Photovoltaik-Kraftwerk mit einem Gigawatt zur Rettung von Meyer Burger geplant

Saubere Stadt

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„Endgültig ist gar nichts.“ Mit diesen Worten leitete der Freiberger Landrat Dirk Neubauer (parteilos) einen Linkedin-Post ein, der es in sich hat. Der Politiker will das erneute Aus für die Solarindustrie in seiner Region verhindern. Er reagierte auf das Bekanntwerden der Kündigung aller 500 Meyer-Burger-Mitarbeiter im Modulwerk in Freiberg. Rund 400 Menschen könnten bald auf der Straße stehen, die restlichen in anderen Bereichen des Photovoltaik-Unternehmens eingesetzt werden. Ein Deja-vu für viele, denn vor Jahren musste Solarworld nach der zweiten Insolvenz alle seine Mitarbeiter am Standort Freiberg entlassen und die Fertigung schließen. 

Doch was hat Neubauer vor? Er kündigte an, ein Photovoltaik-Kraftwerk mit einem Gigawatt Leistung in seinem Landkreis anschieben zu wollen. Rund 700 Millionen Euro soll das Projekt kosten und dabei zum einen Meyer Burger das Überleben in Deutschland sichern und zum anderen jährlich 30 Millionen Euro in die Kasse des Landkreises spülen. „Ob Kommunen, Bürger, der Kreis und die Wirtschaft davon profitieren können. Das entscheiden wir alle. Wenn wir es wollen, würde dies das umfangreichste Wirtschaftsförderprogramm der Geschichte der Region werden. Machbar ist es“, wie Neubauer in seinem Post weiter schreibt. 

Doch wenn das Projekt, für das Meyer Burger seine Heterojunction-Solarmodule liefern soll, noch helfen soll, muss es schnell gehen. „Wir brauchen eine neue Mittelsachsen-Geschwindigkeit“, sagt Felix Rodenjohann in Anlehnung an die noch nicht existierende „Deutschlandgeschwindigkeit“, über die aber viel diskutiert wird. Rodenjohann ist CEO von Ansvar2030, einer Strategie- und Umsetzungsberatung für kommunalen Klimaschutz, die in die Projektentwicklung mit dem Unternehmen District Energy involviert ist. 

Angebot für emissionsfreies Leben an alle in Mittelsachsen

Felix Rodenjohann, CEO von Ansvar2030
Felix Rodenjohann ist CEO von Ansvar2030 und will den Menschen in Mittelsachsen mit dem Projekt künftig ein emissionsfreies Leben ermöglichen.

Foto: Laura Dierig

Ansvar2030 will allen Menschen in Mittelsachsen, das immerhin rund 300.000 Einwohner zählt, ein Angebot für emissionsfreies Leben machen. Der Solarstrom aus dem Gigawatt-Projekt soll dabei genutzt werden, um die Menschen in der Region mit sauberem Strom zu versorgen und um Wärmepumpen und Ladesäulen zu betreiben.  

Dafür sollen Städte und Dörfer in „all-electric Quartiere“ aufgeteilt werden, wie Rodenjohann es nennt. Durch die Sektorenkopplung und einen optimierten Betrieb des Solarparks sollen die im Vergleich zu anderen Anbietern anfallenden Mehrkosten für die Solarmodule von Meyer Burger wieder eingespielt werden. Beziehungsweise, so sagt Rodenjohann, fallen Sie bei einem solch großen Projekt, das neben Stromversorgung auch die Sektoren Wärme und Verkehr inkludiert, nicht mehr so stark ins Gewicht. Die Finanzierung des ganzen Projekts soll mit Unterstützung regionaler und externer Banken gelingen.

Für die benötigten Flächen des Gigawatt-Solarparks braucht Ansvar2030 die Politik, also den Landrat von Freiberg. Nach den ersten Äußerungen Neubauers zu dem geplanten Projekt seien bereits Angebote für eine dreistellige Hektarzahl an Land gemacht worden. Ende der Woche will Neubauer mehr Details öffentlich vorstellen. „Dann könnte es in den vierstelligen Bereich anwachsen“, sagt Rodenjohann. Für ein Photovoltaik-Kraftwerk mit einem Gigawatt Leistung braucht es – grob über den Daumen gepeilt – knapp 1000 Hektar Fläche. Der Platz ist in Mittelsachsen nach Ansicht von Rodenjohann eigentlich kein Problem. Dort gebe es viele freie Flächen und es seien noch wenig Erneuerbaren-Anlagen gebaut.

Umrüstung der Modulfertigung notwendig

Die andere Frage ist jedoch: Kann Meyer Burger die benötigten Module liefern? Auch hier ist Rodenjohann, der 2021 die Werkseröffnungen des Photovoltaik-Herstellers in Thalheim und Freiberg begleitete, optimistisch. In der sächsischen Fabrik stehen noch die Produktionsanlagen. Sie könnten wieder angefahren werden und müssten auf die Produktion von Solarmodulen für Freiflächenanlagen umgerüstet werden. Dies sei jedoch leicht machbar, da Meyer Burger in den USA von Anfang an auf die Produktion dieser Module setze und dort aktuell seine Fabrik in Goodyear hochzieht. Die Produktion in Freiberg könnte nach der Umrüstung, so Rodenjohann, bei einer jährlichen Produktionskapazität von 500 Megawatt liegen und noch auf 750 Megawatt im nächsten Jahr gesteigert werden. 

Damit würde sich die Produktion der erforderlichen Solarmodule gut in den Zeitplan für das Projekt eingliedern. Allerdings nur, wenn es wirklich zur „Mittelsachsen-Geschwindigkeit“ kommt. Denn Genehmigungen für Anlagen dieser Größenordnung können sich über Jahre ziehen. „Ob wir es alle ausreichend wollen, wird sich zeigen. Fest steht nur: Versuchen wir es nicht, ist das hier endgültig. Wir haben es in der Hand“, schrieb Neubauer auf Linkedin. 

Felix Rodenjohann will auf jeden Fall. Denn eine komplette Abhängigkeit bei der Versorgung mit Solarmodulen von China würde er gern verhindern. Mit seinem Konzept für ein CO2-neutrales Leben für alle Menschen in der Region glaubt er auch die Bürger in der Region für das Projekt begeistern zu können. Maßgeblich dafür sei die Lösung des Wärmeproblems, sagt er. Und dieses schaffen wir mit der Installation von Wärmepumpen, die durch günstigen Solarstrom versorgt werden. 

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