Enercity setzt verstärkt auf Speicher

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Herrenhausen ist für die Stadtwerke Hannover ein Kraftwerkstandort mit Geschichte: Bereits seit 1902 wird auf dem Gelände in der Nähe des Hannoveraner Bahnhofs Leinhausen Strom produziert. Heute versteht Enercity Herrenhausen als Innovationsstandort, an dem die Energiewende plastisch wird. Die Leitwarte des Kraftwerks Herrenhausen betreibt nicht nur den Kessel in Block B des Gaskraftwerks, sondern ist dem Unternehmen zufolge auch das „Gehirn“ für Enercitys regenerative Erzeugungsanlagen: Die Leitwarte steuert die Wasserkraftwerke Herrenhausen und Schneller Graben, außerdem Photovoltaikanlagen sowie Windparks in Niedersachsen, Hessen und Sachsen-Anhalt. Auch der zentrale Server des virtuellen Kraftwerks, das viele der dezentralen erneuerbaren Stromerzeugungsanlagen zu einem Schwarm bündelt, steht in Herrenhausen.
Hinzu kommen Enercity zufolge jetzt verschiedene Speicherlösungen. Seit den späten 1970er Jahren stand demnach ein ungenutzter Öltank neben dem Gasheizkraftwerk Herrenhausen leer. Dieser sei jetzt zu einem Heißwasserspeicher für das Enercity-Fernwärmenetz umgebaut worden und soll noch in diesem Jahr in Betrieb gehen. Der gut 21 Meter hohe Tank mit einem Durchmesser von 30 Metern hat ein Brutto-Volumen von 15000 Kubikmetern, das Wärmespeichervermögen beträgt 500 Megawattstunden bei einer thermischen Ein- und Ausspeicherleistung von je 100 Megawatt. Die Investitionskosten für das Projekt belaufen sich – einschließlich der Anbindung ans Fernwärmenetz – auf rund 5,5 Millionen Euro. Wie Enercity mitteilt, können dank des Speichers die KWK-Erzeugungsanlagen besser ausgelastet und flexibler betrieben werden: Bei Wärmebedarf während Zeiten hoher erneuerbarer Stromproduktion erspare ein Wärmespeicher das Anfahren von KWK-Anlagen, darüber hinaus ließen sich bei Wärmebedarfsspitzen Zwangseinsätze der Regel- und Heißwasserkessel vermeiden. Mittelfristig hält Enercity dort auch den Einsatz eines Elektroheizers für denkbar, um erneuerbaren Überschusssstrom als Wärme nutzbar zu machen.
Im Rahmen einer Kooperation mit Mercedes Benz Energy baut Enercity in Herrenhausen zurzeit außerdem einen Batteriespeicher. Dabei handelt es sich um ein Ersatzteillager für elektromobile Batteriesysteme: Rund 3000 der für die aktuelle smart electric drive-Fahrzeugflotte vorgehaltenen Batteriemodule werden zu einem Stationärspeicher gebündelt, dieser ist laut Enercity mit einer Speicherkapazität von insgesamt 17,5 Megawattstunden eine der größten Anlagen Europas. Durch die Vermarktung der lagernden Speicherleistung auf dem deutschen Markt für Primärregelleistung (PRL) soll das Geschäftsmodell einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung des Stromnetzes und zur Wirtschaftlichkeit von Elektromobilität leisten. Solche Speicher gleichen laut Enervity Energieschwankungen nahezu verlustfrei aus – eine Aufgabe, die derzeit überwiegend schnell drehende Turbinen fossiler Kraftwerke übernehmen. Ab der Inbetriebnahme soll der 15-Megawatt-Batteriespeicher ununterbrochen netzgekoppelt arbeiten, Enercity übernimmt die Vermarktung des Speichers auf dem PRL-Markt.
Wie Enercity weiter mitteilt, hat das Speicherkonzept einen weiteren entscheidenden Vorteil. Um im Fall eines Tauschs einsatzfähig zu sein, verlangt eine Batterie während der Dauer der Bevorratung ein regelmäßiges Zyklisieren – das gezielte, schonende Be- und Entladen. Andernfalls würde es zu einer Tiefenentladung kommen, die zu einem Defekt der Batterie führen kann. Neben den Lagerkosten würde die klassische und potenziell langjährige Ersatzbatterielagerung also einen hohen Betriebsaufwand bedeuten. Diesen Aufwand umgehen die Partnerunternehmen mit der Nutzung als Speicher: Der stets schwankende Regelleistungsbedarf des Netzes sorgt automatisch für das erforderliche Zyklisieren der Akkus. (Petra Hannen)

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