„Solarpaket 1“: Photovoltaik-Nachbesserungen auf dem Weg

Blick in den Bundestag, Reichstag

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Das Bundeskabinett hat am Mittwoch den vom Wirtschaftsministerium vorgelegten Entwurf für das „Solarpaket 1“ beschlossen. Ganz genau heißt er: „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und weiterer energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung“ und sollte eigentlich schon vor der Sommerpause kommen. Doch koalitionsinterne Abstimmungen verzögerten die Veröffentlichung.

„Wir brauchen mehr Tempo und weniger Bürokratie beim Solarausbau und genau das setzen wir mit dem Solarpaket um“, erklärte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). „Wir müssen das Tempo verdreifachen und bis 2026 auf einen jährlichen Zubau von 22 Gigawatt kommen, um unsere Ausbauziele zu erreichen.“ Dies entspricht etwa einer Verdreifachung gegenüber dem Zubau aus dem vergangenen Jahr, die mit Verbesserungen in allen Photovoltaik-Segmenten gelingen soll. „Daher haben wir heute im Kabinett mit dem Solarpaket zahlreiche neue Regelungen verabschiedet, die den Zubau in der Freifläche und auf dem Dach sowie die Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger steigern. Zugleich räumen wir Hemmnisse aus dem Weg und bekämpfen das Bürokratie-Dickicht“, so Habeck weiter.

Sein Staatsekretär Sven Giegold drückt es wie folgt aus: „Das Solarpaket enthält einen ganzen Erguss von Entbürokratisierungen für die Solarenergie. Es wird leichter für Unternehmen, Landwirte, Bürger und Kommunen in die Photovoltaik zu investieren.“ Er beziffert auch die jährlichen Einsparungen der Wirtschaft bei den Bürokratiekosten mit 18,5 Millionen Euro und beim Bürokratieaufwand für die Bürger mit 90.000 Stunden. Das Ministerium sieht den Gesetzentwurf daher auch als „ein positives Beispiel für Bürokratieabbau“. Als ein wichtiges Beispiel dafür wird der Wegfall der Anmeldung von Photovoltaik-Balkonanlagen beim Netzbetreiber sowie die vereinfachte Anmeldung im Marktstammdatenregister genannt.

Auch wenn ein starker Fokus der vorgeschlagenen Gesetzesänderungen auf den Vereinfachungen für Stecker-Solar-Geräte liegt, so umfasst der Entwurf doch alle Bereiche – also auch Dach- und Freiflächenanlagen sowie Mieterstrom und gemeinschaftliche Energieversorgung.

Private Dachanlagen

Zur Beschleunigung von Dachanlagen soll das bestehende vereinfachte Netzanschlussverfahren künftig für Photovoltaik-Anlagen bis 30 Kilowatt gelten. Bisher greift es nur bis 10,8 Kilowatt. Auch der Zugang zur Direktvermarktung für die kleineren Photovoltaik-Anlagen soll vereinfacht werden, so würden die Vorgaben zur technischen Ausstattung bei Anlagen bis 25 Kilowatt gelockert. Die Steuerbarkeit müsse nicht zwingend gegeben sein, könne aber bilateral zwischen Anlagenbetreiber und Direktvermarkter vereinbart werden. Dies soll die Kosten für die optionale Direktvermarktung bei kleinen Anlagen senken.

Gewerbeanlagen

Gerade im Segment der mittelgroßen Photovoltaik-Anlagen gab es einige Hemmnisse, die mit dem „Solarpaket 1“ beseitigt werden sollen. So ist vorgesehen, die Direktvermarktung zu flexibilisieren. Dies soll vor allem den Bau von gewerblichen Photovoltaik-Anlagen mit hohem Eigenverbrauch attraktiv machen. Sie könnten künftig überschüssigen Solarstrom an den Netzbetreiber weitergeben. Dafür bekommen sie keine Vergütung, müssen aber auch keine Direktvermarktungskosten tragen. Hinsichtlich den Anlagenzertifikats, was aktuell gerade für Photovoltaik-Anlagen ab 135 Kilowatt greift, ist eine Anhebung vorgesehen. So soll künftig das Anlagenzertifikat erst ab einer Einspeiseleistung von 270 Kilowatt oder einer installierten Leistung von mehr als 500 Kilowatt erforderlich sein. Unterhalb der Schwellwerte sei der Nachweis über Einheitenzertifikate ausreichend. Auch mit Blick auf die Anlagenzusammenfassung sind dabei Vereinfachungen geplant. Der Zubau neuer Dachanlagen an einem separaten Anschlusspunkt soll dann nicht mehr zum Überschreiten der Schwellwerte führen können.

Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung

Ein großer Kritikpunkt war in der Vergangenheit, dass es für Mieter und Nachbarn schwierig bis unmöglich war, gemeinsam Solarstrom zu erzeugen und zu nutzen. In dem Entwurf ist ein neues Modell vorgesehen, was künftig die bürokratiearme Lieferung von Solarstrom innerhalb eines Gebäudes sowie die Weitergabe an Wohnungsmieter oder Gewerbekunden vorsieht. Dazu sollen Lieferantenpflichten entfallen sowie die Verpflichtung zur Reststrombeschaffung. Zur Abgrenzung zwischen gemeinschaftlicher Energieversorgung und Mieterstrom ist für ersteres Modell keine zusätzliche Vergütung vorgesehen. Eine Überschusseinspeisung gegen EEG-Förderung ist aber geplant. Bei Mieterstrom sollen zudem auch umliegende Gebäude einbezogen werden können, solange keine Netzdurchleitung des Solarstroms erfolge, sowie die Hürden bezüglich der Anlagenzusammenfassung abgebaut werden.

Gebäude im Außenbereich

Die bestehende EEG-Förderung für Photovoltaik-Anlagen auf Gebäuden soll künftig auch auf den Außenbereich ausgeweitet werden. Allerdings nur für bereits bestehende Gebäude, wobei der Stichtag auf den 1. März 2023 verschoben wird. Mit dieser Regelung will die Politik verhindern, dass Gebäude einzig zum Zweck der Photovoltaik-Nutzung gebaut werden. Bestehende Gebäude sollen künftig jedoch dafür genutzt werden können.

Balkonanlagen

Im Gesetzentwurf ist als Stecker-Solar-Geräte definiert, dass die Leistung nicht mehr als zwei Kilowatt und die Wechselrichter-Leistung maximal 800 Voltampere betragen darf. Sie müssen hinter der Entnahmestelle eines Letztverbrauchers betrieben werden. Zudem kann übergangsweise die vorhandenen Zähler weiter genutzt werden und es ist kein intelligentes Messsystem oder Zweirichtungszähler eine zwingende Voraussetzung für den Anschluss einer Photovoltaik-Balkonanlage.* Die „Steckerfrage“ – also Schukostecker ja oder nein – will die Politik den Normungsgremien überlassen. Die technische Norm wird gerade vom VDE DKE erarbeitet.

Repowering

Mit der letzten EEG-Novelle war bereits eine neue Repowering-Regelung für Photovoltaik-Freiflächenanlagen eingeführt worden. Diese soll nun auch auf Dachanlagen ausgeweitet werden. Es ermöglicht den Austausch alter gegen leistungsstärkere Module, ohne die ursprüngliche Einspeisevergütung für die Ursprungsleistung zu verlieren. Der Tausch kann auch jenseits von technischen Defekten oder Schäden an den Modulen erfolgen.

Freiflächenanlagen

Eine der wichtigsten geplanten Änderungen bei Photovoltaik-Freiflächenanlagen ist wohl die Ausweitung der Flächenkulisse. Die landwirtschaftlichen Flächen in benachteiligten Gebieten sollen demnach grundsätzlich für den Bau von Photovoltaik-Freiflächenanlagen genutzt werden dürfen. Bundesländer, die dies beschränken wollen, haben eine Opt-Out-Option. Bisher war es genau umgekehrt. Die Bundesländer mussten diese Flächen explizit per Verordnung freigeben. Nach der neuen Regelung haben die Länder auch die Möglichkeit, bestimmte „weiche“ Schutzgebiete in den benachteiligten Gebieten ausschließen. Auch wenn ein Anteil von einem Prozent der landwirtschaftlichen Flächen in einem Bundesland bereits mit Photovoltaik-Anlagen belegt sind, kann das Land diese Flächen zudem für weitere Anlagen wieder schließen. Im „Solarpaket 1“ soll festgeschrieben werden, dass maximal 80 Gigawatt Photovoltaik auf diesen landwirtschaftlichen Flächen deutschlandweit installiert werden dürfen.

Im Entwurf vorgesehen ist auch, dass sogenannte extensivere Agri-Photovoltaik-Anlagen auf bestimmten Flächen, die vertikal oder mit einer lichten Höhe von mind. 2,10 Metern aufgeständert sind, einen Bonus erhalten, wenn sie Kriterien zur Extensivierung, wie die Vermeidung des Einsatzes von Herbiziden nachweisen können. Zudem ist mit einer eigenen Verordnungsermächtigung auch die zusätzliche Förderung für Biodiversitätssolarparks vorgesehen.

Für Agri-Photovoltaik-Anlagen selbst sowie Floating- und Parkplatz-Anlagen plant die Regierung ein eigenes Untersegment bei den Photovoltaik-Ausschreibungen für Freiflächenanlagen. Sie sollen einen eigenen Höchstwert enthalten. Zudem soll die Ausschreibungsmenge für diese besonderen Solaranlagen auf bis zu 3000 Megawatt im Jahr steigen. Dies ist allerdings im Rahmen der bereits festgelegten Ausschreibungsvolumina vorgesehen.

Ähnlich wie bei Dachanlagen soll auch für Freiflächenanlagen der Netzanschluss beschleunigt werden. Dazu ist im „Solarpaket 1“ ein Recht zur Verlegung von Anschlussleitungen auf Grundstücken und Verkehrswegen vorgesehen. Dies soll für alle Erneuerbaren-Anlagen greifen, nicht nur für Photovoltaik-Freiflächenanlagen.

Nach der Annahme des Entwurfs im Bundeskabinett geht das „Solarpaket 1“ nun in den Bundestag. Dieser wird sich im Herbst damit befassen, so dass die Neuregelungen dann voraussichtlich zum Jahreswechsel greifen könnten. Derweil arbeitet das Bundeswirtschaftsministerium bereits am „Solarpaket 2“. Damit sollen dann weitere Maßnahmen aus der „Photovoltaik-Strategie“ umgesetzt werden, die von Politik und Branche gemeinsam im Frühjahr erarbeitet wurde.

*Anmerkung der Redaktion: Diese Stelle ist nachträglich korrigiert worden. Die vorhandenen Zähler dürfen zunächst weiter genutzt werden. Danke für den Hinweis.

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