Das Dorf Keyenberg liegt unweit des Braunkohletagebaus Garzweiler und setzt jetzt ein Zeichen für den Strukturwandel: Künftig werde es sich komplett mit Solarstrom versorgen – zumindest bilanziell. Greenpeace Energy hat eng mit der Dorfgemeinschaft kooperiert für den Bau von fünf Photovoltaik-Dachanlagen, wovon zwei am Wochenende offiziell eingeweiht wurden. Sie haben jeweils eine Leistung von zehn Kilowatt. In den kommenden Wochen sollen weitere Photovoltaik-Anlagen mit 11 bis 30 Kilowatt Leistung installiert werden. Die fünf Photovoltaik-Anlagen sollen künftig etwa 75.000 Kilowattstunden Solarstrom produzieren. Dies sei mehr Strom als die 26 Familien im Ort durchschnittlich verbrauchten, hieß es von Greenpeace Energy weiter.
Nach dessen Angaben ist das Dorf vom Abriss bedroht. So habe die Landesregierung RWE erlaubt, das Dorf für den Braunkohleabbau abzubaggern. Die Einwohner stemmten sich dagegen. „Ich lebe seit 40 Jahren in Keyenberg. Die geplante Umsiedlung, der Verlust der Heimat und den durch die Braunkohle verstärkten Klimawandel empfinde ich als mehrfache Ungerechtigkeit“, erklärte Einwohnerin Barbara Ziemann-Oberherr. Dagegen wolle sie sich aktiv wehren, weshalb sie sich an dem Projekt mit Greenpeace Energy beteilige.
In Keyenberg leben aktuell noch 60 Menschen. „Meine Vision ist, den Abriss des Dorfes zu stoppen und Orte wie Keyenberg mit innovativen Dorfentwicklungskonzepten für die Zukunft zu stärken. Das Thema solare Selbstversorgung ist dafür ein entscheidender Baustein“, erklärte Ziemann-Oberherr. Die Projektbeteiligten wollen mit dem 100-Prozent-Solardorf Keyenberg auch ein deutliches Zeichen Richtung Landes- und Bundespolitik senden: Für einen schnelleren Ausstieg aus der Braunkohleverstromung – und für einen konsequenten Ausbau Photovoltaik im Sinne des Klimaschutzes.
„Die klimabedingte Flutkatastrophe zeigt auch hier in der Region: Wir müssen schneller denn je den Ausbau sauberer Energien vorantreiben, statt weiterhin Dörfer für den Tagebau abzureißen, Menschen durch Umsiedlung zu entwurzeln und klimaschädliche Braunkohle zu verfeuern,“, sagt Nils Müller, Vorstand bei Greenpeace Energy. Der Ökoenergieanbieter hat die Photovoltaik-Anlagen in Keyenberg über sein Angebot „Solarstrom plus“ finanziert. Die Kunden zahlten dabei einen zusätzlichen Beitrag, um Photovoltaik-Projekte in deutschen Kohleregionen zu ermöglichen. Bundesweit hat Greenpeace Energy nach eigenen Angaben auf diesem Weg bereits 19 Photovoltaik-Anlagen mit insgesamt 220 Kilowatt realisiert.
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So bedauerlich das ist, dass da immer noch Dörfer abgebaggert werden sollen, um unsere fossile Stromversorgung zu sichern, sollte man doch allmählich mal aufhören sich selber in die Tasche zu lügen, wie einfach das zu vermeiden sei. Hier sind das zwei Selbstlügen:
1. Die „bilanzielle“ Selbstversorgung ist keine. Eine Selbstversorgung funktioniert nur mit Kurz- und Langfrist-Speichern.
2. Der „Stromverbrauch eines Haushalts“ ist ein miserables Maß für unseren Strombedarf. Der deutsche Gesamtstromverbrauch ist viermal höher, als der der Haushalte. Wenn die Menschen also das gute Gefühl haben wollen, „ihren“ Strombedarf selber zu erzeugen, müssen sie ihre Anlagen viermal so groß planen. Was natürlich geht, irgendwann werden wir das haben. Aber dieses Projekt hier ist viel zu klein.
Bei neuen Projekten wird gerne gesagt, der Strombedarf wievieler Haushalte damit befriedigt werden kann. Das können für ein kleines Dorf nur wenige Windräder oder Solaranlagen sein. Tatsächlich müssen die aber – wie gesagt – das vierfache installieren um nur ihren eigenen Bedarf zu befriedigen, und nochmal das gleiche um auch den der verdichteten Städte, die auf ihrer Fläche keine Chance haben auch nur diesen berüchtigten „Haushaltsstrombedarf“ zu erzeugen. Und die Speicher brauchts dann auch noch.
Vieles fängt im Kleinen an, so wie das auch bei der PV mal war. Noch in den 90ern war eine 10kWp-PV-Anlage eine eher größere Investition, und entstanden ist nun ein weltweiter Mega-Trend in der Stromversorgung.
Schauen wir mal, was aus dieser Aktion entsteht…
Sehr geehrter JCW. Kurz und Langzeitspeicher lohnen sich im Wesentlichen dann, wenn genug Wind und Photovoltaikstrom zur Verfügung steht. Dazu muss man erst einmal den Zubau starten. Wer jetzt Photovoltaik installiert kann Nachts den öffentlichen Windstrom nutzen der Nachts für die Industrie in größeren Mengen nicht benötigt wird.
Im übrigen muss der Deutsche Gesamtbedarf nicht allein auf den Dächern der Wohnhäuser erzeugt werden. Es gibt genug Fläche auf gewerblichen Immobilien die erfreulicherweise auch immer mehr genutzt wird.
Für Städte gibt es noch jede Menge Potential vorhandene Fassaden und Dächer zu nutzen.
Optimismus – Ja!
Ehrlichkeit – Ja: Sie dürfen die Intelligenz der Menschen nicht überschätzen. Wenn man diesen Bürgern jetzt sagt: Ihr müsst aber das vier- bis fünffache dieser Anlagen, die ihr schon aufgestellt habt, noch auf eure Felder stellen, dann werden sie plötzlich kratzbürstig und meinen, sie würden doch ihren eigenen Strom schon erzeugen, wenn andere Strom brauchen, sollten sie das bei sich machen.
Genau so funktioniert es aber nicht: Die ländlichen Gemeinden müssen nicht nur ihren eigenen Haushaltsstrom machen, sondern noch den für Städte weit weg und für Industrie und Dienstleistung noch dazu. Man muss den Menschen beibringen, über ihre eigene Nasenspitze (in diesem Fall in Form von Haushaltsstrom) hinauszusehen. Die meisten haben leider nur ihre Graswurzelperspektive. Und darin werden sie durch die Fixierung auf den Haushaltsstrom noch bestärkt.
Selbst intelligentere Menschen lesen: Dieses Windrad erzeugt den Strom für 4000 Haushalte. Dann rechnen sie schnell hoch: 2000 Haushalte gibt es bei uns im Ort, also brauchen wir ein halbes Windrad und das reicht dann. Und genau dieser Schluss ist falsch.
Optimismus ist schön und gut, ich habe ihn auch, aber er schwindet, wenn ich sehe, dass sich viele Menschen darüber täuschen, welche Anstrengung es bedeutet, auf die 100% Erneuerbar zu kommen. Dieses sich in die Tasche lügen ist also kontraproduktiv. Von der hier von einigen propagierten Salamitaktik – erstmal anfangen, später damit herausrücken, das es nicht reicht – halte ich gar nichts.
Oh; @JWC; bislang hatte ich Sie vollkommen anderst eingeschätzt; sorry!
Jetzt leider als harter Realist, der Ross und Reiter benennen will.
Ist es nicht so, in diesem Forum, dass der Blick zur möglichen Realisierung der erneuerbaren Vorrang haben sollte?
Ja wir haben ein Problem mit den Energieverbrauch der Ladenzeilen und auch der Produktionen, die wahrlich nicht unter den Haushaltsstrom fallen..
Ja, ein Ansatz mit dem vierfachen des üblichen Haushaltstromes scheint angemessen; jedoch wo bleibt bei Ihnen die bisherige Aufbruchstimmung?
Oder werden Sie mittlerweile anderweitig versorgt?