pv magazine Podcast: Hierarchiefrei arbeiten – brauchen Batteriespeicher-Hersteller einen Chef?

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Manche Unternehmen wollen nicht nur die Produkte revolutionieren, sondern gleich die gesamte Arbeitswelt. Manche Protagonisten denken sogar, beides gehört zusammen. „In der Hierarchie denkt man, der Chef entscheidet alles und denkt für alle mit und dann versteckt sich der Einzelne hinter dem Chef“, sagt Daniel Hannemann, der im Jahr 2014 zusammen mit Simon Schandert den Batteriespeicherhersteller Tesvolt gegründet hat. „Genau das wollen wir nicht.“

2018 haben sie begonnen, alle Hierarchien abzuschaffen. Mit heute über 200 Mitarbeitern ist es nach ihrer Einschätzung eines der größten Unternehmen mit hierarchiefreiem Konzept. pv magazine-Chefredakteur Michael Fuhs war dort, hat mit Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen gesprochen, und die Frage gestellt, ob sie wirklich keinen Chef haben.

Oft werden Begriffe wie hierarchiefrei, hierarchiearm, agil oder New Work in verschiedenen Bedeutungen oder synonym benutzt. Ein Bezugspunkt ist das agile Manifest, das IT-Experten im Jahr 2001 veröffentlicht haben. „Es kommt aus der IT-Softwareentwicklung“, sagt Stephanie Porschen-Hueck, Wissenschaftlerin am Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung in München.

Nur wenige Geschäftsführer oder -eigner wagen den Sprung, Hierarchien komplett abzuschaffen. Für Daniel Hannemann, so erzählt er, war der entscheidende Moment als das Unternehmen rund 30 bis 40 Mitarbeiter hatte. „Dann hieß es, wir brauchen jetzt doch eine Hierarchie, Vizepräsidenten zum Beispiel“, sagt er.

Jetzt arbeiten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in agilen Teams. Jedes Team vergibt intern und demokratisch gewählt drei Funktionen, die früher Chefs zur Aufgabe hatten: Den Ökonomen, den Team-Link und den agilen Coach.

Es gibt jedoch auch Stimmen, die vor solchen Modellen warnen. „Es ist ein großer Irrtum zu glauben, alle Mitarbeiter strebten nach möglichst selbständiger Tätigkeit“, schreibt etwa Gerhard Roth. „Mindestens die Hälfte tut dies nicht.“ Viele Menschen scheuten oft aus gutem Grund die Verantwortlichkeit. Nicht alle seien bereit für agiles Arbeiten, auch wenn es für andere große Vorteile bietet.

Auch Stefan Kühl, Professor für Soziologie an der Universität Bielefeld und Senior Consultant bei Metaplan, ist skeptisch. Er blickt als Systemtheoretiker auf die Unternehmensorganisation. Die Koordination der autonomen Einheiten untereinander sei eine Herausforderung. Nicht nur das, bei flachen Hierarchien nähmen auch die Machtkämpfe zu.

Solchen Entwicklungen begegnet man bei Tesvolt mit den agilen Coaches und externen Moderationen von Teammeetings. Sie sollen darauf achten, dass Konflikte inhaltlich diskutiert werden. „Wichtig ist es, dass es nie in die persönliche Konfliktphase kommt“, sagt Hannemann. „Wenn es eine persönliche Ebene gibt, haben wir dafür Coaches, die diese persönlichen Konflikte wieder aufheben.“

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