Photovoltaik und Windenergie decken inzwischen mehr als die Hälfte des heimischen Strombedarfs – eine beachtliche Entwicklung. Doch statt innovative und marktwirtschaftlich sinnvolle Maßnahmen voranzutreiben, setzt die Politik auf komplizierte Vorschriften und neue Hürden. Jahrzehntelanges Zögern hat zu einem Speicher-Desaster geführt, das nun mit fragwürdigen Eingriffen ausgebügelt werden soll.
Verursacht wurde dieses Speicher-Desaster von der schwarz-roten Bundesregierung. 2014 setzte man auf die damalige Studie der Agora Energiewende, in der dargelegt wurde, dass Stromspeicher erst bei einem Stromanteil von 60 Prozent erneuerbaren Energien gebraucht würden. So wurde der Ausbau netzdienlicher Speicher verschlafen, was nun in Zeiten hoher Solar- oder Windeinspeisung zu kurzzeitigen Stromüberschüssen führt.
Die jüngsten Änderungen im Energierecht, die Ende Januar im Bundestag beschlossen wurden, markieren eine neue Strategie im Umgang mit Stromüberschüssen und negativen Strompreisen. Anlagen ab zwei Kilowatt mit intelligentem Messsystem (Smart-Meter-Gateway) erhalten in Zeiten negativer Strompreise keine Vergütung mehr. Zwar bietet der Gesetzgeber einen Ausgleich nach 20 Jahren an, doch dieses Modell überzeugt nur wenige. Außerdem müssen Betreiber und Betreiberinnen neu installierter Solaranlagen bis 100 Kilowatt, die eine Einspeisevergütung oder einen Mieterstromzuschlag erhalten, die maximale Wirkleistungseinspeisung auf 60 Prozent der Anlagen begrenzen – zumindest so lange, bis der Rollout von intelligenten Messsystemen auch bei ihnen angekommen ist. So wird die von der Bundesregierung erst vor wenigen Jahren auf den Weg gebrachte Volleinspeisevergütung quasi beerdigt. Dabei wäre es so wichtig, alle Potenziale auszunutzen und die Dächer vollzumachen.
Nicht alle möchten zusätzlich noch einen Speicher anschaffen. Auch die enorme Kostensteigerung der Zähler macht Investitionen leider unattraktiver – vor allem im Mehrfamilienhaus. Hintergrund hierfür ist die deutliche Anhebung der Preisobergrenzen für Smart-Meter-Gateways und die Festlegung, dass bei Mieterstrom für alle Zähler im Haus die gleichen, erhöhten Messkosten anfallen. Solange sich hier nichts ändert, bleibt die flächendeckende Energiewende für Millionen Menschen in Deutschland auf der Strecke. Besonders betroffen sei die im letzten Jahr im „Solarpaket 1“ beschlossene vereinfachte Abrechnung über die Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung, die durch die neuen Regelungen nun deutlich teurer wird.
Mit diesem Solarspitze-Gesetz wird der Ausbau der Photovoltaik zwar regulatorisch gesteuert, um die negativen Preise abzufangen. Für die dringend notwendige Energiewende ist das aber ein Bärendienst!
Statt Bürgerenergie auszubremsen, braucht es effektive Lösungen: Statt die Einspeiseleistung künstlich zu beschränken und abzuregeln, müssen Anreize für eine bessere Netzintegration der Erneuerbaren geschaffen werden – etwa durch die konsequente Abschaltung unflexibler Kohle- und Atomkraftwerke, den Rückbau fossiler Heizungen und Ersatz durch Wärmepumpen, die gezielte Förderung von Langzeitspeichern, den Ausbau den Elektromobilität und bidirektionaler Lademöglichkeiten sowie die Nutzung vorhandener Flexibilitätsmöglichkeiten von Biogasanlagen.
Wir beim Solarenergie-Förderverein Deutschland setzen uns seit den Anfängen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes für eine dezentrale und bürgernahe Energieversorgung ein. Doch das neue Solarspitzen-Gesetz könnte den Fortschritt der Bürgerenergie hemmen, anstatt die dringend erforderliche Entbürokratisierung und den Ausbau langfristiger Speicherlösungen zu fördern.
Susanne Jung, Taalke Wolf, Stefanie Koenen vom Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
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Zitat aus dem Artikel.
Statt Bürgerenergie auszubremsen, braucht es effektive Lösungen: Statt die Einspeiseleistung künstlich zu beschränken und abzuregeln, müssen Anreize für eine bessere Netzintegration der Erneuerbaren geschaffen werden – etwa durch die konsequente Abschaltung unflexibler Kohle- und Atomkraftwerke, Zitat Ende.
Es wundert mich, dass denen das jetzt erst auffällt. Für mich ist das hier schon seit Jahren ein Thema mit dem „Faulen Ei“ das der Energiewende 2010 ins Nest gelegt wurde. Bis 2010 waren nämlich die Erneuerbaren in die Netze integriert. Sie wurden mit sogenannten Ökobändern, zwingend den Bilanzkreisen der Versorger zugeteilt, und den fossilen Kraftwerken blieb gar nichts anderes übrig als sich anzupassen.
Fazit: Die effektiven Lösungen waren bis 2010 Gesetz.
Für neu hinzugekommene Leser siehe hier unter Auswirkungen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ausgleichsmechanismusverordnung
Zitat: Die Einführung des neuen Ausgleichsmechanismus hatte somit starke Auswirkungen auf die Einspeisung von erneuerbaren Energien und von Kohlekraftwerken. Bis 2009 hatten erneuerbare Energien sowohl einen Einspeisevorrang als auch einen Verbrauchsvorrang. Wurde viel regenerativer Strom ins Netz eingespeist, mussten konventionelle Kraftwerke abgeschaltet werden, damit der Strom aus erneuerbaren Energien in Deutschland verbraucht wurde. Mit der Reform wurde der Verbrauchsvorrang aufgehoben, was einen starken Anstieg der Kohlestromproduktion zur Folge hatte, da diese nun bei starker Einspeisung erneuerbarer Energien nicht mehr notwendigerweise gedrosselt werden musste. Der nun in großem Maße zusätzlich produzierte Strom konnte stattdessen in andere Staaten exportiert werden. Zitat Ende.
Die fossilen Kraftwerke können seit dem wieder „schadlos“ drauf los produzieren, was sie heute noch tun können. Mit andern Worten kurzgefasst, Kohlekraftwerke müssen sich nicht mehr anpassen, dafür werden jetzt die Erneuerbaren angepasst. Das ist Energiewende nach Art der „Altgedienten“.
„netzdienliche“ meint eigentlich „netzorientierte“ Beeinflussung(?)
(und was das bedeutet weiß nur der Markt und deren ‚Expertinnen und Experten‘, und wieder zu spät)
Der Artikel bringt es auf die Punkte. Schade, dass die Politik nicht auf die Bürger und deren Vertretern hört sondern nur der Kohle- und Auto-Lobby hinterher rennt. Mich wundert die Parteienverdrossenheit wirklich nicht.
Und es dürfte vielen noch nicht aufgefallen sein, das die sog. SmartMeter jetzt zum vollumfänglichen Kontroll- und Überwachungsinstrument einschl. Durchgriffsrecht seitens der Verteilungnetzbetreiber werden .
Und das ohne, das der Haushalt beim „Ist-„Zugriff informiert wird. Die Umschaltung des sog. SmartMeter von 1/4 Std, auf Minuten und „Ist“ erfolgt ohne Signalisierung.
Eine Transparenz am Ortsnetztrafo wird aber abgelehnt !!
Meine persönlichen Konsequenzenen aus dem „Solarspitzengesetz“ sehen so aus, dass ich meine PV-Anlage zwar erweitern werde, aber nicht mehr (an)melde.
Andernfalls würden wieder dauerhaft Kosten für eine weitere „Steuereinrichtung“ anfallen, sodass mein sauber erzeugter Strom teilweise nicht eingespeist wird und sich die Amortisation verschlechtert.
Naja, dann halt wie auf die althergebrachte Weise: Einfach machen!