Was es für Solar 2.0 oder 3.0 noch braucht

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Solarpower Europe ist optimistisch, was die Entwicklung des Photovoltaik-Marktes in der EU angeht. Zur Intersolar in München wird der europäische Verband seinen aktualisierten „Global Market Outlook“ präsentieren. Bereits vorab verkündete CEO Walburger Hemetsberger auf Presseveranstaltungen in Berlin, dass Solarpower Europe die Erwartungen für 2019 und 2020 beim Zubau deutlich nach oben korrigieren wird.

In seinem mittleren Szenario rechnet Solarpower Europe in diesem Jahr mit einem Photovoltaik-Zubau von 17 Gigawatt in den 28 EU-Staaten, die alte Prognose lag bei 13,5 Gigawatt. Für das kommende Jahr wurde sie von knapp 17 auf 20 Gigawatt angehoben, so Hemetsberger. Die niedrigen Kosten treiben die Photovoltaik-Nachfrage europaweit. Erklärtes Ziel von Solarpower Europe ist, eine Steigerung des Photovoltaik-Anteils an der Stromerzeugung von derzeit vier auf 20 Prozent im Jahr 2030 zu verwirklichen. Dafür muss aber noch kräftig zugebaut werden. Doch nicht nur das, die Photovoltaik-Kraftwerke müssen auch intelligent gesteuert und kombiniert werden.

Wie das aussehen kann und was es dazu braucht, hat Solarpower Europe in der Studie „Grid intelligent Solar – Unleashing the full potential of utility-scale solar generation in Europe“ zusammengetragen, die am Freitag offiziell in Berlin vorgestellt wurde. Sie soll den Grundstein dafür legen, um Photovoltaik grundlastfähig zu machen. Dies geht allerdings nicht allein, sondern im ersten Schritt mit Softwarelösungen (Solar 2.0) und im zweiten Schritt dann mit Speichern, der Kombination mit anderen Erneuerbaren-Anlagen oder Power-to-Gas-Anlagen (Solar 3.0).

Die ebenfalls bei der Vorstellung der Studie anwesenden Co-Autoren Bernd Engel von SMA, Stefan Degener von First Solar und Jochen Hauff von Baywa re legten dar, inwiefern die Rahmenbedingungen in Deutschland die Entfesselung von grundlastfähiger Photovoltaik derzeit noch verhinderten. Ein wesentlicher Aspekt sei die Begrenzung der Solarförderung auf Photovoltaik-Anlagen bis zehn Megawatt. „Der sweet spot liegt bei 30 bis 120 Megawatt“, sagte Degener. Diese Größe sei optimal, um Freiflächenanlagen netzdienlich zu betreiben. Die Technologien dafür seien vorhanden. Die heutigen Wechselrichter würden passende Voraussetzungen liefern. Dazu würden Softwarelösungen gebraucht, um einen für das Netz optimalen Betrieb von Freiflächenanlagen zu ermöglichen, so Degener weiter.

Theoretisch größere Anlagen sind ohne Förderung in Deutschland durchaus möglich. „Für den PPA-Markt in Deutschland müssen die Rahmenbedingungen aber noch geklärt werden“, so Degener, der bei First Solar für die Geschäftsentwicklung in Europa und Afrika zuständig ist. Erste Großprojekte, wie das von EnBW und Energiekontor sind zwar angekündigt, werden aber wohl nicht vor Ende 2020 realisiert.

Bernd Engel, SMA-Vorstandsbeauftragter für die Netzintegration, betonte, dass im ersten Schritt die Photovoltaik einen wichtigen Beitrag bei der Bereitstellung von Blindleistung leisten könnte. „Wichtig ist eine faire Vergütung dieser Dienstleistung“, so Engel. Darüber berate derzeit im Bundeswirtschaftsministerium die „Blindleistungskommission“. Er sei zuversichtlich, dass diese eine Lösung finde.

Als eine geeignete Spielwiese, um Solar 2.0 und Solar 3.0 auszutesten, sieht Jochen Hauff die geplanten Innovationsausschreibungen. Sie sollen immerhin ein Volumen von 1,25 Gigawatt bis 2021 haben. Noch sei der Entwurf für die notwendige Verordnung aus dem Bundeswirtschaftsministerium nicht veröffentlicht. Doch die bisherigen Gespräche darüber zeigten, dass die Gelegenheit für ein Vorantreiben von Solar 3.0 nicht genutzt werde, so Hauff. Derzeit spreche vieles dafür, dass einfach ein neues Vergütungsmodell ausprobiert werde – von der fixen zur festen Marktprämie, nicht aber Modelle, die verschiedene erneuerbare Energien kombinierten, so der Baywa re-Manager weiter. Andere Länder seien bereits weiter, wenn es um das Testen innovativer Ansätze in diese Richtung gehe.

Hauff forderte, dass Deutschland endlich ein regulatorisches System brauche, dass Eigenverbrauch und innovative Konzepte in Zusammenhang mit der Photovoltaik fördere. Alle Vertreter sehen die Notwendigkeit, dass die Photovoltaik in Zukunft stark ausgebaut werden muss. Sie nehmen eine Verfünf- bis Versiebenfachung an, wenn Deutschland seine Klimaziele erreichen will. Dabei betont Bernd Engel, dass es auch noch mehr sein könne, da die Elektrifizierung auch der anderen Sektoren vorangetrieben werden soll. Acatech gehe davon aus, dass bis 2030 der Stromverbrauch in Deutschland von 600 auf 1000 Terawattstunden* steigen werde. Entsprechend mehr Photovoltaik, Windkraft und andere erneuerbare Energien müssten zugebaut werden, um einen Anteil von 65 Prozent zu erreichen.

Bei Power-to-X-Anlagen und Speichern gehe es derzeit auch noch darum, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Etwa bei der Belastung mit Netzentgelten und Umlagen. Diese benachteiligten solche Systeme derzeit noch. Doch wie bereits jetzt vollsteuerbare Photovoltaik-Anlagen mehr Solarstrom ins Netz bringen könnten, ohne dass der Netzbetreiber seine Leitungen ertüchtigen müsse, so würden Power-to-X-Anlagen und Speicher in der nächsten Phase zu entscheidenen Partnern, um die Photovoltaik – alleine oder im System mit anderen Erneuerbaren – grundlastfähig zu machen und damit eine ganzjährig sichere Stromversorgung zu gewährleisten.

*Anmerkung der Redaktion: Die Maßeinheit ist nachträglich korrigiert worden. Danke an unsere aufmerksame Leser.

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