Gutachten sieht Spielraum für deutlich niedrigere Netzrenditen

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Angesichts der niedrigen Marktzinsen will die Bundesnetzagentur die staatlich festgelegten Garantierenditen für Netzbetreiber bei Neuanlagen ab 2024 von heute 6,91 Prozent auf 4,59 Prozent senken. Doch da ist noch mehr drin, zeigt ein Gutachten von Thomas Wein, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Leuphana Universität Lüneburg: Die Rendite könnte bei Neuanlagen auf 3,79 Prozent reduziert werden – aufgrund des dauerhaft niedrigen Zinsniveaus, der Monopolvorteile der Netzfirmen und des nahezu risikofreien Geschäftsmodells wären Netz-Investitionen auch dann weiterhin ein lohnendes Geschäft. Der von der Bundesnetzagentur anvisierte Wert sollte Obergrenze der Festsetzung sein, heißt es in dem Gutachten.

Bei Altanlagen beträgt die Rendite derzeit 5,12 Prozent. Sie soll nach den Vorstellungen der Bundesnetzagentur auf 3,03 Prozent gesenkt werden. Wein hält dagegen ein Zinsniveau von 2,23 Prozent für möglich.

Auf diese Weise könnten private Stromverbraucher zwischen 2024 und 2028 um insgesamt zwei Milliarden Euro entlastet werden. Das sind 810 Millionen Euro mehr gegenüber der von der Bundesnetzagentur angestrebten Absenkung – was pro Haushalt eine jährliche Ersparnis von insgesamt zwölf Euro bedeutet.

Das Gutachten haben der Ökoenergieversorger Lichtblick und der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) in Auftrag gegeben. „Stromleitungen sind der Goldesel der Energiebranche“, sagt Markus Adam, Director Legal bei Lichtblick. „Die Regulierungsbehörden von Bund und Ländern können und müssen die Traumrenditen der Netz-Monopolisten stärker als geplant senken.“ Denn auch bei einem niedrigeren Renditeniveau blieben die nahezu risikofreien Investitionen in Stromleitungen sehr attraktiv.

Dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft BDEW gehen dagegen schon die Vorschläge der Bundesnetzagentur zu weit. „Diese deutliche Absenkung wäre mit Blick auf den Kapitalmarkt und die steigenden Anforderungen an die Netzbetreiber nicht sachgerecht“, sagt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. „Bei der Vergütung von Netzinvestitionen wäre Deutschland so Schlusslicht in Europa.“ Angesichts der stark steigenden Herausforderungen für die Energienetze, die sich aus der notwendigen beschleunigten Energiewende ergeben, erstaune dieser Vorschlag. Als Beispiel für die Herausforderungen der Netzbetreiber nennt Andreae die Einbindung der Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität sowie die Integration der Photovoltaik und der Windenergie. Auch der politische Beirat der Bundesnetzagentur warnt davor, die Netzrenditen zu stark abzusenken.

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