Wie vier Kommunen in Baden-Württemberg bis 2035 klimaneutral werden wollen

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Freiburg im Breisgau, Ludwigsburg, Denzlingen und der Landkreis Calw wollen ab 2035 netto keine Treibhausgase mehr ausstoßen. Dafür haben sie detaillierte Klimaschutzpläne für den Strom-, Wärme- und Verkehrssektor vorgelegt, inklusive eines Stufenplans mit Zwischenzielen. Der Photovoltaik messen sie darin zentrale Bedeutung bei.

Die vier Kommunen haben sich mit ihren Plänen in einem Klimaschutz-Wettbewerb des Landes Baden-Württemberg durchgesetzt. Damit verbunden ist eine Förderung: Das Umweltministerium in Stuttgart hat ihnen jetzt Förderbescheide über insgesamt 11,5 Millionen Euro ausgestellt, verteilt über drei Jahre.

Denzlingen: Dächer pachten

Die 13.000-Einwohner-Kommune Denzlingen bei Freiburg will den Photovoltaik-Ausbau mit einem Bündel von Maßnahmen vorantreiben. So will die Gemeinde zwei zentral gelegene Parkplätze mit Modulen überdachen. Auch auf drei denkmalgeschützten öffentlichen Gebäuden sollen Anlagen installiert werden. Zudem will sie prüfen, an der Fassade eines gemeindeeigenen Gebäudes Solarstrom zu erzeugen. Auf eigenen Freiflächen will Denzlingen weitere Anlagen installieren. Desweiteren plant die Gemeinde, für Agri-Photovoltaik-Anlagen und Solarparks Bürgerdialoge zu starten.

Darüber hinaus will die Kommune das „Denzlinger Dachpachtmodell“ auf den Weg bringen: Sie will als Vermittlerin zwischen Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) und potenziellen Anlagenbetreibern auftreten, um den Bau von Anlagen auf Mehrparteienhäusern voranzubringen. Dabei ist die Kommune bereit, dafür selbst Dächer zu pachten. Dienstleister wie lokale Bürgerenergiegenossenschaften übernehmen dann den Betrieb. Die Bundesregierung hat den Bau von Anlagen auf Mehrparteienhäusern mit dem Solarpaket 1 deutlich vereinfacht.

Landkreis Calw: Photovoltaik über Straßen und Radwegen

Der Landkreis Calw will unter anderem einen Sanierungsfahrplan für alle seine Liegenschaften erstellen lassen. Darin enthalten: eine Potenzialanalyse für Photovoltaik auf den Dächern und an den Fassaden. Auf dieses Basis sollen die Gebäude dann saniert werden. Straßen, Fahrradwege und Haltestellen sollen zudem künftig mit Photovoltaikanlagen überdacht werden.

Zudem will der Landkreis einen Innovationsfonds für kreiseigene Städte und Gemeinden auf die Beine stellen. Er soll weitere, im Rahmen einer Ausschreibung ausgewählte Klimaneutralitätsprojekte finanziell unterstützen. Die Maßnahmen müssen einen besonderen Beitrag zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen leisten.

Ludwigsburg: Solarpartys organisieren

Ein Kernelement der Klimaschutzstrategie von Ludwigsburg bei Stuttgart ist eine großangelegte Kommunikations-Kampagne. Diese soll alle Bürger informieren, wie sie wirkungsvoll zum Klimaneutralitätsziel beitragen können. So will die Stadt Solarpartys organisieren, auf denen von der Kommune zu Solarbotschaftern ausgebildete Ehrenamtliche ihre Nachbarn über Photovoltaik und Solarthermie informieren.

Mit dem Ludwigsburger Klimabonus möchte die Stadt die Bürger unterstützen, Maßnahmen wie die Photovoltaik-Installation, die energetische Sanierung oder den Anschluss an ein Wärmenetz umzusetzen. Die Kommune will zudem einen Aktionsplan für den eigenen Gebäudebestand erstellen und umsetzen. Der Fokus liegt hier auf der energetischen Sanierung, dem weiteren Ausbau der Photovoltaik sowie dem Einsatz erneuerbarer Wärme.

Freiburg: Neben Photovoltaik auch Windenergie ausbauen

Freiburg setzt beim Erneuerbaren Ausbau auch auf die Windenergie. So sollen gezielt in Industrie- und Gewerbegebieten neue Anlagen entstehen. Das wird durch die neue Bundesgesetzgebung wesentlich einfacher, so dass es keiner Flächennutzungsplanänderung bedarf. Zur Ausweisung von kommunalen Windeignungsgebieten außerhalb von Gewerbegebieten plant die Stadt punktuelle Fortschreibungen des Flächennutzungsplans als Instrument der kommunalen Bauleitplanung.

Auch will Freiburg vermehrt geothermische Wärme nutzen. Dabei sucht die Kommune nach Wegen, die im Sommer nicht benötigte Wärme zeitversetzt im Winter zur Verfügung zu stellen. Für solch lange Zeiten und große Wärmemengen kommen Aquiferspeicher in Frage. Freiburg will im Förderzeitraum geologische Voruntersuchungen durchführen. Bei Aquiferspeichern handelt es sich um unterirdische, natürliche Speicher, bei denen die Wärme in 400 bis 1.000 Meter tiefen Grundwasserleitern (sogenannten Aquiferen) gespeichert wird. Ein zusätzlicher Vorteil: Der Speicher benötigt nur wenig oberirdische Fläche. Mit solchen Systemen lässt sich überschüssige erneuerbare Wärme, Abwärme oder Kälte über Monate hinweg speichern und bei Bedarf wieder entnehmen. Aquiferspeicher wurden in Deutschland bislang noch kaum realisiert.

Auch den Verkehr im Blick

Darüber hinaus setzen alle vier Kommunen auch auf Maßnahmen im Verkehr: Denzlingen zum Beispiel will probehalber eine Durchfahrtstraße in der Ortsmitte sperren, ein Carsharing-Angebot ausbauen und die Einführung eines autonomen Ortsbusses prüfen. Der Landkreis Calw plant, eine Mitfahr-App einzurichten, und mehr Radwege zu bauen.

„Ambitionierte Klimamaßnahmen von Kommunen sind wichtige Vorbilder: Wir brauchen sie im Land, um unsere Ziele weiter voranzubringen und um anderen zu zeigen, dass es geht!“, sagt Landesumweltministerin Thekla Walker (Grüne). „Es ist klar: Klimaschutz erfordert erhebliche Investitionen. Doch diese lohnen sich, denn Nichtstun wird teuer.“ Nur mit Investitionen in den Klimaschutz könnten Kommunen auch langfristig lebenswert gestaltet werden.

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