Diese vier Trends werden die Dienstleistungen im Photovoltaik-Sektor endlich skalierbar und kosteneffizient machen

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Der kontinuierliche Anstieg an verfügbaren Daten im Solarmarkt sowie daraus resultierende datengetriebene Dienstleistungen werden für die Branche die Weichen in Richtung Zukunft stellen. Das traditionelle Monitoring ist nicht mehr zeitgemäß und wird von automatisierten Analysetools mit modernsten Datenverarbeitungstechnologien wie Machine Learning und Künstlicher Intelligenz abgelöst werden. Das Betriebsführungspersonal untersteht steigendem Kosten- und Leistungsdruck.

Mit niedrigen Investitionskosten für Hardware und einem stetigen Fall der gesicherten Einspeisevergütung wächst auch der Druck auf die Dienstleistungsbranche, ihre Kosten zu senken. Denn nur so kann die Wirtschaftlichkeit der Projekte gesichert werden. Neueste Informationen von PV Info Link prognostizieren ein globales Wachstum von 112 Gigawatt Photovoltaik-Leistung für Jahr 2019, wovon allein die EU 12 Prozent ausmacht. Mit einer steigenden Anzahl an Photovoltaik-Anlagen in den Portfolios des Überwachungspersonals wächst der Bedarf an neuen Lösungsansätzen, wie in der nachstehenden Abbildung schematisch dargestellt.

Herkömmliche Überwachungstools bieten hier wenig Abhilfe. Denn reine Monitoring-Software, das heißt, die Darstellung historischer und aktueller Daten der Anlage mit Fehlermeldungen, liefern nicht den notwendigen Nutzen, der für eine effizientere Wartung benötigt wird. Manuelle Arbeitsschritte, wie die Erkennung und Interpretation von Fehlfunktionen einzelner Anlagenkomponenten oder das Identifizieren von schleichenden Fehlern sind aktuelle Kostentreiber, die es zu bekämpfen gilt.

  1. Verbesserte Analyse & Diagnostik

Während es sich bei einer hohen Einspeisevergütung lohnte, selbst unter hohem Kostenaufwand jede einzelne Kilowattstunde aus einer Anlage herauszuholen, ist bei niedriger Einspeisevergütung oder gar dem Verkauf zu marktgängigen Strompreisen nicht mehr jeder Wartungseinsatz optimal für die Rendite. Im Jahr 2004 waren für eine 90 Kilowatt PV-Aufdachanlage noch 54,6 Euro Cent pro Kilowattstunde Einspeisevergütung üblich, zu Jahresbeginn 2019 sind es lediglich noch 9.96 Euro Cent.

Die sinkenden Systemkosten für Photovoltaik-Anlagen führen im Markt zu den Erwartungen, dass die Servicebranche eine ähnliche Kostenentwicklung mit fallenden O&M-Kosten liefern wird. Allein zwischen den Jahren 2016 und 2017 sanken die Preise für O&M-Verträge um 30 Prozent auf ein Niveau von rund 10 Euro/Kilowattpeak/Jahr, wie öffentlich zugänglichen Informationen und unsere Kundenumfrage zeigen. Dabei spielen die Personalkosten die größte Rolle im Servicegeschäft – und Personal wird in Zeiten des Fachkräftemangels nicht günstiger. Dieser Kostendruck wirkt sich direkt auf Wartungsverträge aus, welche entweder den Leistungsumfang anpassen oder effizienter werden müssen, um dem Preisdruck standzuhalten.

Die notwendige Infrastruktur für die Datenerfassung und -kommunikation ist bereits oftmals im Einsatz, ihr Nutzen jedoch noch stark eingeschränkt. Die Analyse der Daten steckt noch in den Kinderschuhen. Mit dem Einzug digitaler Technologien wie analyse- und lernfähige Algorithmen in die Solarbranche können Arbeitsschritte parallelisiert und Wartungsaufgaben besser geplant werden. Zukünftig werden Fehlleistungen und andere ertragsrelevante Wartungsinformationen direkt vom Monitoring-System im Hintergrund bewertet und an das Personal kommuniziert werden. Für den täglichen Einsatz des Wartungspersonals bedeutet das auch eine verbesserte Arbeitsplanung und Optimierung der Ressourcennutzung.

  1. Automatisierung & Reduzierung menschlicher Fehler

Photovoltaik ist immer noch ein echter Wachstumsmarkt. Die weltweite Kapazität soll sich laut Bloomberg New Energy Finance bis 2040 um das 14-fache erhöhen. Die Menge der verfügbaren Daten, die verarbeitet werden müssen, steigt entsprechend und bringt signifikante Herausforderungen mit sich.

Hochqualifiziertes Personal führt tägliche Kontrollen und Analysen noch immer manuell durch und stößt in Bezug auf Arbeitsaufwand und verfügbare Kapazitäten schnell an seine Grenzen. Die über die Jahre gewachsene Vielzahl an Datenschnittstellen und Monitoring-Lösungen hat zu zusätzlicher Komplexität geführt.

Um den O&M-Service zu skalieren, ist eine gezielte (Teil-)Automatisierung der Arbeit erforderlich. Lernende Algorithmen werden Handlungsempfehlungen vorzeitig ausarbeiten, während monotone und manuelle Rituale entfallen werden. Je nachdem, wie weit die Leitwarten den Automatisierungsgrad vorantreiben wollen und können, werden sie in der Lage sein, ein deutlich größeres Portfolio an Photovoltaik-Anlagen mit gleicher Mannschaft zu verwalten und managen. Dienstleister stehen folglich vor der Entscheidung, ob sie nur mehr Anlagen vom gleichen Personal betreuen lassen wollen oder ihr Unternehmen mit leistungsstarken Service-Produkten auf Wachstum einstellen.

Die automatisierte Anlagenüberwachung reduziert den Kostendruck auf die O&M-Anbieter und ermöglicht den Mitarbeitern, mehr wertschöpfende Tätigkeiten beim Kunden durchzuführen. Das Tracking der Reaktionszeit zwischen Fehlermeldung und Fehlerbehebung wird transparenter, O&M-Verträge lassen sich klarer und einfacher gestalten, Erwartungen besser managen. Anlagenbesitzer bekommen so die Möglichkeit, ohne pauschalen Kostenaufwand, die Anlagenleistung maximal auszuschöpfen.

  1. Lizenzkosten und Konditionen

Die Preise für Monitoring-Software aus den Bereichen der gewerblichen Aufdachanlagen und industriellen Photovoltaik-Anlagen liegen nach unseren Informationen zur Zeit bei circa 80 Cent/Kilowattpeak/Jahr, wie die folgende Preisanalyse zeigt.

Aktuelle PV-Monitoring-Lösungen werden ihre Lizenzgebühren bald deutlich senken müssen, denn den Status quo einer Anlage zu sehen und ungefilterte Fehlermeldungen zu erhalten, reicht nicht mehr aus, um die aktuellen Preise rechtfertigen zu können. Das Preis-Leistungsverhältnis stimmt nicht mehr. Mit der Entwicklung innovativer Produkte im Bereich der Anlagenwartung werden auch neue Akteure in den Markt einziehen.

Die Öffnung des Monitoring-Segments für junge Unternehmen mit innovativen Lösungen werden bestehende Vertragsstrukturen herausfordern. Diese Unternehmen können schnell agieren und sind anpassungsfähig. Damit Kunden aber jederzeit von diesem zeitgemäßen, technischen Fortschritt profitieren können, muss ein innovationsfreundliches Umfeld geschaffen werden. Dafür müssen Vertragslaufzeiten begrenzt werden, um auch entsprechende Anreize für die Softwareanbieter hin zu einer Innovationsfreudigkeit zu schaffen.

  1. Open Data statt geschlossene Milieus & Einführung von Datenstandards

Nur ein Markt ohne Protektionismus ist fähig, ein marktgerechtes und  kundenorientiertes Preis-Leistungs-Verhältnis zu erreichen. Die Lösung der Zukunft wird aus vielen hochspezialisierten, wandlungsfähigen Funktionen bestehen und der Zugang zu diesen muss erleichtert werden. Folglich werden sich geschlossene Systeme anpassen müssen oder überholt werden. Denn diese geschlossenen Systeme, mit einem breitgefächerten Angebot erfordern besonders dann hohe Preise, wenn Innovation von außen ausgegrenzt wird. Geschlossene Systeme, die nicht über Datenschnittstellen verfügen oder die Übermittlung der Rohdaten anderweitig einschränken, werden es in Zukunft schwerer haben, ihre Produkte im Markt zu positionieren. Darum ist ebenso Grundvoraussetzung für den Fortschritt, dass Daten nicht unter Verschluss gehalten werden.

Die Standardisierung von Datenprotokollen ist eine notwendige Voraussetzung für die wertschaffende freie Nutzung von Daten. Derzeit bestehen noch dutzende unterschiedliche Modelle zur Bereitstellung der Daten und manche Wechselrichter-Hersteller erheben noch immer eine Gebühr für die Datenpush-Einrichtung. Die Daten stehen dem Kunden also nicht frei zur Verfügung. Auch Drittanbieter für Monitoringsysteme behalten sich vor, derartige Kosten zu erheben.

In den USA erhielt im April 2016 die “Orange Button Initiative”, die eine Standardisierung des Datenaustauschs in der Solarbranche zum Ziel hat, die Unterstützung des U.S. Energieministeriums. Auch das Handelsbündnis “Sunspec” fördert einen Plug-and-Play-Ansatz für die gesamte Branche. Durch die Standardisierung von Daten und die richtige Analysefähigkeit werden datengetriebene Produkte kundenspezifischer und hochwertiger, zum Beispiel Ertragsprognosen oder Prämien für Banken, Versicherungen und Gutachter.

Fazit
Digitalisierungsgetriebene Verbesserungen und Optimierungen bergen Potenziale zur Senkung der Betriebskosten. Zusammengefasst zeigen diese Trends, dass das Photovoltaik-Überwachungssystem der Zukunft wie ein Betriebssystem funktioniert: im Hintergrund, effektiv und eigenständig. Mit der Öffnung geschlossener Systeme bis hin zur Nutzung des Internet of Things, der erhöhten Zugänglichkeit zu Daten und dem Einzug  neuer, innovativer Unternehmen in die Solarbranche, ist der Weg zu einer kosteneffizienten Wartung geebnet.

Wir haben den Optimierungszwang der Photovoltaik-Dienstleister verstanden. Mit der gezielten Automatisierung von monotonen Aufgaben wollen wir die technische Betriebsführung zukünftig deutlich skalierbarer machen und so die Digitalisierung der Solarbranche maßgeblich mitgestalten.

— Der Autor Johannes Burgard, Gründer und CEO von Solytic, verantwortet die Produktentwicklung und strategische Unternehmensausrichtung. Zuvor leitete Burgard Projekte im Kontext der Industrie 4.0 im internationalen Produktionsumfeld, u.a. bei CLAAS und Airbus. Burgard ist Diplom-Ingenieur und absolvierte sein Studium an der RWTH Aachen. Er absolvierte zudem ein MBA Studium an der ESADE Business School. https://www.solytic.com/

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