Die Zukunft ist solar und nicht nuklear

Hans-Josef Fell

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Solarenergie ist nicht nur nachhaltig und unerschöpflich, sondern auch die kostengünstigste Art der Energiebereitstellung. Besonders die Photovoltaik hat in den letzten zwei Jahrzehnten riesige technologische Fortschritte gemacht, sodass nun keine andere Form der Energiegewinnung preislich konkurrenzfähig ist, ohne Subventionen. Und dabei ist sie beliebig skalierbar, von einer kleinen Photovoltaik-Anlage auf dem Dach bis hin zur Größe eines Atomkraftwerkes.

Im September ist im Nordwesten Chinas der bislang größte Solarpark der Welt mit einer Kapazität von 2,2 Gigawatt ans Netz gegangen. Zusätzlich wurde das Kraftwerk mit 202 Megawattstunden Speicherkapazität versehen. Errichtet in nur 11 Monaten belaufen sich die Gesamtkosten des Projekts auf umgerechnet ca. 1,9 Milliarden Euro. Durch seine Lage auf dem nordwestchinesischen Hochplateau wird das Kraftwerk verlässlich Strom liefern, über das ganze Jahr hinweg. Die Solarenergie ist zusammen mit den anderen Erneuerbaren Energien also auch im Gigawatt-Bereich allen anderen Formen der Energiebereitstellung weit überlegen.

Eine Konkurrenz der Solarparks zu etwaigen Kohle- oder Gaskraftwerken kann aufgrund ihrer klimaschädlichen Treibhausgasemissionen und der Kosten ohnehin nicht zur Debatte stehen. Auch ein Vergleich mit Atomkraftwerken ist interessant. Hier zeigt sich, dass die Kernenergie der Solarenergie in allen Belangen unterlegen ist, selbst wenn man das Proliferationsrisiko, die enormen Sicherheitsrisiken und die Folgekosten des Atommülls ausblendet.

Vergleicht man den Solarpark mit den Daten aus dem aktuellen „World Nuclear Industry Status Report 2020“ wird schnell klar, dass die Kernenergie keine Rolle im Energiesystem der Zukunft spielen sollte und wird. (https://www.worldnuclearreport.org)

Leistung und Strommenge
Mit seiner Leistung von 2,2 Gigawatt lässt sich der Solarpark mit derzeitig im Bau befindlichen Atomkraftwerken gut vergleichen. Neuere AKW-Kapazitäten liegen meist zwischen 1 und 2 Gigawatt. Die derzeit 408 aktiven Atomkraftwerke (Stand Juli 2020) können lediglich eine Gesamtleistung von 362 Gigawatt aufweisen. (https://www.worldnuclearreport.org/IMG/pdf/wnisr2020_lr.pdf)
Auch die laufenden Kernkraftwerke in China weisen eine durchschnittliche Leistung von etwa 1 Gigawatt auf. Das Solarkraftwerk in der chinesischen Wüste dürfte etwa 2.500 Jahresvolllaststunden laufen – ein Atomkraftwerk etwa 7.000. Damit wird die solare Stromerzeugung des weltweit größten Solarparks mit 2,2 Gigawatt in etwa einem typischen Atomkraftwerk von 0,8 Gigawatt entsprechen.

Bauzeit
Während der chinesische Solarpark samt Speicher in weniger als einem Jahr errichtet worden ist, liegt die durchschnittliche Bauzeit der in Betrieb genommenen(!) Atomkraftwerke bei 10 Jahren. Derzeit kämpfen mind. 33 (64 Prozent) der weltweit im Bau befindlichen 52 Reaktoren mit Verzögerungen, sodass die durchschnittliche Bauzeit dieser Reaktoren bereits bei 7,3 Jahren liegt und die Mehrheit ist noch Jahre von der Fertigstellung entfernt. (https://www.worldnuclearreport.org/IMG/pdf/wnisr2020_lr.pdf)

Kosten
Die Kosten für das chinesische Solarkraftwerk beliefen sich auf 1,9 Milliarden Euro. Ein Schnäppchen verglichen mit den derzeit in Europa im Bau befindlichen Atomkraftwerken Flamanville 3 in Frankreich (19 Milliarden Euro) und Hinkley Point C in Großbritannien (20 Milliarden Euro). Aber auch die chinesischen Atomkraftwerke liegen mit einer vorgesehenen Bauzeit von circa 6 bis 7 Jahren weit hinter der Geschwindigkeit der Solarenergie, zumal auch die chinesischen Atomkraftwerke mit erheblichen Bauverzögerungen zu kämpfen haben.

China auf dem nuklearen Rückzug
Der 5-Jahresplan 2016-2020 des chinesischen Nuklearprogramms sah vor, dass sich 30 Gigawatt im Bau befinden, derzeit sind es etwa 14 Gigawatt (https://www.worldnuclearreport.org/IMG/pdf/wnisr2020_lr.pdf). Somit befindet sich auch der weltweit größte Förderer der Nuklearindustrie langsam, aber stetig auf dem Rückzug aus diesem technologischen Irrweg; welcher durch die sinkende Stromnachfrage im Zuge der Coronakrise und die sinkenden Kosten für die Bereitstellung Erneuerbarer Energien mitsamt Speichern noch beschleunigt werden dürfte.

Der Blick nach Europa
Selbstverständlich werden nun einige einwenden, dass solch ein Solarpark etwa in Tschechien, wo derzeit ein neues Atomkraftwerk gebaut werden soll, wenig Sinn ergibt, da erstens die Fläche und zweitens die Sonnenstunden nicht im gleichen Maße vorhanden sind, wie in der chinesischen Wüste. Das stimmt natürlich, jedoch hat auch Tschechien genügend Dachflächen und Freiflächen, um mit Millionen von kleinen und mittleren Solaranlagen plus Speichern kostengünstiger die Strommengen zu erzeugen, die das neue und die alten AKWs erzeugen. Der Staat müsste nicht mit etlichen Milliarden den Bau von Atomkraftwerken finanzieren. Ein privater Betreiber findet sich anders als bei Solaranlagen sowieso nicht. Auch könnten die vielen Solaranlagen schon vor dem geplanten, frühesten Baubeginn des AKW im Jahr 2029 längst fertig sein. (https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/klima-energie-und-umwelt/tschechien-bereitet-den-bau-neuer-atomkraftwerke-vor-16699438.html)

Bis dieses Atomkraftwerk am Netz ist, könnte Tschechien mit dem Bau von Solar-, Windkraft und anderen Erneuerbare Energien plus Speichern sogar schon erfolgreich auf 100% Erneuerbare Energien umgestellt haben, wenn, ja wenn es denn dort den politischen Willen gäbe. Zudem würde der Staatshaushalt nicht ruiniert. AKW-Bauten lassen sich nur mit staatlichen Subventionen realisieren, die aber das Land auf Jahrhunderte mit Kosten und Risiken belasten. Der Blick nach Frankreich, Finnland und Großbritannien sollte eigentlich genügen, um der nuklearen Versuchung nicht zu erliegen.

Atomkraft bringt keinen Klimaschutz
Neben den ausgiebig dargestellten Argumenten zu den Vorzügen der Erneuerbaren am Beispiel der Solarenergie ist es noch wichtig anzumerken, dass der Bau von Atommeilern, trotz scheinbar CO2-freier Energiebereitstellung, keinen Vorteil für den Klimaschutz mit sich bringt. Forscher*innen der University of Sussex und der International School of Management (ISM) in München haben in einer neuen Studie einen Vergleich angestellt; zwischen Staaten, die auf Atomenergie und solchen, die auf Erneuerbare Energien setzen. (https://www.nature.com/articles/s41560-020-00696-3)

Nach Auswertung der Daten aus 123 Staaten kommen die Wissenschaftler*innen zu dem Ergebnis, dass nur Länder, die konsequent auf Erneuerbare Energien setzen, ihre Emissionen reduzieren. Darüber hinaus ist auch klar, dass Atomkraft und Erneuerbare Energien nicht zusammenpassen, ergo miteinander konkurrieren, da Atomkraft nicht flexibel genug ist, um die starken Schwankungen von Solar- und Windenergie auszugleichen. Daher steht für die Autor*innen fest: „Investitionen in Nuklearenergie anstelle von Erneuerbaren Energien sollten in Frage gestellt werden. Länder, die solche Investitionen in großem Maßstab planen, riskieren, nicht ihr volles Potenzial im Kampf gegen den Klimawandel auszuschöpfen“.
(https://www.energiezukunft.eu/umweltschutz/wer-auf-kernkraft-setzt-reduziert-keine-emissionen/)

Unverbesserliche Atombefürworter werden das alles wie immer nicht wahrhaben wollen. Aber die nackten Zahlen sprechen für sich: Atomkraft ist in allen Belangen hoffnungslos der Solarkraft unterlegen.

— Der Autor Hans-Josef Fell saß für die Grünen von 1998 bis 2013 im Deutschen Bundestag. Der Energieexperte war im Jahr 2000 Mitautor des EEG. Nun ist er Präsident der Energy Watch Group (EWG). Mehr zu seiner Arbeit finden Sie unter www.hans-josef-fell.de. —

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