Studie: Europas Stromsektor lässt sich bis 2030 auf 100 Prozent Erneuerbare umstellen

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Europas Stromsektor könnte bis 2030 komplett auf Erneuerbaren basieren und das gesamte Energiesystem bis 2040 ohne fossile Brennstoffe auskommen. Zu diesem Schluss kommt die Studie „European Power Sovereignty through Renewables by 2030“ im Auftrag der Investmentgesellschaft Aquila. Federführend erstellt hat sie das  Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). An den Forschungen beteiligt waren auch verschiedene Institute: Bauhaus Earth (BE), das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (FhG-ISE), das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), das Internationale Institut für angewandte Systemanalyse (IIASA), das Forschungszentrum für Atmosphärenphysik und Klimatologie (Academy of Athens) und die Technische Universität Berlin.

Allerdings müsse für eine Umstellung schnell und entschlossen gehandelt werden. Die Studienautoren fordern von europäischen Politikern einen „gemeinsamen Willen“ zu entwickeln und Stromsouveränität zu erreichen, indem sie bestehende Technologien nutzen und einen massiven, aber bezahlbaren Erneuerbaren-Ausbau – insbesondere von Windkraft und Photovoltaik – vorantreiben. Im Endeffekt würde ein fossilfreies System die Energiekosten für die Verbraucher senken, Anfälligkeiten in Zeiten geopolitischer Spannungen verringern und die Wettbewerbsfähigkeit Europas auf globaler Ebene stärken, so die Autoren der Studie.

Die Umstellung ist mit Investitionen verbunden. In der Studie beziffern sie die Forscher mit jährlich 140 Milliarden Euro bis 2030, wobei gut 100 Milliarden Euro auf die Windkraft an Land entfallen, während die Investitionskosten in Photovoltaik mit jährlich zunächst etwa 25 Milliarden Euro und dann sinkend beziffert werden. Die restliche Summe ist für den Aufbau von Offshore-Windparks erforderlich, so die Studie. Bis 2040 wären dann demnach weitere rund 100 Milliarden Euro pro Jahr notwendig, wobei die Photovoltaik-Investitionen zwischen 2035 und 2040 höher liegen würden als für den Ausbau von Windkraft an Land und auf See. Als Gegenrechnung werden die Ausgaben angeführt, die in Europa allein 2022 aufgewendet wurden, um die Verbraucher vor den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs bezüglich steigender Energiekosten zu schützen. Sie hätten sich auf insgesamt 792 Milliarden Euro für das Jahr belaufen.

Nach Ansicht von Aquila lässt sich die europäische Energiewende nur mit privaten Investoren stemmen. Das Unternehmen selbst verwaltet nach eigenen Angeben Vermögenswerte von rund 15 Milliarden Euro, was in Erneuerbaren-Anlagen mit rund 10,5 Gigawatt in Europa investiert ist. Dabei liege der Schwerpunkt auf Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen sowie Batteriespeichern. Die bisherigen Zubauraten seien allerdings immer noch viel zu gering, um bis 2030 eine Energieunabhängigkeit oder Klimaneutralität zu erreichen. Dazu kämen große Herausforderungen wie fehlende Speicherkapazitäten oder Engpässe in der Netzinfrastruktur. Daher müssten auch ein wachsendes Verständnis entwickelt werden, in verschiedenen Regionen Europas unterschiedliche Erneuerbaren-Ressourcen zu nutzen und miteinander zu koppeln. Eine Berücksichtigung des Wärmebedarfs sei ebenfalls wichtig.

“Energieunabhängigkeit ist nur der erste Schritt. Für eine vollständige Klimaneutralität müssen auch der Wärmebedarf und die notwendige Elektrifizierung der Industrie berücksichtigt werden. Neben der Erschließung von Wind- und Solarenergie bietet die Geothermie großes Potenzial, um die Lücken in diesen Bereichen weiter zu schließen“, erklärte Hans Joachim Schellnhuber, emeritierter Direktor des PIK und Mitglied des Beirats der Aquila Group. Der Koordinator der Studie Jürgen Kropp ergänzte: “Der Aufbau lokaler Energieinfrastrukturen würde die europäischen Märkte fördern und die lokale Wirtschaft stärken. Dazu bedarf es aber pragmatischer und effizienter Durchführungsbestimmungen.“

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