pv magazine: Wie hat sich der Speichermarkt in Deutschland in diesem Jahr entwickelt?
Jan Figgener: Der Speichermarkt hat den Trend der letzten Jahre fortgesetzt und ist auch in diesem Jahr wieder ordentlich gewachsen. Der Heimspeichermarkt hat durch die hohen Energiepreise und den Krieg in der Ukraine noch einmal ziemlich zugelegt und Anfang Dezember waren bereits rund 1,6 Gigawattstunden an Batteriekapazität für das Jahr 2022 bei der Bundesnetzagentur registriert. Viele Menschen mussten teilweise monatelang auf die Installation von Photovoltaik-Anlage und Heimspeicher warten. Die Nachfrage ist einfach so groß, dass es für Hersteller und Installationsbetriebe herausfordernd geworden ist, alle Anfragen zu bedienen.
Und wie sieht die Entwicklung bei Großspeichern aus?
Jan Figgener: Der Großspeichermarkt hat sich nach eher schwächeren Jahren erholt und wir haben in diesem Jahr mit deutlich über 100 Megawattstunden mehr als eine Verdopplung des Markts gesehen. Dabei sind sowohl die ersten Speicher aus den Innovationsausschreibungen für die Integration großer Solar- und Windparks als auch Speicher für die Energieoptimierung großer Industriestandorte unter den neuen Projekten. Für die Speicher in der Primärregelleistung war es durch das hohe Preisniveau ein goldenes Jahr und nach Jahren eines ökonomisch wirklich schwierigen Betriebs konnten beachtliche Gewinne eingefahren werden.
Dann gibt es noch das Segment der Gewerbespeicher…
Jan Figgener: Der Gewerbespeichermarkt zeigt hingegen weiterhin verhaltenes Wachstum in Bezug auf die Registrierungen im Marktstammdatenregister. Bis Anfang Dezember waren mit rund 70 Megawattstunden in etwa so viel registriert wie im gesamten Vorjahr. Dennoch hört man aus der Branche flächendeckend, dass die Anfragen und Aufträge deutlich anziehen und viele Projekte in der Realisierung sind, was bei den Strompreisen und den Emissionszielen auch nur zu erwarten ist. Im deutlich größeren Elektrofahrzeugmarkt hat sich das rapide Wachstum der letzten Jahre etwas gebremst. Zwischen Januar und September dieses Jahres wurden mit 222.000 batterieelektrischen Pkw leicht mehr zugelassen als im Vorjahrjahreszeitraum (207.000). Die jährliche Verdopplung des Marktes konnte aber nicht fortgesetzt werden, was zum Teil auf Lieferschwierigkeiten sowie die Chipkrise zurückzuführen ist. Die Zahlen zum stationären Markt finden Sie auf www.battery-charts.de und zur Elektromobilität auf www.mobility-charts.de.
Haben Sie mit diesen Entwicklungen gerechnet oder hat Sie etwas positiv oder negativ überrascht?
Christopher Hecht: Die grundlegenden Treiber und Trends haben sich nicht verändert und unsere Prognose aus dem Vorjahr hat sich weitestgehend bestätigt. Dass eine so unvorstellbare und schreckliche Entwicklung wie ein Krieg mit all seinen Folgen passiert und sowohl die Preise als auch der Wunsch nach Unabhängigkeit den Markt noch beschleunigen, war natürlich nicht vorherzusehen. Etwas mehr Wachstum hatten wir uns vom Gewerbespeichermarkt erhofft, aber die Stimmung ist ja grundsätzlich positiv für die Gegenwart und die nahe Zukunft. Bemerkenswert ist sicher, dass die Weltmarktpreise für Batterien erstmalig seit Jahren wieder gestiegen sind. Für große Player bewegt sich dies im Bereich von zehn Prozent, aber bei den Endkunden haben wir in diesem Jahr Preissteigerungen für Photovoltaik-Anlagen und Heimspeicher von deutlich größerem Ausmaß gesehen. Aber bei einer hohen Nachfrage setzt das Angebot eben den Preis und wir hoffen, dass dies bald wieder etwas mehr ins Gleichgewicht kommt. Nichtsdestotrotz stellen noch immer gestörte Lieferketten, internationale Verwerfungen und die Chipkrise viele Hersteller und Händler vor große Herausforderungen.
Was glauben Sie, wie sich der Markt 2023 entwickeln wird?
Jan Figgener: Wir rechnen fest damit, dass wir auch im nächsten Jahr weiteres Wachstum sehen werden. Sinkende Energiepreise sind erst einmal nicht wirklich abzusehen. Auf politischer Ebene haben wir dieses Jahr sicherlich mehr denn je gesehen, wie wichtig eine unabhängige Energieversorgung ist und dass diese Priorität haben muss. Mit dem Ausbau erneuerbarer Energien wird der Bedarf nach Speicherung immer wichtiger und die Ziele sind klar: Es müssen so viele Photovoltaik-Anlagen und Windräder wie möglich in Verbindung mit Speichern installiert werden.
Können sie die zu erwartenden Entwicklung nach Marktsegmenten differenzieren?
Jan Figgener: Die Nachfrage bei den Privatpersonen wird eher stärker als schwächer werden und Hersteller und Installationsbetriebe können nur wachsen, um der Nachfrage gerecht zu werden. Im Gewerbe kommen wir sicherlich nun noch mehr in die Umsetzung von Speicherprojekten. Am Großspeichermarkt zeichnet sich mit einer steigenden Anzahl an angekündigten Projekten weiteres Wachstum ab. Heute sind bereits eine einhundert Megawattstunden vorgemeldet, wobei nicht alle sofort im nächsten Jahr fertiggestellt werden. Falls das erste Netzbooster-Pilotprojekt wirklich – wie im Netzentwicklungsplan vermerkt – nächstes Jahr ans Netz gehen sollte, hätten wir allein hier schon insgesamt 200 Megawattstunden. Zudem gibt es auch schon erste Ankündigungen von Speichern dieser Größenordnung, die für den marktwirtschaftlichen Betrieb vorgesehen sind. Auch beim Segment der Elektrofahrzeuge gehen wir von einer weiteren Steigerung und einer Verbreitung des Angebots aus. Spannend wird aus Speicherperspektive insbesondere die sogenannte Vehicle-to-Home-Fähigkeit, welche immer mehr Fahrzeuge besitzen werden. Mit dieser Technik ließe sich ein Haushalt bis zu mehreren Tagen aus der Batterie des Elektrofahrzeugs versorgen.
Braucht es vielleicht noch regulatorische Änderungen, um den Markt noch stärker zu treiben?
Christopher Hecht: An dieser Stelle gibt es sicherlich einiges zu tun, aber es sind auch ein paar gute Dinge passiert: Mit der Speicherdefinition aus dem Osterpaket gibt es nun endlich ein gesetzliches Fundament für ziegelrichtete Regulatorik, die nun natürlich auch möglichst zeitnah erarbeitet werden muss. Mit angezogenen Einspeisevergütungen, Steuererleichterungen und den Innovationsausschreibungen gibt es auch sicherlich schon ein paar gute richtige Ansätze, aber hier muss noch wesentlich mehr geschehen. Investoren müssen Investitionssicherheit haben, um sich nicht nur auf die volatilen Energiemärkte verlassen zu müssen, deren Gewinne dann auch noch Gewinnabschöpfungsmechanismen unterliegen können. Ausgeschriebene Zubau-Volumina sollten deutlich angehoben werden, damit wir die Klimaziele ambitionierter verfolgen können und die inländische Photovoltaik-Produktion muss wiederaufgebaut werden. Zudem sollte das riesige Potenzial der Elektrofahrzeuge systemtechnisch gehoben werden. Wir haben heute bereits über 60 Gigawattstunden an Elektrofahrzeugen auf der Straße, was etwa zehnmal so viel ist wie im stationären Bereich und auch die Pumpspeicherkraftwerke deutlich übertrifft. Das sind Speicherkapazitäten von nie dagewesenem Ausmaß und Fahrzeuge stehen zu 95 Prozent der Zeit. Hier gilt es, die Vehicle-to-Grid-Technologie möglichst bald in Regulatorik zu fassen, um die Ressourcen volkswirtschaftlich optimal nutzen zu können. Wir würden uns freuen, Sie auf der Vehcile-to-Grid-Konferenz im April nächsten Jahres begrüßen zu dürfen, um diese Themen gemeinsam mit der Branche zu diskutieren!
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Vehicle-to-Grid-Technologie ; wirklich?
Im Moment teilen sich durchschnittlich 17 Fahrzeuge eine Ladestationen.
Also die Menge an möglichen Speicherkapazitäten wäre bitte seriös neu zu berechnen.
Wer länger an der Station verbleibt bekommt einen Malus in der Abrechnung.
Jedem Handy-Nutzer wird empfolen, das Gerät nicht über Nacht zu laden, da eine fortwährende Nachladung zu nicht unerheblichen Verlusten und eine gewisse Alterung erfolgt.
Mehr Nutzung des E-Speichers bedeutet mehr Abnutzung und Alterung; wie sähe denn ein Vergütungskonzept hierfür aus?
Bei Wem werden die Verluste von 15 -25% für Ladung und auch wieder wahrscheinlich 20% für Entladung bei einem „netzdienlichem“ Einsatz verbucht?
Ettliche Wallboxen wären bevor sie auch einspeisen können mit entsprechenden Steuerungssignalen ersteinmal nach zu rüsten.
Wirklich so erfolgreich?
Das ist doch nur eine Nebelkerzendiskussion bzw. Ideen von Technikverliebten. Ich verstehe, dass das irgendwie witzige Gedankengänge sind, aber wie Sie schon schreiben, ziemlich praxisfern und auch irgendwie nicht das wirkliche Problem treffend (weniger Fossiles abfackeln). So indirekt über 2 Ecken gedacht, ja ok, einverstanden. Aber diskutieren wir doch nicht über minimale Prozente hier und da. Big Business wird da gemacht, wo Gas, Kohle und Öl verfeuert werden. An den Kuchen muss man ran.
Aus China kommen demnächst massenproduzierte PV-Module mit über 23% Wirkungsgrad (das klingt wenig, aber das ist irre viel im Vergleich zu den sonst üblichen 19% bis 21%.
Und was passiert hierzulande? Ein LNG-Terminal nach dem nächsten kommt an den Start. Kohleverstromung wird maximiert. Braunkohleabbau forciert. Man kommt aus dem Staunen nicht mehr raus. Zukunft? Ab in den Ofen damit.