Der Ausbau der Erneuerbaren kommt in Bayern voran – zumindest bei Photovoltaik, Biomasse und Geothermie. In diesen drei Bereichen sind im ersten Halbjahr deutschlandweit sowohl die meisten Anlagen als auch die größte neu installierte Leistung zu verzeichnen gewesen, wie das Wirtschaftsministerium in München am Donnerstag erklärte. Der Zubau bei der Photovoltaik habe im ersten Halbjahr rund 560 Megawatt höher gelegen als noch im Vorjahreszeitraum. Allerdings bereite die Entwicklung bei Photovoltaik-Dachanlagen zwischen 300 und 750 Kilowatt Leistung im zweiten Quartal Sorgen. Er sei in Bayern nach Auswertung des Marktstammdatenregisters gegenüber dem ersten Quartal um 60 Prozent zurückgegangen.
„Wenn wir Hindernisse für den weiteren Ausbau der Photovoltaik erkennen, müssen wir gegensteuern“, erklärte der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler). Er zielt damit auf die geänderte EEG-Vorschriften für die Photovoltaik-Dachanlagen mit 300 bis 750 Kilowatt Leistung ab. Die Betreiber dieser Anlagen müssen nach dem Auslaufen der Übergangsfrist im EEG 2021 sich seit 1. April 2021 um Zuschläge in Ausschreibungen bemühen, wenn der erzeugte Solarstrom komplett vergütet werden soll. Ohne Zuschlag erhalten die Betreiber nur 50 Prozent der Solarstrommenge vergütet und müssen für einen wirtschaftlichen Betrieb den Rest direkt vor Ort verbrauchen. Mit Stichtag 1. Juni fand die erste Ausschreibungsrunde für die großen Dachanlagen statt. Mitte Juli veröffentlichte die Bundesnetzagentur die Ergebnisse: Insgesamt 114 Gebote mit einem Gesamtleistung von 152 Megawatt erhielten einen Zuschlag. Die Zuschlagswerte lagen zwischen 5,35 und 7,89 Cent pro Kilowattstunde bei einem mengengewichteten Durchschnittspreis bei 6,88 Cent pro Kilowattstunde. Die erfolgreichen Bieter haben nun 12 Monate Zeit, die Photovoltaik-Dachanlagen zu realisieren.
„Für Anlagen, deren Strom nicht selbst verbraucht werden kann, weil betriebsbedingt eine Stromabnahme nicht gegeben ist, bedeutet das eine Ausschreibungspflicht durch die Hintertür“, erklärte Aiwanger. „Wir verlieren durch diese Regelung Dachflächenpotenzial, das wir dringend für die Energiewende und den Klimaschutz benötigen.“ Dies sei auch der Fall, weil viele gewerbliche Anlagen nun auf möglichst hohen Eigenverbrauch ausgelegt würden und die Dachflächen nicht mehr vollständig genutzt würden. Dies zeigten auch die veröffentlichten Daten des Bundesnetzagentur. So sei die Anzahl der Dachanlagen zwischen 300 und 750 Kilowatt Leistung rückläufig. Das Minus liege bei 47 Prozent.
Bayern habe eine solche Entwicklung bereits im Zuge der Novellierung des EEG vorhergesehen und die Anhebung der Ausschreibungspflicht für Dachanlagen auf 750 Kilowatt gefordert. Die Bundesregierung habe dies jedoch nicht umgesetzt. „Der Bund muss hier allerdings nun schnellstmöglich handeln und gegensteuern“, forderte Aiwanger erneut. „Für die Akzeptanz in der Bevölkerung und für die Energiewende ist es entscheidend, dass das gegebene Dachpotenzial für die solare Nutzung gehoben wird. Erst dann werden wir die nötige Akzeptanz der Bevölkerung auch für die Freiflächenanlagen vollumfänglich gewinnen.“
Auch der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) hatte nach der Veröffentlichung der Zubauzahlen für Juni auf diese Entwicklung hingewiesen. So ist im ersten Halbjahr die neu installierte Leistung um 22 Prozent auf 2,75 Gigawatt gegenüber dem Vorjahr gewachsen, doch gerade bei der Erschließung der Gewerbedächer sei eine zunehmende Investitionszurückhaltung festzustellen. Deutschlandweit sind demnach im Mai 57 Prozent und im Juni 67 Prozent weniger Photovoltaik-Dachanlagen zwischen 300 und 750 Kilowatt bei der Bundesnetzagentur gemeldet worden als noch in den Vorjahresmonaten. Der BSW-Solar forderte für die Forcierung des Zubaus unmittelbar nach der Bundestagswahl ein Photovoltaik-Beschleunigungsgesetz.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte indes in einer Regierungserklärung kürzlich an, er wolle sich für eine bundesweite Solarpflicht nach der Bundestagswahl in Berlin stark machen. Eigentlich hatte er ein solches Vorhaben für Bayern bereits vor gut einem Jahr angekündigt. Er scheiterte jedoch mit diesen Plänen an seinen Regierungskollegen. Vornehmlich Wirtschaftsminister Aiwanger soll sich dem Vernehmen nach gegen eine verpflichte Vorschrift für die Installation von Dachanlagen bei Neubauten ausgesprochen haben.
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Interessant!…
Zitat: „Deutschlandweit sind demnach im Mai 57 Prozent und im Juni 67 Prozent weniger Photovoltaik-Dachanlagen zwischen 300 und 750 Kilowatt bei der Bundesnetzagentur gemeldet worden als noch in den Vorjahresmonaten. “
Man wundert sich also nun, dass der offensichtlich gewünschte Effekt, den man als Gesetzgeber erreichen wollte, auch tatsächlich eingetreten ist???
Es ist ja nicht so, das man das im Vorfeld nicht bereits kritisiert hätte….
@sirrocool, JAAA – ist das nicht Wahnsinn. WER IST BAYERN? Das GANZE EEG muss neu geschrieben werden UND dann muss nun endlich mal die RED II richtig eingearbeitet werden und nicht nur blablabla.
So ist es. Das ist aber beileibe noch nicht alles.
Das Strommarktdesign gehört gleich mit angepasst.
Das Fraunhofer schreibt ja nicht umsonst seit jahren, dass die EPEX zu einer Residuallastbörse verkommen ist und der Preis den Wert des Stromes nicht mehr abbildet.
Anreize für das Demand Side Management fehlen völlig.
Und jedesmal, wenn sich Söder wieder über den Klee hinweg selber lobt, wie toll er doch die PV im Ländle ausbaut, will ich ihm einen rechten Schwinger mitgeben und ihn mal nach Windstrom im Ländle fragen….und warum er meint, dass der gesamtdeutsche Steuerzahler ihm (Bayern) die Trassen für den Windstrom von der See finanzieren soll?
Das blabla über den mangelnden Wind in Bayern kann ich auch schon nicht mehr hören.
Es wird anders herum ja auch PV in Niedersachsen gebaut, sogar Ost-West Anlagen. Die haben auch keine 1200kWh/kWp, wie in Bayern, sondern nur 800kWh/kWp. Trotzdem kann man die (noch) wirtschaftlich dort bauen und betreiben.
Das wäre auch für WKA möglich, hätte man politisch gewollt den Rahmen nicht mit Absicht so massiv verschlechtert, bzw. mit 10H den Zubau komplett abgewürgt.
Jedem der jetzt nun wieder mit den höchsten Strompreisen in ganz Europa ankommt sei folgende Lektüre empfohlen (Kap. 5.4):
https://www.ise.fraunhofer.de/de/veroeffentlichungen/studien/aktuelle-fakten-zur-photovoltaik-in-deutschland.html
Dann kommt als nächstes immer das Zappelstrom Phänomen…Speicher werden nötig, Überschuss muss aufgenommen werden, Strom werde ja nicht mehr bedarfsgerecht erzeugt….blalbla
Vergessen wird dabei gerne, dass er schon jetzt nicht bedarfsgerecht erzeugt wird. Denn der Stromverbrauch ist ebenso volatil, wie die Erzeugung durch EE! Die fossilen Kraftwerke erzeugen aber 24/7. Warum wurden wohl Pumpspeicher gebaut und Wärmepumpentarife für Nachtstrom erfunden? Hier wurden die nötigen und teuren Anpassungen ohne mit der Wimper zu zucken umgesetzt. Jetzt soll das auf einmal ein Problem sein?
Wem soll die 300 / 700 kWp Regel nutzen?
Wenn die Unternehmer nicht in die Ausschreibung gehen, dann ist diese nicht Attraktiv. Man hat eine depressive Maßnahme verwendet um ans gewünschte Ziel zu kommen und wundert sich jetzt, dass das Gesamtkonzept nicht funktioniert.
Auch unterliegt das Konzept einem anachronistisch Ziel: Leistung zum kleinsten Preis.
Heute brauchen wir die maximale Leistung aus erneuerbaren Quellen zum kleinsten Preis.
Um dieses Ziel zu erreichen weden seit Jahrhunderten Märkte eingesetzt.
Die durchschnittlichen Börsenstrompreise liegen über der EEG Vergütung. Diesen Schwung sollten wir unbedingt nutzen. Jede nicht gebaute kWp verursacht 400 Kg CO2 pro Jahr. In 20 Jahren sind das immerhin 8 Tonnen CO2 für nur ein kWp. Darüber hinaus senkt dieses eine kWp den Strompreis.
Wenn wir die Atomkraftwerke in Deutschland abschalten werden wir es bereuen, in der Vergangenheit nicht mehr in EE investiert zu haben.
An der Disskussion fehlt hier schein bar ein wichtiger Bestandteil:
Der Energiebedarf der BRD ist in Regionen/ sprich der Bundesländer als Bilanzkreis aufzuteilen.
Welches Bundesland hat eine positive Bilanz oder sitz als vermeitlicher „Schmarotzer“mit einer negativen Bilanz mit an der Hochspannungsleitung?
Die Diskussion um erforderliche Investitionen würde sich selbstredend verselbstständigen….
Das würde nicht nur BaWü und Bayern sondern auch andere betreffen.
Ausgewogene Kapazität zwischen PV und Wind wird gefragt sein.
Aber Weiteres wird wohl leider erst nach der Bundestagtwahl zu erwarten sein.
Thomas sagt:
In der Diskussion fehlt hier schein bar ein wichtiger Bestandteil:
Der Energiebedarf der BRD ist in Regionen/ sprich der Bundesländer als Bilanzkreis aufzuteilen.
Welches Bundesland hat eine positive Bilanz oder sitz als vermeitlicher „Schmarotzer“mit einer negativen Bilanz mit an der Hochspannungsleitung?
@ Thomas.
Monetär hat man das ganz schnell gelöst. Als die Versorger der Bilanzkreise mit vielen Windrädern klagten , weil sie mehr Vergütungen zahlen mussten als diejenigen die weniger Windstrom in ihren Bilanzkreisen hatten, wurde das dahingehend geregelt, dass die Vergütungen bundesweit entsprechend dem jeweiligen Versorgungsvolumen in den Bilanzkreisen aufgeteilt wurde. Im Extremfall konnte es passieren, dass ein Versorger EEG Vergütungen bezahlen musste, obwohl in seinem Bilanzkreis nicht eine EEG Erzeugungsanlage einspeiste.