Studie: Hohe CO2-Bepreisung effektiver für Klimaschutz als EEG-Förderung

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Die Friedrich-Alexander Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg, die Wirtschaftsuniversität (WU) Wien und die Fachhochschule Graubünden haben eine Studie vorgelegt, mit welchen Maßnahmen sich der CO2-Ausstoß in der Stromproduktion am effizientesten senken lässt. Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass eine Verteuerung der CO2-Zertifikate im Emissionshandel aktuell wesentlich effektiver wäre als die Förderung von Photovoltaik, Windkraft und Co. über das EEG. Für ihre Analyse „Effectiveness of Climate Policies: Carbon Pricing vs. Subsidizing Renewables“ haben sie die verschiedenen Steuerungsinstrument zur Senkung der Treibhausgasemissionen in der Stromproduktion in Deutschland und Großbritannien verglichen.

In Deutschland sei die CO2-Bepreisung aktuell noch zu niedrig. So lag die Zertifikatspreise im Europäischen Emissionshandel, an dem sich Deutschland bei der Stromproduktion orientiert, lange Zeit deutlich unter zehn Euro pro Tonne CO2. „Weniger als 10 Euro pro Tonne Kohlendioxid sind schlicht zu wenig, um Emissionen signifikant zu verringern“, sagt Mario Liebensteiner, Professor für Energiemärkte und Energiesystemanalyse am Fachbereich Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der FAU.

Deutschland setzt für die CO2-Minderung auf den Ausbau der erneuerbaren Energien, die über das EEG gefördert werden. Großbritannien wählt dagegen einen anderen Ansatz. „Während Deutschland massiv regenerative Energien subventioniert, haben die Briten eine Kohlendioxid-Steuer für den Strommarkt eingeführt. Damit wurde der effektive CO2-Preis auf über 35 Euro pro Tonne angehoben“, so Liebensteiner weiter.

Für den Ländervergleich haben die Forscher dann die Daten der vergangenen Jahre unter verschiedenen Aspekten ausgewertet. Dazu zählten tägliche CO2-Emissionen aus dem Stromsektor, CO2-Preise, eingespeiste Elektrizität aus erneuerbaren Energien und andere Variablen wie Stromnachfrage, Kohle- und Gaspreise sowie saisonale Effekte. Die Studie kommt dabei der Forschern zufolge zu einem klaren Ergebnis: Während Deutschland seine Emissionen aus dem Stromsektor nur relativ moderat senken konnte, schaffte Großbritannien eine Emissionsminderung von 55 Prozent seit der Einführung der Stromsteuer im Jahre 2013.

Die Unterschiede seien auf zwei zentrale Aspekte zurückzuführen. Bei einer geringen CO2-Bepreisung verdrängen Photovoltaik und Windkraft zuerst die relativ „sauberen“ Gaskraftwerke, während Braun- und Steinkohlekraftwerke am Markt bestehen könnten, heißt es weiter. Erst bei einer sehr hohen Einspeisung der erneuerbaren Energien werde auch der Kohlestrom aus dem Markt gedrängt. In Großbritannien hätte sich dagegen gezeigt, dass eine höhere Besteuerung von CO2-Emissionen dazu führe, dass die Gas- die Kohlekraftwerke zunehmend ersetzten. „Bei der Stromproduktion emittiert Erdgas aber nur zirka halb so viel CO2 wie Kohle“, erklärt Liebensteiner. „Durch einen moderat hohen CO2-Preis wird Kohle unrentabel, und wir sehen einen Sprung in den Emissionen.“

Die Forscher haben auch eine Modellrechnung vorgelegt, um die Kosten der verschiedenen klimapolitischen Ansätze in den beiden Ländern zu kalkulieren. Sie haben dabei ermittelt, wie viel Emissionsminderung die Länder mit einer Milliarde Euro erreichen. „In Deutschland kann man für diese Summe zum niedrigen Zertifikatpreis von acht Euro pro Tonne rund 20 Millionen Tonnen CO2 reduzieren“, erklärt Liebensteiner. „Investiert man das Geld in derzeitige Einspeisevergütungen für Wind- beziehungsweise Solarenergie, kann man den CO2-Ausstoß um gerade einmal fünf Millionen beziehungsweise eine Million Tonnen senken.“ In Großbritannien sei der Effekt ungleich größer: Zu einem moderat hohen CO2-Preis von 36 Euro pro Tonne könnte man mit 1 Milliarde Euro 33 Millionen Tonnen CO2 reduzieren, mittels derzeitiger Einspeisetarife für Windenergie etwa 18,5 Millionen Tonnen.

Als wesentlichen Vorteil sehen die Forscher, dass in Großbritannien ein CO2-Preis marktbasierte Anreize setzt und nicht vorgibt, welche Technologie zum Zuge kommt. In Deutschland hingegen werden erneuerbare Energien über das EEG stark subventioniert. In Verbindung mit einem niedrigen CO2-Preis führe dies dazu, dass vorwiegend zuerst Gas verdrängt wird, während Kohlekraftwerke weiterbetrieben werden. „Unsere Ergebnisse demonstrieren, dass selbst ein moderat hoher CO2-Preis helfen kann, kurzfristig und kostengünstig große Mengen an CO2 zu reduzieren, sofern Gaskraftwerke als Brückentechnologie vorhanden sind“, sagt Liebensteiner. „Langfristig sollte man selbstverständlich auch Gas als fossilen Energieträger durch alternative Energiequellen ersetzen.“ Ihre Ergebnisse haben die Forscher aus Deutschland, Österreich und der Schweiz im Fachmagazin für Umweltökonomie „Journal of Environmental Economics and Mangement“ veröffentlicht.

Die FDP nutzt die Studie, um für einen Systemwechsel zu werben. Die Ergebnisse zeigten, „dass sich die CO2-Emissionen durch einen marktbasierten Preis deutlich stärker reduzieren lassen als durch die bei uns praktizierte Subventionierung erneuerbarer Energien in Form des EEG“, erklärte der energiepolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Martin Neumann Es brauche einen „nachhaltigen CO2-Preis und langfristig verlässliche Emissionsziele“, um die Emissionen im Stromsektor zu senken. „Deshalb fordere ich die Bundesregierung auf, den Emissionshandel als zentrales Steuerungsinstrument anzuerkennen und die Ausweitung auf weitere Sektoren stärker voranzutreiben. Die deutsche Energiewende muss nicht zwingend teuer sein. Die bisher investierten 150 Milliarden Euro sind mehr als genug“, kommentierte Neumann die Studie.

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