Investitionsabkommen zwischen der EU und China eröffnet Produktionsmöglichkeiten, weicht Problemen mit Zwangsarbeit aus

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Europäische Unternehmen, die in Chinas Fertigungssektor Fuß fassen wollen, ohne ihre Rechte an geistigem Eigentum zu verlieren, haben Grund zur Freude über die jüngste Einigung zwischen der EU-Kommission und der Regierung in Peking. Unternehmen, die auf eine Beteiligung am massiv wachsenden Energiesektor hoffen, gehen dagegen leer aus.

Nach sieben langen Jahren haben die Europäische Union und China Ende Dezember endlich die Verhandlungen über ihr umfassendes Investitionsabkommen abgeschlossen. In Brüssel und anderen europäischen Hauptstädten wurde schnell Kritik laut, da behauptet wurde, dass das Abkommen die Zwangsarbeitssituation der Minderheit der muslimischen Uiguren in China nicht angemessen anspricht und dass der letzte Anstoß zum Abschluss auf Druck Deutschlands kam, das seine EU-Ratspräsidentschaft  nutzte.

Der Investitionspakt zielt darauf ab, eine rechtliche Grundlage für europäische Unternehmen zu schaffen, damit diese in China unter gleichen Bedingungen konkurrieren können. Europäische Politiker argumentieren, dass das Abkommen einen noch nie dagewesenen Zugang zum chinesischen Markt ermöglichen werde. Bisher war es für europäische Investoren schwierig, ausländische Direktinvestitionen in bestimmten Branchen in China oder ohne Technologietransfer an einen chinesischen Partner zu tätigen. Selbst in den Branchen, in denen Investitionen generell möglich waren, war der Schutz des geistigen Eigentums unzureichend, ebenso wie die bilateralen Mechanismen zur Streitschlichtung.

Etwa 7 der 140 Milliarden Euro der kumulierten Investitionen europäischer Unternehmen in China, die in den letzten zwei Jahrzehnten angefallen sind, gingen in den Energiesektor. Diese Summe wird sich durch das Abkommen wahrscheinlich nicht erhöhen, da der Energiesektor von dem Abkommen unberührt blieb. Bisher bestehende Rechtsunsicherheiten und mangelnder Investitionsschutz oder diskriminierende Wirtschaftspraktiken bleiben bestehen. Bislang ist Chinas Energiemarkt für ausländische Unternehmen und Investoren weitgehend verschlossen.

Da Chinas Regierung kürzlich zugesagt hat, die Wirtschaft bis 2060 zu dekarbonisieren, wird ein Nachfrageschub für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien erwartet. Außerdem wird erwartet, dass der 14. Fünf-Jahresplan, der noch in diesem Monat veröffentlicht werden soll, ehrgeizige Ziele für erneuerbare Energien und Fahrzeuge ohne Verbrennungsmotor enthalten wird.

In den Sektoren, die von dem Abkommen erfasst sind, werden die europäischen Unternehmen mehr Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit genießen und bei Bedarf Rechtsmittel erhalten, heißt es in der Erklärung. Auch diskriminierende Wirtschaftspraktiken, die europäische Unternehmen daran hindern, in China nennenswert Handel zu treiben, werden mit dem Abkommen unterbunden.

Während direkte Beteiligungen an Chinas aufstrebendem Energiesektor ein riskantes Geschäft bleiben, gehört die verarbeitende Industrie zu den Sektoren, die in das Abkommen einbezogen sind. Mit der Vereinbarung, so behauptet die Europäische Union, wird es für in der Europäische Union ansässige Unternehmen einfacher sein, sich in China niederzulassen und von einem ausdrücklichen Verbot des obligatorischen Technologietransfers zu profitieren. Nach dieser Praxis waren die ausländische Hersteller gezwungen, geschützte Geschäfts- und Produktinformationen zu teilen. Darüber hinaus wird ein verbesserter Zugang zum chinesischen Markt gewährt, indem Firmen ansässig in der Europäischen Union, der gleiche Zugang zu normgebenden Gremien gewährt wird und diese durch eine verbesserte Transparenz der Regeln für regulatorische und administrative Maßnahmen profitieren.

In den letzten 20 Jahren beliefen sich die ausländischen Direktinvestitionen aus der Europäische Union nach China auf kumuliert 140 Milliarden Euro, die chinesischen Direktinvestitionen in die Europäische Union beliefen sich innerhalb des gleichen Zeitraums auf 120 Milliarden Euro. Angesichts der Größe und Finanzkraft der beiden Märkte ist der Umfang der bilateralen Investitionen nach Angaben der Europäische Union nach wie vor gering. Europas Geschäfte in die Vereinigten Staaten erreichten 2019 allein 2,8 Billionen US-Dollar, während die USA im selben Jahr 3,5 Billionen US-Dollar in Europa investierten.

„Das Abkommen ist ein wichtiger Meilenstein in unseren Beziehungen zu China und für unsere wertebasierte Handelsagenda“, sagte die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen. „Es wird europäischen Investoren einen noch nie dagewesenen Zugang zum chinesischen Markt verschaffen und es unseren Unternehmen ermöglichen, zu wachsen und Arbeitsplätze zu schaffen. Außerdem wird es China zu ehrgeizigen Grundsätzen der Nachhaltigkeit, Transparenz und Nichtdiskriminierung verpflichten. Das Abkommen wird unsere wirtschaftlichen Beziehungen zu China neu ausbalancieren“.

Chancen in der Fertigung

In den betroffenen Sektoren werden europäische Unternehmen Sicherheit und Vorhersehbarkeit für ihre Geschäfte gewinnen, da China nicht mehr in der Lage sein wird, den Zugang zum Markt zu verbieten oder neue diskriminierende Praktiken einzuführen. Zu diesen Sektoren gehören die Produktion, die Automobilindustrie, Finanzdienstleistungen, das Gesundheitswesen, Forschung und Entwicklung im Bereich biologischer Ressourcen, Telekommunikation, Computerdienstleistungen, internationaler Seeverkehr, luftverkehrsbezogene Dienstleistungen, Unternehmensdienstleistungen, Umweltdienstleistungen und Bauleistungen.

Das Abkommen deckt auch Chinas umfangreichen Bestand an Staatsbetrieben ab. China hat zugestimmt, dass auf Anfrage Informationen zur Verfügung gestellt werden können, um zu beweisen, dass diese Unternehmen in Übereinstimmung mit dem Abkommen agieren. Streitigkeiten im Rahmen der Vereinbarung werden in einem Streitbeilegungsmechanismus auf staatlicher Ebene gelöst, der von einem Überwachungsmechanismus für die vorprozessuale Problemlösung auf politischer Ebene begleitet wird.

„Dieses Abkommen wird europäischen Unternehmen einen großen Schub auf einem der größten und am schnellsten wachsenden Märkte der Welt geben und ihnen helfen, in China zu operieren und zu konkurrieren“, sagte der Exekutiv-Vizepräsident und Kommissar für Handel, Valdis Drombovskis. „Es verankert auch unsere wertebasierte Handelsagenda mit einem unserer größten Handelspartner. Wir haben verbindliche Zusagen zum Umweltschutz, zum Klimawandel und zur Bekämpfung von Zwangsarbeit gemacht. Wir werden eng mit China zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass alle Verpflichtungen vollständig eingehalten werden.

Uigurische Region

Mehrere Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International, Human Rights Watch und der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen haben der chinesischen Regierung vorgeworfen, Zwangsarbeit gegen die muslimische uigurische Minderheit in der Provinz Xinjiang zu praktizieren.

Diese Angelegenheit verspricht, die Solarbranche in ähnlicher Weise zu beeinflussen, wie es die Textil- und Unterhaltungselektronikindustrie im Laufe des letzten Jahres getan hat. Die Produktion bestimmter Rohmaterialien und Komponenten, die in einer Reihe von Photovoltaik-Produkten verwendet werden, erfolgt in der Provinz Xinjiang.
Angehörige der uigurischen Minderheit werden Berichten zufolge in Arbeitslager innerhalb von Xinjiang, aber auch anderswo, geschickt. Menschenrechtsorganisationen gehen davon aus, dass mehr als eine Million Uiguren in Arbeitslagern festgehalten werden und ihre Kinder angeblich „Umerziehungsprogrammen“ unterworfen werden. Die offizielle chinesische Position zu diesen Vorgängen ist eine Mischung aus Zurückweisung der Tatsachen und der Behauptung, dass „Umerziehungs“-Lager die Notwendigkeit erfüllen, die muslimische Bevölkerung zu de-radikalisieren.

Die Europäischen Kommission behauptet, dass die Regierung Peking im Rahmen seiner Verpflichtungen aus dem Abkommen, auf dem Weg ist, entsprechende internationale Verträge zu ratifizieren, die die Praxis der Zwangsarbeit ausdrücklich verbieten, und dass China die bereits ratifizierten Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation effektiv umsetzen wird. Von den 190 Konventionen hat China 26 ratifiziert, von denen es allerdings sechs rechtlich aufgekündigt, so dass nur 20 in Kraft sind. Ob die Ratifizierung der Konventionen Nummer 122 über Beschäftigungspolitik und Nummer 29 über Zwangsarbeit ein Ende der Arbeitslager bedeuten würde, ist eine andere Frage.

„China verpflichtet sich außerdem, auf die Ratifizierung der noch ausstehenden grundlegenden Übereinkommen der Internationale Arbeitsorganisation hinzuarbeiten und geht spezifische Verpflichtungen in Bezug auf die beiden grundlegenden Übereinkommen der Arbeitsorganisation über Zwangsarbeit ein, die es noch nicht ratifiziert hat“, heißt es in der Ankündigung der Europäischen Union. Sie geht allerdings nicht näher darauf ein, welche spezifischen Verpflichtungen und Maßnahmen China ergreifen wird und was passieren wird, wenn China diese Standards nicht einhält.

Solarindustrie nicht unschuldig

Im März 2020 wurde ein umfangreicher Bericht des australischen Strategic Policy Institute mit dem Titel „Uyghurs for sale – ‚Re-education,‘ forced labor and surveillance beyond Xinjiang“ veröffentlicht. Die Forscher zeichnen ein düsteres Bild der Praxis und listen 83 Unternehmen auf, die ihrer Meinung nach uigurische Zwangsarbeiter auch außerhalb der Provinz Xinjiang durch Zwangsumsiedlungen ausgebeutet haben.

AcBel Polytech Co. Ltd. zum Beispiel produziert DC/DC- und AC/DC-Wandlerstufen, wobei der Hersteller seine Kundenliste nicht offenlegt. Avary Holding Co. Ltd. stellt Leiterplatten her und wurde wegen Zwangsarbeit von 111 Personen bezichtigt. Jinan Gude Electronic Device Co. Ltd. stellt Dioden, Gleichsteller und Halbleiter her – Komponenten, die in Photovoltaik-Wechselrichtern zu finden sind. Ähnlich verhält es sich bei Sichuan Mianyang Jingweida Technology Co. Ltd. und Ningbo Aoboer Electric Appliance Co. Ltd. die Komponenten herstellen, die in der Solarindustrie weiterverwendet werden.

Die australischen Forscher konnten jedoch die Kunden von Hubei Yihong Precision Manufacturing Co. Ltd, einem Zulieferer von Batteriekomponenten, identifizieren. Dazu gehören Unternehmen wie Apple und Cisco, aber auch in der Solarbranche aktive Unternehmen, wie BYD, Toshiba, Kyocera, Huawei, Panasonic und Siemens wurden genannt. Neben den Halbleiter- und Elektrokomponenten ist Xinjiang auch bei den weltweiten Silizium-Produzenten beliebt, die durch die niedrigen Energiepreise in die Region gelockt werden. Tatsächlich beherbergt Xinjiang etwa 40 Prozent der weltweiten Silizium-Produktion.

Das Marktforschungsunternehmen S&P Global Market Intelligence berichtete im Oktober 2020, dass GCL-Poly Energy Holdings Ltd. in seinem „Personal-Lokalisierungsbericht“ offenlegte, dass es 120 Arbeiter aus Minderheiten in der Region beschäftigt. Der Polysilizium-Hersteller reagierte auf die Vorwürfe mit der Aussage, dass seine „uigurischen Mitarbeiter mit besonderen Leistungen versorgt werden, einschließlich Urlaub und Zugang zu einem Halal-Restaurant.“

In ähnlicher Weise verfügt Daqo New Energy Corp., ein weiterer großer chinesischer Silizium-Hersteller, über bedeutende Produktionskapazitäten in Xinjiang. Auf die Untersuchung der Angelegenheit durch S&P Global Market Intelligence und Anfragen zu Daqos Schutzmechanismen, die sicherstellen, dass in seinen Fabriken keine Zwangsarbeit eingesetzt wird, antwortete das Unternehmen: „Die betreffenden Städte/Regionen befinden sich in Süd-Xinjiang.“

Einen Tag nach dem Erscheinen des Berichts von S&P Global Market Intelligence gab Daqo eine Mitteilung heraus, in der das Unternehmen erklärte: „Das Unternehmen möchte klarstellen, dass es unter keinen Umständen den Einsatz von Zwangsarbeit toleriert, weder in seinen eigenen Einrichtungen noch in seiner gesamten Lieferkette. Das Unternehmen überwacht regelmäßig die Einhaltung seiner Richtlinien durch seine Zulieferer und wird sich umgehend mit etwaigen Problemen befassen, falls und wenn sie auftreten.“

Europäische Uneinigkeit

Die mangelnde Leistung der Europäischen Kommission, das Thema effektiver anzugehen, war in den Sitzungen des Europäischen Parlaments deutlich zu spüren. Die Abgeordneten brachten am 19. Dezember 2020 einen gemeinsamen Antrag ein, der von den Fraktionen der Grünen/EFA, S&D, ECR, Renew und EVP unterstützt wurde. „Die Kommission ist bei der Frage der Arbeitnehmerrechte eingeknickt“, sagte der Grünen-Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer und Vorsitzender der Parlamentsdelegation für die Beziehungen zu China. „Es ist lächerlich, das als Erfolg verkaufen zu wollen.“

Bütikofer kritisierte vor allem, dass das Verhandlungsergebnis mit China das Kriterium des Parlaments in Bezug auf Zwangsarbeitspraktiken nicht berücksichtige. Dagegen würden die „oberflächlichen Lippenbekenntnisse“ zur Ratifizierung der Konventionen der Internationale Arbeitsorganisation ohnehin nicht ausreichen; besonders erschreckend sei, so Bütikofer, dass die Kommission nicht auf einem Zeitplan für die Ratifizierung und Umsetzung bestanden habe.

Nicht nur Bütikofer von den Grünen äußerte sich besorgt über das neue Abkommen. Guy Verhofstadt von der Fraktion „Renew Europe“ sprach sich ebenfalls gegen eine verfrühte Unterzeichnung des Abkommens aus, ohne ein Ende der Zwangsarbeitspraxis sicherzustellen. Kritiker des Abkommens sehen darin auch eine verpasste Chance, die vertrauensvolle transatlantische Partnerschaft mit der neuen US-Administration unter dem Präsidenten Joe Biden wieder aufzubauen. Der vom designierten Präsidenten Biden ernannte Nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan streckte die Hand der kommenden Administration nach Brüssel aus und brachte zum Ausdruck, dass die Biden-Harris-Administration großes Interesse daran habe, ein gemeinsames Vorgehen im Umgang mit dem Problem der Zwangsarbeit zu entwickeln.

 

 

Dieser öffentliche Kommentar auf Twitter wurde von der Europäischen Kommission unbeantwortet gelassen.

„Erklären Sie, warum die Europäische Union – die sich gerne als Fahnenträgerin des Multilateralismus bezeichnet – vor drei Wochen sagte, sie wolle sich mit der Biden-Administration gegenüber China abstimmen, und nun versucht, diesen Deal kurz vor Bidens Amtsantritt als Präsident durchzusetzen“, so Bütikofer weiter.

Die EU-Kommission wehrt sich gegen die Kritik und kontert, dass die USA unter der Trump-Administration ein „Phase 1“-Handelsabkommen mit China abgeschlossen haben, ohne sich vorher mit der Europäische Union abzustimmen. Die Position in Brüssel ist, dass das jetzt geschlossene Investitionsabkommen zum Teil als Versuch der Europäische Union gesehen werden kann, gleiche Wettbewerbsbedingungen mit US-Investoren nach dem Abschluss des „Phase 1“-Handelsabkommens sicherzustellen.

Sektion 307 Importverbote

Die USA haben in Bezug auf die angeblichen Arbeitslager der Uiguren Maßnahmen ergriffen. Bereits 2019 brachte der Senator von Florida, Marco Rubio, eine Gesetzgebung mit Maßnahmen ein, die einen gewissen Schutz für chinesische Uiguren bieten sollen. Der sogenannte Uyghur Human Rights Policy Act wurde am 22. September 2020 verabschiedet und gab der chinesischen Regierung Zeit, auf die Vorwürfe mit Transparenz und Berichterstattung zu reagieren. Die im Gesetz vorgesehene Frist von 120 Tagen läuft am 20. Januar 2021 ab.

Nach dem 20. Januar 2021 wird Sektion 307 des Tarifgesetzes auf Waren aus der Provinz Xinjiang Anwendung finden, da ein Teil des Gesetzes den Import von Waren verbietet, die teilweise oder vollständig durch Zwangsarbeit hergestellt wurden. Da 40 Prozent der weltweiten Produktion von Polysilizium für die Solarindustrie in Xinjiang angesiedelt ist, würde ein solches Importverbot die chinesische Photovoltaik-Hersteller erheblich beeinträchtigen.

Der Ton von offizieller Seite in den USA bezüglich der Maßnahmen ist eindeutig: „Das US-State Department hat zusammen mit dem US-Finanzministerium, dem US-Handelsministerium und dem US-Heimatschutzministerium eine Empfehlung für Unternehmen herausgegeben, um sie vor den Risiken von Lieferkettenverbindungen zu Unternehmen zu warnen, die sich an Menschenrechtsverletzungen, einschließlich Zwangsarbeit, in der Uigurischen Autonomie Region Xinjiang (Xinjiang) und anderswo in China beteiligen.“

Es ist erwähnenswert, dass die EU auch ihr rechtliches Instrumentarium erweitert hat, um Menschenrechtsfragen anzugehen. Am 7. Dezember 2020 verabschiedete die Europäischen Union den Ratsbeschluss 2020/1999 und die Verordnung 2020/1998 (EU Global Human Rights sanctions regime), die es der EU zum ersten Mal erlaubt, nicht länderbasierte Sanktionen für Menschenrechtsverletzungen zu verhängen, die irgendwo auf der Welt begangen werden. Dieses neue Regime ist Teil des Aktionsplans zu Menschenrechten und Demokratie (2020-2024), der Europäischen Union. Während diese neue Gesetzgebung zweifelsohne eine Verbesserung darstellt, ist sie auch insofern begrenzt, als dass Sanktionen nicht automatisch greifen und nur durch einstimmige Länderunterstützung im Rat der Europäischen Union verhängt werden können. Eine einzige Stimme gegen solche Sanktionen aufgrund von Zwangsarbeitsvorwürfen würde eine breite Unterstützung für solche Maßnahmen vereiteln. Da die Kommission und der Rat das Abkommen nun im Prinzip besiegelt haben, bleibt diese Sorge bestehen, und der Rat muss noch zeigen, dass er bereit ist, seine neuen rechtlichen Maßnahmen auf diese besondere Situation anzuwenden.

Wie geht es nun weiter?

Die Vereinbarung, die während der Videokonferenz am 30. Dezember 2020 erreicht wurde, ist nicht vollständig und nicht in Stein gemeißelt. Die Europäischen Union und China müssen den Text noch fertigstellen, und auf Seiten der Europäischen Union müssen der Europäische Rat und das Europäische Parlament dem Abkommen zustimmen, wobei auch die Ratifizierung durch die nationalen Parlamente erforderlich ist.

Es ist wahrscheinlich, dass die Uneinigkeiten innerhalb der europäischen Gremien während dieser sekundären Prozesse immer lauter und sichtbarer werden. Ein Großteil des Europäischen Parlaments hat den gemeinsamen Antrag unterstützt, China stärker zur Beendigung der Zwangsarbeit zu drängen, und dem gemeinsamen Antrag sind Einzelanträge der Fraktionen des Parlaments vorausgegangen.

„Der jetzt von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Deal ist kein Deal, solange das Europäische Parlament nicht sagt, dass es ein Deal ist“, sagte Bütikofer. „Die öffentliche Debatte über die Vor- und Nachteile des Verhandlungsergebnisses muss im Vorfeld so breit wie möglich geführt werden.“

In diesem Sinne schließt sich Guy Verhofstadt von der Renew Fraktion des Europäischen Parlaments seinem Kollegen Bütikofer an und äußert Zweifel an der Bereitschaft des Parlaments, das Abkommen zu unterstützen. Auf Twitter erklärte Verhofstadt, dass „das [Europäische Parlament] das China Comprehensive Agreement on Investment niemals ratifizieren werde“. Der Abgeordnete sagte, er brauche Zusagen und Beweise für Verbesserungen der Menschenrechtssituation, unter anderem der uigurischen Bevölkerung.

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