1Komma5° reicht Beschwerde gegen Reiches Gaskraftwerkspläne bei der EU-Kommission ein

Geldscheine, Euros, Pixabay

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1Komma5° hat offiziell Beschwerde bei der Europäischen Kommission gegen die geplante Kraftwerksstrategie der Bundesregierung eingelegt. Hintergrund sind die Pläne von Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU), bis 2030 mit Milliardenzahlungen mindestens 20 Gigawatt an neuen Gaskraftwerken bauen zu lassen. Die sei wettbewerbsverzerrend und treibe die Kosten für die Energiewende unnötig in die Höhe, argumentiert das Hamburger Unternehmen. 1Komma5° sieht in den geplanten Ausschreibungen einen Verstoß gegen das EU-Beihilferecht.

Nach den bisher bekannten Plänen der Bundesregierung will sie in zwei Stufen eine Subventionierung der neuen Gaskraftwerke. Zunächst soll der Bau gefördert werden und im Betrieb erfolgt die Unterstützung dann über einen zentralen Kapazitätsmarkt, dem sie als Reserve zur Verfügung stehen. Dafür werden sie dann vergütet, auch wenn die Gaskraftwerke nie zum Einsatz kommen sollten. „Die geplante Kombination aus Zuschüssen für neue Gaskraftwerke einerseits und Vergütungen im Kapazitätsmarkt andererseits ist ein aus unserer Sicht unzulässiger Eingriff, der Verbraucher mit deutlich höheren Kosten belastet“, sagt Philipp Schröder, CEO und Mitgründer von 1Komma5°.

Nach Einschätzung des Unternehmens könnten die Gaskraftwerke nach EU-Beihilferecht nur auf diesem Weg unterstützt werden, wenn es keine Wettbewerbsverzerrungen gibt und das Verfahren technologieoffen, notwendig – also ohne Alternativen – und angemessen ausgestaltet ist. Diese Bedingungen seien jedoch in der Kraftwerksstrategie nicht erfüllt. Das habe 1Komma5° nun auch der EU-Kommission dargelegt. Mit der Beschwerde sei das Unternehmen im laufenden Beihilfeverfahren offiziell juristisch als „Beteiligter“ positioniert.

„Es muss einen technologisch offenen Wettbewerb zwischen zentralen und dezentralen Kraftwerken geben, bei denen Erzeuger und Flexibilität grundsätzlich gleichbehandelt beziehungsweise gefördert werden“, sagt Schröder. „Das Ziel muss sein, durch mehr Wettbewerb die besten Lösungen für den günstigsten Strom und das sicherste Stromsystem zu gewährleisten.“ Anstelle von Gaskraftwerken könnten so auch gebündelte dezentrale Anlagen in einem virtuellen Kraftwerk die Anforderungen erfüllen. „Bei Engpässen reduzieren sie den Stromverbrauch durch das gezielte und koordinierte Verschieben von Verbrauch und können gleichermaßen Strom aus privaten Batterien und E-Autos bereitstellen, wenn dieser wiederum gebraucht wird“, sagt Schröder weiter.

Sie hätten allerdings mit den Plänen der Bundesregierung keine Chance, da solche virtuellen Kraftwerke sowohl durch die Ausschreibungen als auch durch den diskutierten Kapazitätsmechanismus ab 2028 systematisch benachteiligt und unverhältnismäßig diskriminiert würden, heißt es von 1Komma5° weiter. So sollen Erzeuger künftig nicht nach tatsächlich produziertem Strom, sondern nach angeschlossener, bereitgestellter Kapazität vergütet werden, was dezentrale Erzeuger wie Photovoltaik- oder Windkraftanlagen aus dem Markt drängen würde.

Das Hamburger Unternehmen macht sich für Alternativen wie die Absicherungspflicht stark. Diese sieht eine Pflicht für Akteure am Energiemarkt vor, für ihre Leistung eine bestimmte Verfügbarkeit garantieren zu müssen. Die Absicherungspflicht sei technologieoffen und eine verlässliche, marktwirtschaftliche Lösung zur dezentralen Sicherstellung der Versorgung, heißt es von 1Komma5°. Sie beziehe vom großen Gaskraftwerk bis zum heimischen Batteriespeicher alle ein – jedoch ohne Subventionen, Wettbewerbsverzerrung und zusätzliche Umlagen für Verbraucher. Ein solches Instrument würde nicht einmal der beihilferechtlichen Genehmigung durch die EU-Kommission bedürfen, sondern könnte direkt eingeführt werden.

“Die Kraftwerksstrategie darf nicht alte Strukturen einseitig zementieren, sondern muss die wirtschaftlichsten und klimafreundlichsten Lösungen berücksichtigen“, sagt Schröder weiter. Sie dürfe auf keinen Fall zu Lasten der virtuellen Kraftwerke gehen. Erst kürzlich hatte die „New Energy Alliance“, der auch 1Komma5° angehört, eine Studie von Roland Berger erstellen lassen, nach deren Ergebnis dezentrale Lösungen im aktuellen und künftigen Stromsystem eine tragende Säule sein sollten. Ihr gesamtwirtschaftlicher Mehrwert bis 2045 wird in der Studie auf rund 255 Milliarden Euro beziffert – ohne zusätzliche Subventionen.

1Komma5° betreibt selbst ein großes virtuelles Kraftwerk aus privaten Anlagen in Europa. So hat das Unternehmen nach eigenen Angaben bereits mehr als 600 Megawatt an Flexibilitätskapazitäten aggregiert. Bis 2030 will es insgesamt 20 Gigawatt an Leistung steuern und bündeln, wie es weiter hieß.

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