Der China-Effekt: Sinkende Auslastungen der Photovoltaik-Kapazitäten, ernstzunehmendes Überangebot und künftige Strategien

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Die Ankündigung der nationalen Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC), des chinesischen Finanzministeriums und der nationalen Energiebehörde NEA vom 31. Mai besagt, dass es für das Jahr 2018 eine vorübergehend Aussetzungen für Photovoltaik-Anlagen im Kraftwerksmaßstab und eine Begrenzung der dezentralen Erzeugungsanlagen (DG) bei zehn Gigawatt für das gesamte Jahr gibt. Mit der Bekanntmachung wurde auch der PV-Einspeisetarif um 0,05 Yuan (0,0075 US-Dollar) ab dem 31. Mai US $ gesenkt. Die unerwartete Notifikation hat Chinas Photovoltaik-Nachfrage stark beeinflusst.

Es scheint so, dass Projekte im Kraftwerks- und DG-Maßstab am stärksten davon betroffen sind. Der private Dachanlagenmarkt, der seit dem vergangenen Jahr stark gewachsen ist, führt im DG-Bereich zu einer kumulierten Leistung von zehn Gigawatt in den ersten fünf Monaten des Jahres. Damit bleibt auf Basis der Ankündigung für das zweite Halbjahr kein Zubau in diesem Segment mehr übrig. Der ursprünglich für China erwartete Zubau von 40 bis 45 Gigawatt 2018 dürfte auf 28 bis 35 Gigawatt absinken. Die weltweit neu installierte Leistung der Photovoltaik-Anlagen wird auf 80 bis 85 Gigawatt zurückgehen – rund 20 Prozent weniger verglichen mit den rund 100 Gigawatt 2017.

Sinkende Auslastung

Entlang der gesamten Photovoltaik-Lieferkette breitete sich nach der Ankündigung Panik aus. Die Polysilizium-Hersteller zogen ihre Wartungspläne für die Produktionsanlagen vor, um eine Kontrolle über Angebot und Nachfrage bei Polysilizium zu haben. Ursprünglich waren die Wartungen für Juli geplant.

Die Hersteller multikristalliner Wafer haben ihre Auslastung unmittelbar auf 30 bis 40 Prozent gesenkt und auch die vertikal integrierten Hersteller haben die Auslastung ihrer multikristallinen Wafer-Produktionslinien weiter gesenkt. Einige haben sogar die Produktion komplett eingestellt. So sind taiwanesische Waferfabriken, die meist höhere Kosten haben, ganz geschlossen worden.

Die führenden Hersteller monokristalliner Wafer hätten dagegen kaum Änderungen bei der Auslastung ihrer Kapazitäten nach der Ankündigung aus Peking vorgenommen. Die Auslastung sank bis Ende Juni auf 60 bis 80 Prozent.

Währenddessen hat der Zellbereich die geringsten Kapazitäten entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Die Rückgänge bei der Produktionsauslastung waren nicht so substanziell wie in anderen Bereichen. Ähnlich wie bei Wafern reduzierten die multikristallinen Zellhersteller als erste ihre Kapazitäten, insbesondere taiwanesische und Tier-2-Hersteller aus China. Ende Juni begannen dann auch die Auslastungsquoten der herkömmlichen monokristallinen Zellhersteller zu sinken.

Mit Blick auf die Module zeigt sich, dass die Tier-2- und Tier-3-Hersteller, die hauptsächlich auf den chinesischen Photovoltaik-Markt oder OEM-Aufträge führender Hersteller angewiesen waren, ihre Auslastung auf 40 bis 70 Prozent zurückgefahren haben. Im zweiten Halbjahr können erhebliche Anpassungen dann auch von den großen Herstellern erwartet werden, da die Nachfrage deutlich sinken wird.

Auslastung der Kapazitäten. Quelle: Eigene Daten

Großes Überangebot

Vor allem bei multikristallinen Wafern besteht nach der Umstellung vieler Produzenten vom Slurry- zum Diamantdrahtsägen-Verfahren, ein ernstes Überangebot. Dies führt zu sinkenden Preisen. Selbst der Polysilizium-Preis, der lange Zeit hoch war, ist stark gefallen und das gleiche passiert bei Zellen und Modulen. Auch bei den monokristallinen Produkten begannen Ende Juni wegen der schwächeren Nachfrage die Preise zu fallen.

Mit der sinkenden Nachfrage in China werden die immensen Modulkapazitäten ins Ausland umgeleitet. Dies führte zu Preissenkungen im hochsensiblen indischen Photovoltaik-Markt. Die Smarter E in München nutzten chinesische Modulhersteller, um sich Absatzmärkte in Übersee zu sichern oder zu erkunden. Während der Messe gingen die Preise zurück, dabei ist noch nicht geklärt, ob der Mindestimportpreis ausläuft oder nicht. Selbst der europäische Markt, früher einer der Märkte mit den höchsten Preisen bei Modulen, verzeichnet geringere Preise, was zeigt, dass auch die Modulpreise der Hersteller außerhalb Chinas gesunken sein müssen.

Strategien und Zukunftspläne

Trotz einer deutlichen Rezession auf dem Photovoltaik-Markt in diesem Jahr und der Tatsache, dass unklar ist, wie sich die Binnennachfrage in China im kommenden Jahr entwickeln wird, dürfte der weltweite Zubau 2019 voraussichtlich wieder über 100 Gigawatt liegen. Das Wachstum wird vor allem aus den aufstrebenden Märkten kommen.

Anfang 2019 wird sich die Nachfrage erholen. Im zweiten Halbjahr 2018 werden die Produktionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette niedrig ausgelastet bleiben. Eine Folge davon wird sein, dass Kapazitätserweiterungen bei Solarzellen und -modulen verschoben oder gestoppt werden.

Verteilung der Zellkapazitäten – Entwicklung von 2017 bis 2020. Quelle: Eigene Daten

Die bestehenden Produktionslinien sollten schneller technisch aufgerüstet werden, um die Bestellungen für hocheffiziente Produkte in Zeiten schwacher Nachfrage steigern zu können. Nach den erhobenen Daten nach der Notifizierung werden Kapazitäten mit 22 Gigawatt in diesem Jahr noch mit PERC-Upgrades versehen. 20 Gigawatt davon befinden sich in China. Auch für die kommenden zwei Jahre sind neue PERC-Produktionslinien mit mindestens 20 Gigawatt zu erwarten.

Der Marktanteil monokristalliner Technologien steigt weiter. Quelle: eigene Daten

Auch bei Zellen wird es Upgrades bezüglich PERC und selektiver Emitter-Technologie geben. Bei Modulen ist zudem zu erwarten, dass im zweiten Halbjahr mehr Halbzellenmodule ausgeliefert werden und die Hersteller sich aktiver um bifaziale Module bemühen werden.

Die neue Politik hat den starken Trend zu Kapazitätserweiterungen etwas heruntergekühlt, aber der Markt wird sich weiter in eine vielversprechende Zukunft bewegen, sobald sich der Sturm gelegt hat.

Den vollständigen Originalartikel finden Sie auf Englisch auf www.pv-magazine.com.

— Die Autorin Corrine Lin ist unabhängige Analystin in Taiwan. Sie befasst sich mit Marktbedingungen, analysiert Sportmarktpreise, Kapazitätserweiterungen und Produktionstechnologien entlang der gesamten Photovoltaik-Wertschöpfungskette. Lin schreibt eine Kolumne für die monatliche Printausgabe von pv magazine International. —

Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com

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