„Es geht mit den bestehenden Technologien“, erklärte Studienleiter Professor Hartmut Spliethoff am Ende der Präsentation. Zuvor hatten er und seine Mitarbeiter von der TU München und dem Zentrum für Angewandte Energieforschung ZAE Bayern ihre Ausarbeitung „100 Prozent Erneuerbare Energien für Bayern“ vorgestellt und erläutert: Wie kann die Energieversorgung im Freistaat bis 2040 komplett auf Ökoenergien umgestellt werden?
Der Bund Naturschutz Bayern (BN) hatte das Forscherteam mit der Analyse beauftragt. Auf 72 Seiten sind die Ergebnisse nachzulesen. Laut Spliethoff dürfen die Leser „nicht ein Ergebnis herausnehmen, sondern müssen die Zusammenhänge verstehen“.
BN-Landeschef Richard Mergner ließ es sich nicht nehmen, klarzustellen: „Eigentlich wäre es die Aufgabe vom Ministerpräsident und Wirtschaftsminister, solche Studien erstellen zu lassen.“ Die Verantwortung der Regierung kam im Übrigen auch bei einer Umfrage unter den über 200 Zuhörenden deutlich heraus: 60 Prozent forderten, die Bremse der politischen Rahmenbedingungen zu lösen.
Damit lieferten sie den Studienmachern das Stichwort: Die erwarten nach der kompletten Energiewende bei Strom, Wärme und Verkehr „ein System, das ganz anders aussieht, als heute vorstellbar“. Und zwar mit Strom als dem zentralen Element. Nicht einmal mehr die Solarthermie wird zur Beheizung oder für Warmwasser gebraucht. „Die hat der Optimierer herausgeworfen“, sagte Spliethoff und meinte damit den Algorithmus des genutzten Programms.
Im Basisszenario reicht der aktuelle Ausbauzustand der Übertragungsleitungen aus. Angenommen werden 50 Prozent technisches Einsparpotenzial beim heutigen Stromverbrauch. Um dann die in 20 Jahren benötigte Strommenge für alle drei Sektoren zu produzieren und deren ungleichmäßige Erzeugung zu puffern, seien 36 Gigawatt Wind-, 67 Gigawatt Photovoltaik- Leistung und 105 Gigawattstunden Batteriespeicher notwendig.
Die Frei- und Dachflächen für die Verfünffachung von Photovoltaik seien vorhanden. Doch müsse die windbegrenzende 10H-Abstandsregel aufgehoben werden: Bei einem Mindestabstand von 1400 Metern zu Wohnungen sei genug Flächenpotenzial vorhanden für zwölf Mal mehr Windkraft als aktuell.
Für die Überbrückung der Winter seien Gasturbinen und Kraft-Wärme-Kopplung notwendig. Aber betrieben nicht mit Erdgas, sondern mit Kraftstoff, der durch überschüssigen Sonnenstrom produziert werde. „Wasserstoff-Import ist in der Studie nicht enthalten“, hieß es außerdem.
Im Schlusswort stellte Spliethoff noch zwei Dinge klar: Der von Bayerns Staatsregierung immer wieder genannte synthetische Kraftstoff für Pkw sei keine Lösung. „Dann brauchen wir noch viel mehr Energie. Eine Kilowattstunde im Emobil durch SynFuel ersetzen, bedeutet fünffacher Energieeinsatz.“ Und Spliethoff weiter: „Auf Erfindungen würde ich nicht warten.“ Damit meinte er unter anderem die auch von Zuhörern hochgelobte Kernfusion.
Richard Mergner vom BN zufolge ist nun die Regierung in der Pflicht, die Energiewende in allen drei Sektoren wirklich anzugehen. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz und die bevorstehende Bundestagswahl sah er dabei als optimalen Anschub. (Heinz Wraneschitz)
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Daraus kann man schließen, dass Untätigkeit verfassungswidrig ist!
Strom als das zentrale Element zu bezeichnen, um Bayern 100 Prozent Regenerativ zu machen und die Solarthermie nicht mehr in Studien einzubeziehen ist typisch für viele Experten in unserem Land. Wie aufwändig es ist, den vielen Strom zu erzeugen, den wir zukünftig benötigen, wenn die Sektorenkopplung Wirklichkeit wird, wird dabei nicht erklärt. Woher soll denn der Strom für die vielen leistungsstarken Elektroautos, die vielen Wärmepumpen und vor allem die Energie-intensive Industrie kommen? Experten reden davon, dass wir zukünftig Wasserstoff importieren müssen, um den steigenden Strombedarf zu decken. Sehr schön, dann importieren wir Wasserstoff über eine Südstream-Pipeline durch das Mittelmeer aus Afrika und bauen damit eine weitere Nabelschnur, um uns weiterhin abhängig zu machen, anstatt dafür zu sorgen, uns mit Energiesparen und den Möglichkeiten, die es in unserem Land zur regenerativen Energiegewinnung gibt, unabhängiger zu machen. Wenn wir zukünftig mit Strom heizen und auch mobil sein wollen, dann werden wir Verbraucher weiterhin von ein paar großen Konzernen abhängig sein, die den Markt für die Erzeugung und den Transport zu uns in das Haus beherrschen und mit Lobbyisten die Politik in ihrem Sinn beeinflussen. Da bin ich mir sicher.
In meinem Bestandswohngebäude aus 1973 benötige ich mit zwei Personen 1300 kWh Strom im Jahr als sparsamer Verbraucher. Zum Beheizen meines Gebäudes benötige ich ca. 20000 kWh Energie im Jahr. Mir soll doch mal bitte einer dieser Experten erklären, warum ich mir Strom mit Photovoltaik von meinem Dach in das Haus holen soll und nicht Wärme mit einer Solarthermischen Anlage. Die Wärme, die ich mit meiner Solarthermieanlage erzeuge, verbrauche ich direkt vor Ort. Dazu bedarf es keiner Transporte, ich muss keine Firma gründen oder die Energie versteuern. Ich muss auch keine EEG-Umlage dafür bezahlen. Es muss nichts angemeldet werden und ich muss mich nicht per Smart Grid überwachen lassen. Dieser bürokratische Irrsinn und der Normenwahn in Deutschland haben mich dazu bewogen, nur zwei PV-Module auf mein Dach zu legen (Bürgersolaranlage mit 600 Wp), mit denen ich sehr gut und sehr kostengünstig meinen Strombedarf über den Tag abdecken kann.
Die Solarthermie ist ausgereift und die Anlagen haben ähnlich lange Betriebszeiten wie PV-Anlagen. Wenn man damit nicht nur das Brauchwasser erwärmt, sondern auch die Gebäudeheizung unterstützt, dann ist das eine sehr gute Technologie, um die Energiewende voran zu bringen. Deshalb habe ich 10 qm Solarthermie auf meinem Dach. Die Solarthermie sollte daher unbedingt auch in Studien mit einbezogen werden.
Die Solarthermie wurde doch betrachtet
Nicht einmal mehr die Solarthermie wird zur Beheizung oder für Warmwasser gebraucht. „Die hat der Optimierer herausgeworfen“, sagte Spliethoff und meinte damit den Algorithmus des genutzten Programms.
Bei PV mit Wärmepumpe können die Stromüberschüsse anderweitig genutzt werden. Bei Thermie sind diese leider verloren. Daher ist PV und WP Zukünftig einfach besser.
Und wie der Strom erzeugt werden soll steht doch im Artikel. Da kann ich die Frage nicht recht verstehen.
Es geht ja auch darum zu 100 Prozent erneuerbarer Energie zu gelangen.
Wenn dazu bei einem EFH 10 qm Thermie und 600 W PV genügen würden wäre super. Leider werden Sie wahrscheinlich noch Gas oder Öl zum Heizen benötigen, was in 2050 spätestens nicht mehr der Fall sein sollte.
@Stefan:
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Ihre Aussage „Leider werden Sie wahrscheinlich noch Gas oder Öl zum Heizen benötigen“ ist z. T. leider noch richtig. Die Hälfte meiner Heizenergie kommt noch aus Gas, die andere Hälfte decke ich schon mit einem Pellet-Kaminofen.
Mein oberstes Ziel ist es, wertvollen Strom zu sparen! Strom ist eine Edelenergie und sollte nicht verschwendet werden. Energie zu sparen ist eine der notwendigsten Maßnahmen zur erfolgreichen Realisierung einer Energiewende. Bei den derzeitigen Gesetzen und Normen in Deutschland, sehe ich keinen Sinn darin, auf meinem Dach Strom für Verbraucher zu produzieren, die nicht sparen, weil sie z. B. mit einem halbelektrischen SUV oder einem hochgerüsteten elektrischen Sportwagen mobil sein möchten oder in der kalten Winterzeit komplett mit Strom heizen, weil sie Besitzer einer Luft-Wasser Wärmepumpe sind, die dann nicht mehr heizt, wenn der Unterschied zwischen Außen- und Innentemperatur zu hoch geworden ist. Das alles führt nach meiner Ansicht nicht zu einer erfolgreichen Energiewende. Mit meiner Solarthermie betreibe ich auch meine Waschmaschine und die Spülmaschine, sodass die Geräte möglichst wenig Strom zum Heizen benötigen. Damit kann ich auch im Sommer meinen Warmwasserbedarf mit der Sonne decken und viel Strom sparen.
@Matthias Klep:
Solarthermie ist also sicher keine Verschwendung von Dachfläche sondern, genau wie die Photovoltaik, ein wertvoller Beitrag zur Energiewende.
Ihre Meinung ist bzw. war korrekt in der Anfangszeit der erneuerbaren Energien. Jetzt ist die Photovoltaik preiswert und mit der Windkraft der Weg zur Energiewende. Strom ist jetzt der Weg zur Energiewende und auch in Luft Wasser WP gut verwendet. Die Biomasse Potentiale sind stark beschränkt, Holzpellets für alle sind nicht verfügbar. Die erneuerbare Heizung ist jetzt die Wärmepumpe gespeist aus Windkraft im Winter und Solarenergie im Sommer. Natürlich nicht die Alleinige aber eine Wichtige wenn nicht die Wichtigste.
Das ist das Ergebnis fast aller Scenarien die gerechnet werden.
Solarthermie sehe ich als verschenkte Dachfläche an. Im Winter bringt sie kaum Ertrag, genauso wie die PV. In der Übergangszeit funktioniert es ganz gut und genau dann wenn es „fette Beute“ gibt (im Sommer) wird kaum warmes Wasser und es recht keine Heizung benötigt. Die PV-Anlage kann ihren überschüssen Strom nach der Deckung des Eigenbedarfs immer noch einspeisen und somit verkaufen. Auch vom Wirkungsgrad braucht sich die PV-Anlage nicht verstecken. Eine PV-Modul hat zwar nur 20% Wirkungsgrad, aber dieser Strom via eine Warmwasser-Wärmepumpe mit einem COP von 3-4 erwirtschaftet kaum weniger Wärme als eine Solarthermie-Anlage gleicher Fläche. Kann aber darüber hinaus den Strombedarf im Haus mit decken und / oder eingespeit werden.
So ist es. Auch Installateure sehen das so. Solarthermie krankt an den selben Problemen (Sommer/Winterproblematik) wie Photovoltaik, jedoch lässt sich die Wärme im Sommer nicht speichern. Strom kann einfach vielseitiger eingesetzt werden, wie reine Wärme. Und überschüssiger Strom generiert durch Einspeisung immer ein Einkommen. Im Gegensatz zur Wärme. Der Preisverfall bei PV-Modulen beschleunigt den Trend, weg von Solarthermie. Sogar von Kombiprodukten wird abgeraten.
Gelesen und ich frage mich, was die Studienautoren sich dabei gedacht haben. Die Annahmen (z.B. Halbierung des Energieverbrauches, keine Lebenszyklusanalysen der eingesettzen EE-Technologien) erscheinen sehr fragwürdig und die angenommenen technoökonomischen Parameter (Anhang A Stromsektor auf Seite 64) sind zumindest in Bezug auf die Photovoltaik noch fragwürdiger. Hier möge man bitte nachbessern – sonst gilt der alte Satz der EDV: Shit in – Shit out!
bei einem Haus von 1973 werden sie um Dämmung nicht herumkommen. Ich lese in letzter Zeit immer mehr über Fassaden Fotovoltaik Anlagen haben Sie darüber schon mal nachgedacht? die hat im Winter deutlich bessere Erträge als auf dem Dach und damit können Sie eine Wärmepumpe optimal unterstützen.
In Bezug auf Windkraft kann ich die Studie beurteilen. 2.500 Volllaststunden in Bayern ist unrealistisch. Die jetzigen WEA auf guten Standorten E-101 kommen auf 2.000 Volllaststunden. Man muss von dem P50 Wert gut 25 % abziehen (Verfügbarkeit, Verschattung, Fledermaus, Schall, Schatten etc.)
Brauchen wir 8.000 WEA in Bayern müssen diese auch auf schwachen Standorten gebaut werden. Also 2.000 Volllaststunden in Bayern in der Praxis ist gut.
Inzwischen gibt es Hybridtürme mit 190 Metern von Max Bögl und Anlagen mit 170 Meter Rotordurchmesser. 2500 Volllaststunden sind auch im Süden ohne Probleme möglich. Diese neue Generation an Anlagen wird Windenergie noch einmal deutlich billiger machen.