Am 14.7.2021 verwüstete ein außergewöhnlicher Starkregen das Ahrtal und andere Teile Westdeutschlands. Bis heute konnte vieles noch nicht wieder aufgebaut werden.
Inzwischen haben Wissenschaftler klar nachgewiesen, dass auch dieser Starkregen eine Folge der Erderwärmung ist.
Nun gibt es in den Katastrophengebieten viele Aktivitäten für den Wiederaufbau. Dieser sollte aber nicht wieder so geschehen, dass hinterher alles, insbesondere die klimaschädliche Energieversorgung, beim Alten bleibt. Dann würden auch die Geschädigten selbst erneut zu Mitverursachern einer weiteren Aufheizung der Atmosphäre werden und so zu einer weiteren Zunahme solcher schlimmsten Katastrophen beitragen.
Viele in diesen Regionen wollen das nicht und arbeiten daher an einem Wiederaufbau, der im Einklang mit dem Klimaschutz steht. Sie streben beispielsweise eine Energieversorgung mit 100 Prozent erneuerbaren Energien an.
Die freien Wähler im Kreis Ahrwähler (FWG) haben daher einen Antrag auf Kreisebene gestellt. Er wurde am 13.9.2021 mit nur einer Gegenstimme positiv entschieden. Die Kreisverwaltung arbeitet seitdem daran, den Beschluss umzusetzen.
In der Pressemitteilung der FWG heißt es: „Angestrebt wird eine komplette Energieversorgung (Strom, Wärme, Verkehr, Industrie) mit 100 Prozent erneuerbaren Energien, eine Land- und Forstwirtschaft, die keine Emissionen mehr befördert, ergänzt durch eine emissions- und abfallfreie Kreislaufwirtschaft. Das bedeutet, dass Heizungen nicht mehr auf Basis von Erdöl und Erdgas betrieben werden. Nahwärmenetze, Solaranlagen mit Speichermöglichkeiten, Stromversorgung mit Ökostrom und neue Antriebe bei der Verkehrsinfrastruktur sind das Ziel.“
Damit die Umstellung vom Ahrtal zum SolAHRtal auch wirklich gelingen kann, hat eine Gruppe von Wissenschaftler:Innen ein Impulskonzept erstellt. Dazu gehören: Urban Weber, Technische Hochschule Bingen, Jens Clausen Borderstep, Institut für Innovation und Nachhaltigkeit gGmbH; Eberhard Waffenschmidt, Technische Hochschule Köln; Mario Tvrtković, Hochschule Coburg und Frank Hergert, Hochschule Koblenz.
So heißt es in der Einleitung zum Impulskonzept:
Mit Blick auf die Dringlichkeit der Wiederherstellung der Energie- Infrastrukturen will dieses Impulskonzept einen schnellen Beitrag dazu leisten, den Wiederaufbau im Kreis Ahrweiler am Zielbild der Versorgung mit 100 Prozent Erneuerbaren auszurichten. Es soll dazu beitragen, möglichst wenig fossile Strukturen wieder aufzubauen, und allenfalls so, dass sie möglichst einfach auf nicht-fossile Energiequellen umgestellt werden können. Dieses Impulspapier schätzt, ausgehend von der Situation der Energieversorgung im Kreis Ahrweiler, den Ausbau der notwendigen Energiebereitstellung aus erneuerbaren Energien ab und gibt Empfehlungen für flankierende Maßnahmen, die notwendig sind für eine Transformation hin zu einer Versorgung mit 100 Prozent erneuerbaren Energien.
Eine konsequente Ausrichtung des Wiederaufbaus an dem Zielbild der Versorgung mit 100 Prozent erneuerbaren Energien hat langfristigen Nutzen für den Kreis Ahrweiler und die Region des Ahrtals als bundesweite Modellregion. Wenn jetzt die richtigen Weichen gestellt werden, kann ein beschleunigter Ausbau lokaler erneuerbarer Energieerzeugung bis auf 100 Prozent im Zieljahr 2027 (bilanziell) eine verbesserte Resilienz und Impulse für die regionale Wertschöpfung ermöglichen. Im Zieljahr 2030 wäre eine kontinuierliche Versorgung mit erneuerbaren Energien möglich sowie eine Mitversorgung des Umlandes nach dem Vorbild der Landkreise Rhein-Hunsrück und Cochem-Zell.
Inzwischen hat die Initiative Aus Ahrtal wird SolAHRtal auch größere Medienkreise gezogen. Die ARD Sendung Brisant hat berichtet. Weiterhin hat der SWR Urban Weber dazu ausführlich interviewt.
Der Initiative kann man nur größten Erfolg wünschen und hoffen, dass im Jahre 2030 100% Erneuerbare Energien im Ahrtal verwirklicht sein werden.
Doch um den Klimaschutz wirklich zu befördern, braucht es ähnliche Aktivitäten nicht nur im Ahrtal, sondern in ganz Deutschland und darüber hinaus in der ganzen Welt.
Es darf nicht sein, dass wirksame Klimaschutzaktivitäten in einer Region erst dann ergriffen werden, wenn die Klimakatastrophe diese Region verwüstet hat. Das Vorsorgeprinzip verlangt von allen Menschen heute so aktiv zu werden, dass es nicht weiter immer häufigere und heftigere Katastrophen geben wird.
— Der Autor Hans-Josef Fell saß für die Grünen von 1998 bis 2013 im Deutschen Bundestag. Der Energieexperte war im Jahr 2000 Mitautor des EEG. Nun ist er Präsident der Energy Watch Group (EWG). Mehr zu seiner Arbeit finden Sie unter www.hans-josef-fell.de. —
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Aber doch bitte keine Solaranlagen in unsere schöne Landschaft und auf unsere Dächer. Da wird ja dann keine Touristen mehr kommen. Ich kann mir nicht vorstellen, so schönes wäre, dass da alle mitmachen. Aber bei 30 Milliarden Wiederaufbauhilfe kümmern sollte man das auch zwingend vorschreiben. Auch Touristen werden sich an Solar-und Windanlagen gewöhnen müssen, wenn in 50 Jahren da auch noch was wachsen soll. Eine Modellregion wie hier vorgeschlagen, hätte sicherlich grenzüberschreitenden Charakter.
@Herr Fell,
nach der Lektüre Ihres Artikels war ich schon etwas verstört.
Werden im Ahrtal durch die beabsichtigte zukünftige verstärkte Installation von PV die generellen und strukturellen Fehler der Bebauung der letzten 50 Jahre beseitigt?
Ja, Aufbau möglichst mit Alternativen Energieen……jedoch wo sollen die Kapazität an benötigten Planern, Projektentwickler und Firmen für deren Umsetzung etc. herkommen.
Sagen Sie bitte dem Eigentümer einer abgesoffenen und weiterhin stark riechenden Immobilie, dass dieser sich noch ein paar Monate mit einer Widerherstellung seiner Heizung gedulden sollte!
Ein Starkregenereigniss wird sich widerhohlen! Die Klimaveränderung wartet nicht!
Aus meiner Sicht dringende Aganda:
Hochwasserschutz, vor allen Dingen in höher gelegenen, bisher nicht überfluteten Bereichen, Lagen Prio 1
Schutz von auslaufenden Verunreinigungen in Hochwassergebieten; Verbot von Heizöllagerung Prio2
Ausweisung von Verbot von ufernahen Bebauungen Prio3
ETC. Aber solch ein Kalender sollte jetzt nach elichen Wochen nach der Katastrophe von den zuständigen behördlichen Stellen vermittelt werden.
Langfristig 100% Erneuerbare ist bestimmt kein Fehler, wird kurzfristig jedoch wenig helfen.
Hallo Thomas ,
Wenn bei Projekten wie diesem genug bezahlt wird und sehr viele öffentliche Mittel verwendet werden, dann gibt es auch genug Planer und Entwickler und auch genug Monteure, welche solche Arbeiten auch ausführen. Dieses Projekt sollte mit Hochdruck und Geschwindigkeit ausgeführt werden, denn der nächste Winter kommt bestimmt. Es wird von Seiten der Behörden mit Hochdruck gearbeitet und es wurden auch schon verschiedene Gebiete neu ausgewiesen, welche die Bebauung neu beurteilen. Die Häuser die ihre Versorgung durch die Flut verloren haben und wieder aufgebaut oder instand gesetzt werden dürfen, bieten sich für erneuerbare Energien geradezu an. Eine neue Heizung soll mindestens 20 Jahre halten, da sind Übergangslösungen mit fossiler Energie nicht sinnvoll. Speicher und Wechselrichter können ja auch auf dem Dachboden verbaut werden um bei der nächsten Flut nicht beschädigt zu werden zu können. Viele Betroffene wären sicherlich froh gewesen, wenn Sie eine Notstromversorgung von ihrer Solaranlage gehabt hätten. Wer Lösungen intensiv sucht, der findet auch welche. Viele Planer und Entwickler von Solarparks stellen ihre Projekte wegen zu hoher Preise für Material und Arbeit weit zurück, da sie sonst unrentabel arbeiten würden. Wenn man ihnen längere Fristen bei der Einhaltung der EEG-Richtlinien geben würde, dann hätten sie auch Kapazitäten für das Ahrtal frei. Meine Antwort an sie: Es ist alles machbar!
Welche Wissenschaftler haben wo / wie genau in welchen Dokumenten „klar nachgewiesen“ dass der Starkregen eine Folge des Klimawandels war?
Mit Bestimmtheit sagen kann das sicherlich niemand zu 100%. Aber das die Natur die letzten Jahrzehnte massiven Schaden genommen hat, dass müssten selbst sie eingestehen. Insekten- und Artensterben, kaputte Landwirtschaftsflächen, sinkender Grundwasserspiegel und dieses Wasser ist auch noch verseucht. So können wir mit Sicherheit nicht weitermachen. Anhand von langjährigen Statistiken stellt man fest, dass weltweite Katastrophen wesentlich häufiger vorkommen. Jetzt hat es uns auch mal heftig erwischt. Ist das Zufall? Trockenheit über Jahre Waldbrände und jetzt auch noch die Flut. Alles Zufall. Ich glaube sie haben keine Kinder, sonst würden sich so eine Frage nicht stellen.
@W. Ströbele
einfach mal nach Omega Wetterlage suchen und sich die Abhängigkeit der Luftfeuchte von der Temperatur ansehen. Dann wird der Zusammenhang recht deutlich.
Ist das gleiche Thema wie bei einer Krebserkrankung im Zusammenhang zur Nähe eines AKW. Weisen sie nun mal nach, dass ihre Krebserkrankung mit dem AKW in der Nähe zu tun hat!
Diesen Nachweis werden sie nicht zweifeslfrei erbringen können, sondern lediglich statistisch eine erhöhte Wahrscheinlichkeit erbringen können.
Krank wird man komischerweise dennoch.
Lieber Herr Fell, warum soll die Erderwärmung schuld an diesem Hochwasser gewesen sein? Was war mit den ähnlich hohen Hochwassern 1804 und 1910?
Nochmal zurück:
Welcher Anwohner des Ahrtales hat etwas in den zurückliegenden 10 Jahren gegen den erforderlichen Hochwaaserschutz etwas getan?
Unabhängig von der Klimaveränderung hätte sich doch ein Jeder einrichten können????
Warum wurden die deutlichern Signale geflissentlich überhört?
Dass die Tiefdruckgebiete langsamer über Deutschland ziehen und durch den langen Verbleib an einem Ort zum Teil sehr starke Regenmengen in einer Region mit sich bringen ist zumindest für Deutschland noch nicht so lange bekannt. Das Ahrtal war auch Jahrzehnte lang kaum durch Hochwasser betroffen. Landwirtschaft und Häuserbau bis unmittelbar an den Fluss, auch durch zweifelhafte Genehmigungen, haben wesentlich zu dieser Katastrophe beigetragen. Vor Jahrzehnten gab es große Überschwemmungsflächen für die Fließgewässer und die Schäden wurden dadurch viel kleiner gehalten. Jetzt den Bürgern vor Ort die Schuld zu geben finde ich nicht gerechtfertigt.