Wasserstoff wird in der Gebäudeenergieversorgung kaum eine Rolle spielen

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Eine globale Energiewende ohne Wasserstoff ist nicht denkbar – ab 80 Prozent Treibhausgasminderung im Vergleich zum Jahr 1990 geht es nicht ohne. Trotzdem bleibt der Einsatzort des Brennstoffs weiterhin ein Streitthema. Kosten und Effizienz von Wasserstoff lassen in vielen Sektoren Alternativen attraktiver erscheinen. Im Gebäudesektor zum Beispiel, wird Wasserstoff im Prinzip keinen Einzug halten.

Das ist das Urteil einer Metastudie, die aus Verbundprojekt „HyPat“ entstanden ist. Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI untersuchte gemeinsam mit zahlreichen weiteren Instituten wie dem Fraunhofer ISE oder auch der Deutschen Energieagentur (Dena) 40 kürzlich veröffentlichte Studien zu Energiesystemen und Wasserstoffszenarien. Zudem zogen die Studienautoren 300 Minderungsszenarien des sechsten Sachstandsberichts des Weltklimarats (IPCC) heran, um eine Bandbreite des globalen Wasserstoffbedarfs zu bestimmen.

Den Prognosen der Metastudie zufolge werden für ein Szenario, in dem bis 2050 die Treibhausgasminderung bei über 80 Prozent liegt, zwischen 4 und 15 Petawattstunden Wasserstoff und etwaige Syntheseprodukte wie Ammoniak und Methanol benötigt. Eine Petawattstunde entspricht einer Million Gigawattstunden.

Auf den globalen Endenergiebedarf gerechnet sind das vier bis zwölf Prozent. Der Verbrauch von Wasserstoff unterliegt starken regionalen Unterschieden. Die EU wird relativ betrachtet zum Hauptverbraucher von Wasserstoff werden. Die Metastudie rechnet damit, dass bis zu 14 Prozent des Endenergiebedarfs durch Wasserstoff gedeckt werden könnten. In China gehen die Autoren von einem Anteil von bis zu vier Prozent am Endenergieverbrauch aus.

In absoluten Zahlen gerechnet sieht das Verhältnis jedoch anders aus. Der stattliche Anteil der EU wird nur zu einem Verbrauch von 0,3 bis zu 1 Petawattstunde im Jahr führen. In China wird der Bedarf zwischen 0,6 und 4 Petawattstunden im Jahr betragen.

„Unsere Auswertungen unterstreichen, dass Wasserstoff in der künftigen globalen Klimapolitik eine wichtige Rolle spielt – er wird aber nicht der dominierende Endenergieträger der Zukunft sein,“ sagt Martin Wietschel, Professor am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und Leiter des Kompetenzzentrums für Energietechnologien und Energiesystem am Fraunhofer ISI.  Um die Treibhausgasemissionen global zu senken, werden Maßnahmen zum Energieeinsparen und die direkte Elektrifizierung auf Basis von erneuerbarem Strom zum Beispiel durch Wärmepumpen, Elektrofahrzeuge oder in Wärmenetzen als wichtigste Hebel gesehen. Wasserstoff spielt hingegen in bestimmten Anwendungsbereichen eine relevante Rolle, in denen andere Technologien technisch oder wirtschaftlich nicht umsetzbar sind.“

Besonders im Verkehr gefragt

Nach Sektoren aufgeteilt zeigt die Mobilität die höchste Nachfrage – in absoluten Zahlen, aber auch relativ zum Gesamtbedarf. Die Studie geht davon aus, dass bis zum Jahr 2050 etwa 16 Prozent der globalen Energie im Mobilitätssektor durch Wasserstoff und seine Syntheseprodukte gedeckt werden. Für den chinesischen Markt prognostizieren den Autoren einen Anteil von 14 Prozent. Die EU sticht in diesem Sektor heraus. Hier erwarten die Szenarien einen Anteil von 28 Prozent.

Der Einsatz von Wasserstoff im Straßenverkehr bietet zwar kurze „Ladezeiten“ und lange Reichweiten im Vergleich zu Elektroautos. Allerdings lässt die Gesamteffizienz von Brennstoffzellenfahrzeugen von Wasserstoffproduktion bis hin zum Bewegen der Fahrzeuge mit gerade einmal 34 Prozent noch zu wünschen übrig. Immerhin liegt das noch deutlich über der Effizienz von 14 Prozent von Fahrzeugen, die mit synthetischen Kraftstoffen betankt werden. Elektroautos erreichen in dieser Metrik einen Wert von 77 Prozent.

Bei Schwerlasttransporten ist der Einsatz von Wasserstoff schon eher denkbar, da in diesem Anwendungsbereich, das Gewicht der Batterien zum Problem wird. Zudem sind die langen Ladezeiten nicht immer mit der Arbeitsweise von Logistikunternehmen vereinbar. In jedem Fall werden Wasserstoff und vor allem Syntheseprodukt im Flugverkehr und der Schifffahrt zum Einsatz kommen.

Diese technischen und logistischen Unsicherheiten führen zum Teil zu sehr großen Bandbreiten bei der Wasserstoffnachfrage in den 40 untersuchten Studien für den Mobilitätssektor. Das führe dazu, dass Investitionen in Produktion, Transport und Verbraucher noch gescheut werden. In Europa prognostizierten die einzelnen Studien einen Wasserstoff-Anteil von 13 bis 36 Prozent. Für China waren es zwischen 10 und 19 Prozent.

Für die Industrie alternativlos

Im Vergleich zum Mobilitätssektor wird für den Industriesektor eine geringere Nachfrage prognostiziert. Allerdings gibt es hier, anders als im Verkehr, oft keine Alternativen.  Gerade in der Eisen- und Stahlindustrie, sowie in der Grundstoffchemie wird es ohne Wasserstoff, Ammoniak und Methanol nicht gehen.

Jedoch betrifft das nicht alle Bereiche in der Industrie. Bei der Wärmebereitstellung etwa, gebe es noch größere Unsicherheiten. Das liegt vor allem an den vorhandenen Alternativen. Im Jahr 2050 soll der Anteil von Wasserstoff am weltweiten Gesamtenergiebedarf in der Industrie laut der Metastudie zwischen zwei und neun Prozent liegen. Auch hier gibt es starke regionale Unterschiede. Die Mehrheit der Untersuchten Studien sieht für Europa einen Anteil von drei bis 16 Prozent im Jahr 2050. Einzelne Studien prognostizieren sogar einen Anteil von 38 Prozent. In China hingegen liege der Anteil nur bei einem bis vier Prozent im Jahr 2050.

Gebäudesektor unbedeutend

Je mehr Alternativen es für Wasserstoff gibt, desto geringer ist sein Einsatz. Das trifft vor allem auf den Gebäudesektor zu. Der Metastudie zufolge dürfte der Anteil am Gebäudeenergieverbrauch 2050 bei weniger als zwei Prozent liegen. In der EU werden bis 1,7 Prozent erwartet. Weltweit dürfte der Anteil bei 1,6 Prozent liegen. In China werden wohl nur 0,5 Prozent des Gebäudeenergiebedarfs durch Wasserstoff gedeckt.

Die geringe Nutzung von Wasserstoff im Gebäudesektor liegt an den anderen Möglichkeiten, Emissionen zu sparen, wie direkte Elektrifizierung mit Wärmepumpen und Infrarotheizungen. Alternativen sind auch deutlich effizienter als Brennstoffzellheizungen, deren Effizienz bei nur 57 Prozent liegt. Auch Heizungssysteme die verpressten Wasserstoff direkt zur Wärmenutzung verbrennen, kommen nur auf eine Effizienz von 64 Prozent. Elektrische Durchlauferhitzer kommen dagegen auf 95 Prozent. Für Wärmepumpen gingen die Studienautoren von Effizienz von 300 Prozent aus.

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