Abschalt-Drohung der Energieversorger wenig bedrohlich

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Die Drohung fossile und atomare Kraftwerke stillzulegen, zeigt, dass der Überlebenskampf der konventionellen Energieversorger härter wird. Dabei ist schon lange klar, dass weniger Strom aus den alten Kraftwerken benötigt wird, wenn mehr erneuerbare Energien zugebaut werden. Das ist auch gut so, meint Hans-Josef Fell, Energiepolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen: „Einerseits nutzt das dem Klimaschutz und andererseits können dadurch weitere Strompreissteigerung im Rahmen gehalten werden, weil wir weniger abhängig von steigenden Kohle-, Öl-, und Erdgaspreisen sind. Das passt aber nicht in das Geschäftsmodell der konventionellen Energieversorger.“

Schuld am derzeitigen Problem der Energieversorger ist aus Fells Sicht das Missmanagement der großen Konzernmanager, die sich nie intensiv um Investitionen im Bereich der Erneuerbaren gekümmert haben. „Sie haben immer nur an ihren alten Geschäftsmodellen festgehalten und das fällt ihnen jetzt auf die Füße. Die gesetzgeberische Intension ist aber: Wir wollen Klimaschutz. Und den erreichen wir durch Erneuerbare und nicht durch Kohlekraftwerke.“

Abschaltung politisch gewollt

Ronald Heinemann, Pressesprecher beim Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE), hält die Ankündigung der Energieversorger nicht für besonders bedrohlich. „Derlei Aussagen gibt es immer wieder. Erfahrungsgemäß liegt zwischen der Ankündigung zur Stilllegung eines Kraftwerks und der tatsächlich Umsetzung eine riesige Lücke. Dazu kommt, dass wir uns gerade im Wahlkampf für die Bundestagswahl befinden.“ Außerdem meint auch Heinemann: „Es ist generell natürlich gewollt und auch das Ziel der Energiewende, dass sich Bau und Betrieb von konventionellen Kraftwerken zunehmend weniger lohnen.“

Fakt sei aber auch, dass konventionelle Kraftwerke als Backup-Kapazitäten noch eine Weile benötigt werden. „Das können aber keine trägen und alten Kohlekraftwerke sein, sondern flexible Gaskraftwerke, die nah an den Versorgungszentren stehen, und die kurzfristig für wenig Geld hochgefahren werden können.“ Was die Versorgungssicherheit angeht vertraut Heinemann auf die Aussage der Bundesnetzagentur. Diese sieht die Stromversorgung in Deutschland durch die Androhungen der Energieversorger nicht gefährdet, unter anderem auch deswegen, weil nicht damit zu rechnen sei, dass die Kraftwerke wirklich im angekündigten Umfang stillgelegt werden. 

Problem liegt im Strommarktdesign

Die erneuerbaren Energien sieht Heinemann auch gar nicht als das Hauptproblem, warum konventionelle Kraftwerke unrentabel werden. „In einem liberalisierten Strommarkt würden sich viele konventionelle Kraftwerke auch ohne erneuerbare Energien im Netz nicht rentieren. Ein neues Kohlekraftwerk könnte in einem liberalisierten Strommarkt auch nicht mit einem alten abgeschriebenen Kraftwerk konkurrieren. Denn sie meisten Kohlekraftwerke, die wir in Deutschland haben, sind vor 1998 gebaut und damit massiv subventioniert worden.“

Ein weiteres Problem habe die Bundesregierung mitverschuldet, so Heinemann. „Durch eine Blockade bei der Reformierung des Emissionshandels hat die Bundesregierung dafür gesorgt, dass sich Verstromung aus Braunkohle lohnt und gleichzeitig hocheffiziente Gaskraftwerke stillstehen. Zuerst sollten aber die schmutzigsten und ineffizientesten Kraftwerke abgeschaltet werden, nämlich die Braunkohlekraftwerke. Im Moment sind aber genau diese Kraftwerke die großen Profiteure.“

Zu viel Strom

Jörg Mayer, Geschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW-Solar), sagt zu den Abschaltplänen der konventionellen Energieversorger: „Wir befinden uns mitten in der gesellschaftlich gewünschten Energiewende, und damit wandelt sich natürlich der Kraftwerkspark – weg von Kohle und Atom, hin zu Sonne und Wind. Allein im ersten Halbjahr 2013 ist der Exportüberschuss gegenüber dem Vorjahreszeitraum um mehr als 60 Prozent gewachsen. Wir erzeugen also deutlich mehr Strom in Deutschland als wir benötigen. Insofern ist es nur richtig und konsequent, konventionelle Kraftwerke vom Netz zu nehmen.“

Der Tonfall der unverhohlenen Drohung der Energieversorger sei allerdings höchstens angesichts des laufenden Wahlkampfs nachzuvollziehen, sagt Mayer. „Langfristig werden die Energieversorger im Markt bestehen, die sich wirklich auf die gesellschaftlich gewünschte Energiewende einlassen und die Chancen der Solar- und Windenergie noch stärker nutzen.“ Während der Übergangsphase sei es nun an der Politik, ein nachhaltiges Marktdesign für das neue Energiezeitalter zu entwickeln. Dieser Meinung ist auch Hans-Josef Fell. Er räumt allerdings ein: „Zunächst muss sich die Denkweise der Akteure verändern. Es kann nicht mehr sein, dass wir Neuinvestitionen und Bestandsschutz für fossile oder sogar Atomkraftwerke fördern. Wenn wir diese Denkweise ändern, werden wir schnell zu brauchbaren Lösungen kommen.“ (Mirco Sieg)

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