Die Kohlekommission beschloss vor knapp zwei Jahren, Deutschland soll bis 2038 aus der Kohleverstromung aussteigen. Die neue Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP will den Termin vorziehen und im Idealfall bereits 2030 alle Kohlekraftwerke vom Netz nehmen. Eine neue Studie des Öko-Instituts im Auftrag von Agora Energiewende trägt nun auf 164 Seiten die Daten und Fakten rund um Kraftwerke und Tagebaue, gesetzliche Regelungen und Stilllegungspfade, Beschäftigungszahlen und ökonomische Strukturen insbesondere in den Braunkohleregionen sowie zu ökologischen Aspekten der Braunkohlewirtschaft zusammen. Die Forscher wollen damit nach eigenen Angaben einen Beitrag leisten, die Debatte über die Beschleunigung des Ausstiegs aus der Kohle faktenbasiert und transparent zu führen.
Die am Dienstag veröffentlichte Studie „Die deutsche Braunkohlenwirtschaft 2021. Historische Entwicklungen, Ressourcen, Technik, wirtschaftliche Strukturen und Umweltauswirkungen“ stellt eine Aktualisierung der Analyse von 2017 dar, die zur Entscheidung der Kohlekommission beitrug. „Unsere Studie hat die dynamische Entwicklung seit den Beschlüssen der Kohlekommission im Jahre 2019 aufgearbeitet und legt jetzt umfassende Informationen und Daten zu den Grundlagen, Mechanismen und Zusammenhängen der Braunkohlegewinnung und -nutzung vor“, erklärte Hauke Hermann, Energieexperte am Öko-Institut.
Nach den neuen Berechnungen des Öko-Instituts wird ab 2024 der ökonomische Druck auf die Braunkohlekraftwerke steigen. Bereits aktuell sorgten die CO2-Preise von mehr als 60 Euro pro Tonne auf die Wirtschaftlichkeit der Kraftwerke aus, wobei sie aufgrund des steigenden Gaspreises wieder Gewinne erwirtschafteten. Doch die Autoren gehen davon aus, dass sich dieser Trend nicht fortsetzt. Bei weiterhin hohen oder noch steigenden CO2-Preisen und stabilisierten Erdgaspreisen nehme die Wirtschaftlichkeit der Braunkohle ab. Dies werde dazu führen, dass die Betreiber die Fixkosten nicht mehr decken könnten. Dies lasse sich mit dem im Zuge der Studie aktualisierten Braunkohlenwirtschaftlichkeitsindikator „LignIX“ nachvollziehen. Dort seien die Beiträge enthalten, die zur Deckung der vermeidbaren sowie der versunkenen Fixkosten von Braunkohlekraftwerken und Tagebauen im Strommarkt erwirtschaftet werden können.
„Die Gesamtschau zeigt, dass Braunkohlekraftwerke bei CO₂-Preisen über 60 Euro pro Tonne ihre Fixkosten nicht decken können, wenn sich die Erdgas- und Steinkohlepreise wieder auf das übliche Niveau einstellen“, so Hermann. „Daher ist davon auszugehen, dass die Stilllegungsanreize für Braunkohlekraftwerke ab Mitte der 2020er Jahre massiv zunehmen werden.“ Die Studienautoren fordern, dass bei einem Vorziehen des Kohleausstiegs auch die Tagebauplanung daran angepasst werden müsse. Die Betreiber müssten die geplanten Finanzmittel zur Rekultivierung der Flächen entsprechend früher erhalten. Zugleich sollten finanzielle Risiken, die sich aus dem gestiegenen CO2-Preis ergeben, besser abgesichert werden.
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Das ist Unsinn. RWE als einer von zwei Braunkohleverstromer in Deutschland hat sämtliche CO2-Zertifikate bis 2030 bereits erworben – für weniger als zehn Euro / Tonne. Das ist öffentlich seit Monaten bekannt. Das hätte Hauke Hermann wirklich wissen müssen.
Naja, ich glaube schon, dass sie anmelden werden, dass sie nicht mehr wirtschaftlich produzieren können. Weil die AKWs aber dann aus sind dürfen sie wegen der Netzstabilität nicht dichtmachen. D.h. sie lassen sich von der Netzagentur wahrscheinlich auf Basis der aktuellen CO2 Preise „entschädigen“. Produziert wird dann aber mit den alten Zertifikaten…
So sehe ich das auch. Die haben die billigen Zertifikate schon in der Tasche, und profitieren davon wenn sie jetzt teuer werden. Verlierer sind die Stromverbraucher. Denn als Preis senkende Grenzkraftwerke nach dem Merit Order Prinzip – die teuren Gaskraftwerke werden verdrängt – kommen sie wegen der teuren Zertifikaten dann weniger zur Geltung. Die Börsenpreise werden weiter hoch bleiben.
Zum besseren Verständnis siehe hier.
https://de.wikipedia.org/wiki/Merit-Order
Nachtrag:
So sehe ich das auch, ist auf den Kommentar von David Rühl bezogen.
Fuer die Herren Diehl und Ruehl zur Fortbildung:
https://www.montelnews.com/en/news/1203881/rwe-boss-brushes-off-carbon-threat-to-business
verweisend auf
https://www.greenpeace.de/publikationen/kurzanalyse_rwe_-_vom_winde_verweht_maerz_2021.pdf
Wenn RWE im Wald pfeift ist das kein Kassenschlager.Offensichtlich haben Sie beide nicht verstanden dass die Konkurenz keine CO2 Zertifikate noetig hat.
Bei € 23.-/t im Jahr 2023 ist Schluss mit Lustig.
Betr. 2023: RWE hat den Stromverkauf gehedged mit € 26.-/MWh und muss obendrein noch dem CO2 Preis bezahlen ( https://www.reuters.com/article/us-rwe-results-hedgerates-idUSKBN22Q0YD).
Das liess sich nur mit teuren Zertifikaten erreichen (von wegen €5.-/t !), RWE verschuldete sich dafuer.
Wie Frau Enkhardt die Sache korrekt beschreibt ist 2023 das Stichjahr, danach geht das oekonomisch nicht mehr.Bisher konnte RWE eine Mischkalkulation mit Atomkraft betreiben, siehe Reutersartikel – damit ist Schluss.
Bei Recht Wenig Erneuerbaren im Portfolio ist RWE nach Vattenfall der erste grosse Konzern der praktisch wegschrumpft.Wie LEAG das macht wissen die Insulaner auf den Steuerinseln ….
Juri Hertel sagt:
Fuer die Herren Diehl und Ruehl zur Fortbildung:
@ Juri Hertel
Im ersten Moment hatte ich den Eindruck Sie wären der Meinung, wir hätten was Falsches geschrieben. Aber Fortbildung ist ja nichts Negatives, zur Information hätte in diesem Fall besser gepasst. Tatsächlich wird ja vom RWE Chef bestätigt, dass sie die billigen Zertifikate in der Tasche haben, wie wir beide geschrieben haben. Die Frage der Wirtschaftlichkeit, die Greenpeace bezweifelt, wird damit entschärft. Die Aussage über die billigen Zertifikate die sie besitzen, könnte dem RWE Chef allerdings noch auf die Füße fallen, wenn die nächsten Strompreiserhöhungen mit steigenden Preise für C02 intensive Erzeugung begründet werden.
1. Die Aussagen im Artikel stimmen für sich sich genommen.
2. RWE hat vorsorglich Zertifikate gekauft. Dabei ist aber zu beachten, dass es sich bei der Tradingabteilung um eine andere Sparte des Konzerns handelt. D.h. die Kohlekraftwerke werden nicht wirtschaftlicher, nur weil ich billige Zertifikate gekauft habe. Die Oportunitätskosten sind in dem Fall die Gewinnausfälle, welche sonst durch den Verkauf der Zertifikate erzielbar gewesen wären.
https://www.handelsblatt.com/technik/thespark/energiekonzern-milliardengeschaeft-kohle-warum-rwe-sogar-an-steigenden-co2-preisen-verdient/27617624.html (D.h. der Umstand, dass RWE vorausgedacht hat ändert nicht wirklich etwas an den Aussagen des Artikels!)
3. Nur weil ein Kraftwerk unwirtschaftlich wird, muss beziehungsweise darf es nicht unbedingt abgeschaltet werden. Es gab immer wieder in der Vergangenheit Kohlekraftwerke, welche nun von der Bundesnetzagentur finanziert werden.
Wichtig: RWE Manager stehen nicht morgens auf und fragen sich, wie sie Deutschland am besten mit Kohlestrom versorgen können. Sie fragen sich, wie sie Geld verdienen können!
D.h. Der wahrscheinlichste Fall (so die CO2 Preise stark ansteigen) ist, dass RWE ordentlich Gewinne durch den Verkauf mit den Zertifikaten einstreicht und anmeldet Kohlekraftwerke abschalten zu wollen. Auch wenn zur Zeit Gaskraftwerke gebaut werden ist zu erwarten, dass die Bundesnetzagentur in einigen Fällen einen Weiterbetrieb anordnen wird. Daraus ergibt sich, dass die Kosten für den Weiterbetrieb übernommen werden. D.h. Die nötigen CO2 Zertifikate werden von der Bundesnetzagentur und damit über die Netzentgelte bezahlt.
Die Diskussion über diese Mechanismen gibt es eigentlich schon seit Beginn der Energiewende. Die Energiewende kann nur funktionieren wenn der Ausbau der Erneuerbaren entweder durch Schattenkraftwerke (Gas) oder durch Speicher flankiert wird. Das war eben nicht wirklich ein Problem als der Anteil von Sonne und Wind jeweils unter 10% lagen. Jetzt ist es ein Problem. Und das führt eben dazu, dass alles was noch an Konventionellen Kraftwerken vorhanden ist mit einer immer höheren Wahrscheinlichkeit essentiell für die Netzsicherheit ist. Das ist eben das Problem, wenn man glaubt, dass vom Parlament erlassene Gesetze und Absichtserklärungen über den Naturgesetzen stehen. Der Konflikt zwischen Ideologie und Technik ist dabei immer, dass aufgrund der hohen Instandhaltungskosten für kleine einzelne Dachanlagen im Zusammenhang mit dem Problem, sehr schnell klar wird, dass auch erneuerbare Energien wirklich wirtschaftlich (zur Zeit) nur im großtechnischen Bereich funktionieren, da somit die Wartungskosten signifikant reduziert werden können. Wenn aufgrund des steigenden Anteils es dazu noch immer unumgänglicher wird eine Steuerung vorzusehen, wird sich dieser Abstand noch vergrößern.
Um die Leistung eines 500MW Kohlekraftwerkes zu ersetzen braucht man im Schnitt 3-4 GWp an Solarenergie. Wenn ich das mit 200.000- 300.000 Kleinanlagen realisieren möchte, kann man sich vorstellen wie schwer es wird wenn ich auch nur jedes Jahr einen Tag Wartung und Inspektion einplane.