geistiges Eigentum, die Rechte an einer Photovoltaik-Dachziegellösung inklusive aller zugehöriger Patente, Zertifizierungen und bauaufsichtlicher Zulassung sowie das technische Know-how, hieß es weiter. Den Namen des Dienstleisters nannte Meyer Burger nicht. Ebenso sei Stillschweigen über den Kaufpreis vereinbart worden.
Das dachintegrierte Photovoltaik-System soll das Portfolio von Meyer Burger im Premium-Dachsegment erweitern. Sein Solardach will der Hersteller auf der Intersolar Europe Anfang Oktober in München präsentieren. Erste Auslieferungen der Photovoltaik-Ziegel an Kunden seien für das zweite Halbjahr 2022 vorgesehen. Es werde so konzipiert, dass es von einem Dachdecker einfach installiert und gewartet werden könne.
„Integrierte Solardach-Systeme stellen heutzutage noch eine Marktnische dar“, erklärte Gunter Erfurt, CEO von Meyer Burger. „Mit unserer neuartigen Solarziegel-Lösung planen wir, dachintegrierte Lösungen aus der Nische in einen größeren Markt zu führen.“ Zudem sei die Erweiterung des Portfolios in diese Richtung ein „konsequenter Schritt innerhalb unserer Wachstumsstrategie“, so Erfurt weiter. Mit dem integrierten Dachsystem könnten künftig auch Dachflächen erschlossen werden, die für die Installation von Standardmodulen nicht geeignet seien. Auch für die Photovoltaik-Ziegel will Meyer Burger auf seine Heterojunction-Smartwire-Technologie setzen.
Bislang prominentester Konkurrent auf dem Markt für Photovoltaik-Ziegel von Meyer Burger dürfte Tesla sein. Der CEO des kalifornischen Elektroauto-Herstellers, Elon Musk, präsentierte bereits im Herbst 2016 seine Vision eines Solarziegels für das „solar roof“. Danach wurde es jedoch wieder eher ruhig um die Photovoltaik-Lösung und bis heute ist relativ unklar, wie viele Dächer mit den Photovoltaik-Ziegeln von Tesla ausgestattet sind. Daneben gibt es noch einige weitere Anbieter am Markt wie etwa Autarq, Sunroof oder Midsummer. Allerdings sind die bislang umgesetzten Projekte in diesem Markt doch eher überschaubar.
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Die Verbreitung solcher Dachziegel, die die Nachteile von PV und herkömmlichen Dachziegeln vereinen, wird auch bescheiden bleiben. Das ist wie ein Motorrad mit Beiwagen: Man kann sich nicht mehr in die Kurve legen, aber ist trotzdem dem Wetter ausgesetzt wie auf dem Motorrad. So hat man mit Dachziegel-PV das kleinteilige, wodurch man viel Fläche verliert, aber wie ein Ziegeldach sieht es trotzdem nicht aus. Dazu wird die Verkabelung aufwendiger. Im Denkmalschutz könnte es mit entsprechend eingefärbten Zellen seine Berechtigung haben, aber das ist eine kleine Nische. Auf moderne Häuser kann man auch ein modernes Dach legen, und das wird in Zukunft ein Dach aus PV-Modulen sein. Das scheinen auch die Bauherren zu denken. Die Schreier, die beklagen, dass PV-Module so hässlich seien, sind eine kleine, aber sehr laute Minderheit. Die Schönheit liegt aber bekanntlich im Auge des Betrachters: Wer sich über das nützliche Dach freut, findet die Module dafür auch schön.
Ein paar Fragen gibt es, die künftig gelöst werden müssen: Wie deckt man die Überstände ab, die entstehen, wenn die Abmessungen von großen Modulen und Dach nicht zusammenpassen. Und wie sichert man die Begehbarkeit, z.B. für den Schornsteinfeger. Je nach Dachneigung und Schneeauflage könnte man auch darüber nachdenken, wie man das Dach von Schneeauflagen frei halten kann. Aber für nichts davon ist der PV-Ziegel eine gute Lösung, beim Schneeräumen wäre er ein Hindernis.
Eine wichtige Funktion des Ziegeldachs habe ich vergessen: Dachziegel sind Hightech, wenn es um die Minimierung von Sturmschäden geht. Ist bei hohen Windgeschwindigkeiten der Druckunterschied zwischen Hausinnerem und Atmosphäre hoch, wirkt pro Ziegel nur eine geringe Kraft, die ihn kurz anhebt. Meist fällt er in seine alte Position zurück, bei starken Stürmen müssen viele Ziegel wieder richtig hingeschoben werden. Nur bei sehr starken Wirbelwinden werden auch Ziegeldächer komplett abgedeckt. Großflächig abgedichtete Dächer hingegen werden schon bei mittleren Stürmen als Ganzes mitgerissen.
Dächer aus PV-Modulen (ohne Ziegel) sollten also der Sturmresilienz zuliebe so konstruiert werden, dass sie ausreichend große Öffnungen zum Druckausgleich behalten, und an der Unterkante hockklappen können wie Ziegel. Das wird die zu behebenden Schäden nach Stürmen minimieren und das Haus in seiner Bausubstanz schützen.
Dem stimme ich zu.
Der spezifische Ertrag dürfte deutlich unter dem von Solarmodulen liegen, der Preis pro Wp deutlich höher, und die Akzeptanz für die großflächige Verkabelung unterhalb der Dachhaut (reale oder gefühlte Brandgefahr) muss auch erst errungen werden. Und es braucht, selbst wenn ein Kunde Interesse zeigt, Solarteure, die sich darauf einlassen wollen.
Technisch wäre eine Lösung mit Mikrowechselrichtern interessant, dann könnte man auch Verschattungsflächen mit eindecken. Aber auch hier werden die hohen Kosten ein begrenzender Faktor sein, so daß es m.E. eine Nischenanwendung bleiben wird.
Aus Sicht eines Produzenten ist es eine kosten- und ressourcenintensive, mit Unsicherheiten behaftete Produktlinie, die selbst im Erfolgsfall keine große Rolle auf der Gewinnseite spielen wird.
Moin moin,
der Dachziegel der beschrieben wird kommt mit größter Sicherheit von Paxos Solar. Dieser hat nicht nur die Vorteile von PV sondern auch einer Hinterlüftung die wiederum für Luft Wärmepumpen nutzbar gemacht werden kann.
Nach der Intersolar werden wir alle schlauer sein.
Es ist wie immer in Deutschland: Kaum entwickelt jemand eine zukunftsfähige Idee, melden sich reflexartig zuerst die Bedenkenträger zu Wort. So war und ist es im Automobilbau, wo wir heute noch ohne Airbags, Katalysator und Abstandsradar fahren müssten, wenn die Experten von damals Recht behalten hätten („zu unsicher, zu teuer, zu komplex“), so ist es auch bei dieser Neuerung. Noch nicht auf dem Markt und bislang ohne valide Leistungsdaten, aber bereits als ineffektiv und als Nischenprodukt abgelehnt. Ich würde mir jedenfalls keine plumpen Solarkollektoren aufs Dach schrauben und warte deshalb mit großem Interesse auf die angekündigten ästhetischen Solar-Dachpfannen.
„Ich würde mir jedenfalls keine plumpen Solarkollektoren aufs Dach schrauben“
Das ist Ihre Meinung, und damit gehören Sie – unter den an PV interessierten Hausbesitzern – zu einer kleinen Minderheit. Nur bei etwa 1-2 % aller uns erreichenden Anfragen wird auch nach Solardachziegeln gefragt. Es ist also nicht falsch, hier von einem (vermutlichen) Nischenprodukt zu sprechen; ich habe das mit „m.E.“ auch als meine Einzelmeinung gekennzeichnet.
Diese kann sich ändern, je nach technischer Entwicklung und Einsatzbreite.
Hallo ich kann Ihnen nur zustimmen. Ich war viel im Ausland UK und USA unterwegs. Deutschland ist eben wirklich ein Land der Bürokraten und Bedenkenträger.
Zu dieser Minderheit könnte auch ich gehören: Fläche plus Solarziegel bis Dachabschluss. Geile Kombi. Und an den Schornsteinen die kleinen Windanlagen. Dazu ein ordentliches Wärmepumpensystem. Prima.
Zu dieser Minderheit gehören wir auch!
Allerdings zählen wir uns auch zu der Gruppe der Hauseigentümer mit Giebeldach, welches in absehbarer Zeit neue Ziegel bräuchte.
Wenn die Solarziegel 30 Jahre halten, wüsste ich nicht, warum wir noch in Betonziegel unter klassischen Solarpanels investieren sollten.
Eigentlich habe ich aber auch nicht das Gefühl ein Exot zu sein, mit einem alten Haus mit Giebeldach…
Und werden Betonziegel in drei Jahren nicht eh verboten? Naja, sieben…