575-Watt-Topcon-Solarmodule wirklich „Made in EU“ für 17,5 Cent pro Wattpeak

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Was muss ein Solarmodul, das wirklich „Made in EU“ ist, kosten, wenn die Materialien international eingekauft werden? Diese Frage wird in der Photovoltaik-Branche aktuell wieder heiß diskutiert.

In den düsteren Zeiten der Solarzölle respektive des Mindestimportpreises für Photovoltaik-Produkte von 2013 bis 2018 sind wir der Frage seinerzeit 2014/15 schon einmal intensiv nachgegangen. Damals war ich noch Herausgeber von pv magazine. Chefredakteur Michael Fuhs hatte einen sehr umfangreichen Beitrag im Magazin und auf der Website veröffentlicht. Ich bitte Sie diesen Beitrag zu lesen, denn dann erschließt sich dieser Kommentar in den Details.

Direkt unter der Überschrift „Das Projektmodul für 41 Cent“ beginnt der Artikel aus 2015 so:

„Ein Argument in der Diskussion um den Mindestpreis ist, dass Module eben so teuer seien wie dieser. Sonst sei die Produktion nicht nachhaltig und ohne Subventionen unrealistisch. Die Kalkulation für ein ­Projektmodul zeigt, dass das so nicht stimmt.“

Zeitsprung in den November 2023

Ich habe mich mit einem befreundeten Solarmodulhersteller unterhalten, wie „das Projektmodul“ bei den heutigen Materialpreisen aussehen würde. Ebenso habe ich Zahlen kurz mit einem ebenfalls befreundeten Händler vom Modulvormaterialien und Zellen abgestimmt. Während 2015 im Artikel noch sehr kleine Fertigungen von 50 Megawatt Jahreskapazität als Maßstab dienten, ließen sich 2023 sicher größere Auftragsfertiger auch in der EU finden oder, wie derzeit von einigen Unternehmen in Erwägung gezogen wird, eine neue Produktion aufbauen.

Zum heutigen Projektmodul: wie einst 2015 legen wir die aktuell gängige Technologie zugrunde. Dies wäre ein Glas-Folien-Topcon-Modul mit 575 Wattpeak und einer Effizienz von rund 22 Prozent. 2015 galt ein polykristallines Solarmodul mit 250 Wattpeak und 15,6 Prozent Moduleffizienz noch als das übliche „Arbeitspferd“. Nebenbei bemerkt zeigen die Zahlen einmal mehr den beeindruckenden Fortschritt unserer Branche zeigt.

Die aktuellen Kosten für dieses „Projektmodul“

Wir nehmen inklusive Transport in die EU für die Solarzellen 7 Eurocent/Wattpeak für Topcon-Zellen an, die aktuell von OPIS kommuniziert werden.

Alle weiteren Materialien für das Modul (BOM inklusive Glaszoll) bei Fertigung in EU liegen bei etwa 6 bis6,5 Eurocent pro Wattpeak, wobei wir den höheren Wert annehmen. Basis für diesen Wert sind die erwähnten Gespräche mit Unternehmerkollegen. Ohne den Glaszoll lägen wir bei 4,7 bis 5 Eurocent pro Wattpeak.

Im Beitrag von 2015 war der kleine Hersteller mit 50 Megawatt Jahreskapaztät in der Lage 15,6 Prozent effiziente Module für 4,6 Eurocent/Wattpeak im Auftrag zu produzieren. Heute müssten für die gleiche angefragte Produktionsmenge von damals 10 Megawatt anstelle von 40.000 Modulen nur noch rund 17.400 Module hergestellt werden. Die Kosten dafür werden mit 4 Eurocent pro Wattpeak abgeschätzt.

In Summe ergibt das:

  • 7 Cent pro Wattpeak für die Zelle
  • 6,5 Cent pro Wattpeak für BOM
  • 4 Cent pro Wattpeak für die Fertigung

Damit kostet das 575 Wattpeak-„Projektmodul“ in der EU-Auftragsfertigung insgesamt 17,5 Eurocent pro Wattpeak.

Der Auftraggeber muss in diesem Szenario alle Aufwendungen für ein Garantierücklage und ähnliches selbst tragen. In Jahr 2015 wurde dieser Posten mit 0,3 Eurocent pro Wattpeak angegeben. Als Auftraggeber will man daran dann natürlich etwas verdienen oder das produzierte Produkt mit Marketing versehen.

Ohne den Glaszoll – also bei einer Fertigung beispielsweise in einem Balkanland – würde das Modul nur 15,7 Eurocent pro Wattpeak kosten.

Es handelt sich aber wie 2015 im Beitrag um sehr kleine Mengen. Natürlich wären mit einer Skalierung noch viel geringere Kosten möglich. Auch sind vollintegrierte Photovoltaik-Hersteller, die auch ab Ingot/Wafer produzieren, massiv im Vorteil. Diese gibt in der EU allerdings nicht.

Um es kurz zu fassen: Was wir als Branche da erreicht haben, ist grandios.

— Der Autor Karl- Heinz Remmers ist seit 1992 als Solarunternehmer tätig. Zu Beginn mit der Planung und Montage von Solaranlagen sowie der Produktion von Solarthermie-Kollektoren. Seit 1996 dann parallel unter dem Namen Solarpraxis mit eigenen Fachartikeln, Buch- und Zeitschriftenverlag und dem bis heute aktivem Solarpraxis Engineering. Zu den erfolgreichen Gründungen zählen auch die nun von namhaften Partnern gemachte pv- magazine Group und die Konferenzserie „Forum Solar Plus“. Neben Solarpraxis Engineering sind heute Entwicklung, Planung, Errichtung und Betrieb von Solaranlagen als „IPP“ im Fokus der Aktivität. Zudem betreibt er aktive politische Arbeit im Rahmen des Bundesverbandes Neue Energiewirtschaft (bne). Mehr hier: https://www.remmers.solar/ueber-mich/ —

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