Die bestehende Ungerechtigkeit ist schon oft thematisiert worden, allein geändert hat sich bislang nichts. Auch im vorliegenden EEG-Entwurf wird das Dilemma nicht beseitigt: So ist Photovoltaik-Mieterstrom als Direktlieferung mit 100 Prozent EEG-Umlage belastet, während Eigenverbrauch aus kleinen Photovoltaik-Anlagen komplett befreit ist und bei größeren Anlagen aktuell 40 Prozent EEG-Umlage anfallen. Allein schon vor dem Hintergrund der EU-Erneuerbaren-Richtlinie (RED II), die bis Mitte 2021 in nationales Recht übertragen werden muss, ist dieser Zustand nicht haltbar.
Dort wird ausdrücklich gefordert, dass die EU-Mitgliedsstaaten den Eigenverbrauch aus erneuerbaren Energien fördern und „ungerechtfertigte rechtliche Hemmnisse“ beseitigt werden müssten und durch Anreize ersetzt werden sollten, etwa auch Mietern eine Versorgung mit Solarstrom zu ermöglichen. All dies ist in Deutschland bisher nicht der Fall. Die Verordnung zur Förderung von Photovoltaik-Mieterstrom ist bislang ein wahrer „Rohrkrepierer“ und hat nur wenig dazu beigetragen, die Energiewende in die Städte zu bringen. Dazu ist sie viel zu bürokratisch, komplex und wirtschaftlich zu wenig attraktiv. Zwar sind im EEG-Entwurf einzelne Nachbesserungen beim Photovoltaik-Mieterstrom vorgesehen, doch die Belastung mit 100 Prozent EEG-Umlage wird nicht beseitigt.
Daher hat die HTW Berlin bei der Kanzlei Bredow Valentin Herz für das EU-geförderten Forschungsprojektes „PV2City“ ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Die Anwälte sehen gleich mehrere Realisierungsoptionen, wie die Ungleichbehandlung im EEG ausgeräumt werden kann. Eine Gleichbehandlung wäre dabei auch der Akzeptanz der Energiewende zuträglich, da breite Bevölkerungsschichten auch von Solarstrom profitieren können, was bislang vornehmlich Einfamilienhausbesitzern vorbehalten ist.
In ihrem Rechtsgutachten kommen die Anwälte zu dem Schluss: „Das von der RED II vorgegebene Regel-Ausnahme-Verhältnis hinsichtlich der Umlagenbelastung des Eigenverbrauchs ist also genau anders herum als derzeit im nationalen Recht verankert: Grundsätzlich soll der Eigenverbrauch umlagenfrei sein, lediglich in bestimmten Ausnahmefällen sollen die Mitgliedsstaaten eine Belastung vorsehen dürfen.“ In diesem Zusammenhang fällt etwa als „kann-Bestimmung“ die Grenze von 30 Kilowatt, die jedoch nicht in der EU-Richtlinie explizit vorgeschrieben ist. „Ausnahmebestimmungen sind dabei nach den geltenden allgemeinen Rechtsgrundsätzen grundsätzlich eher eng auszulegen. Zudem wird insgesamt deutlich, dass die EU hier einen stützenden und fördernden Rechtsrahmen ohne übermäßige Belastungen und Anforderungen für kleine dezentrale Eigenversorgungsprojekte aktiver Kunden vorsieht“, heißt es in dem Rechtsgutachten weiter.
Aus den Vorgaben der EU-Richtlinie leiten die Anwälte ab, dass im EEG eine auch deutlich weitergehende Befreiung von Eigenverbrauch von der EEG-Umlage möglich wäre. In der EEG-Novelle soll die Grenze bei Eigenverbrauch ohne Abgaben und Umlagen auf 20 Kilowatt erhöht werden. Die Anwälte schreiben jedoch, dass auch der Begriff der Eigenversorgung deutlich weiter gefasst werden muss. Es sei auch Eigenverbrauch, wenn ein Dritter für den Betrieb der Anlage verantwortlich sei. Zudem müsste der Begreiff des gemeinschaftlichen Eigenverbrauchs in das EEG aufgenommen werden.
„Aus den Vorgaben der RED II geht eindeutig hervor, dass die Mitgliedsstaaten einen gesetzlichen Rahmen schaffen sollen, in dem die dezentrale Versorgung mit Strom aus erneuerbaren Energien gefördert und effektiv ‚vorangebracht‘ wird. Insbesondere die Eigenversorgung soll dabei stark im Vordergrund stehen, etwa durch den im Regelfall vorgesehenen vollständigen Wegfall der EEG-Umlage (und weiterer Abgaben und Entgelte). Die Privilegien der Eigenversorgung sollen dabei nicht nur einzeln handelnden Eigenversorgern im engsten Sinne zu Gute kommen, sondern gerade auch gemeinschaftlich handelnden Akteuren, die bislang nicht hiervon profitieren können“, so ein Fazit in dem Gutachten.
Es werden konkrete Handlungsoptionen vorgeschlagen, wie die EU-Vorgaben im EEG adäquat umgesetzt werden können. So könnte die Definition zur Eigenversorgung ergänzt werden, in dem dort auch Energieversorgungsgemeinschaften subsummiert werden. Alternativ könnte bei der Eigenversorgung auch ergänzt werden, dass der Strom nicht durch ein Netz durchgeleitet wird oder der Verbrauch im räumlichen Zusammenhang der Anlage erfolgen müsse. Im Kern müsse es darum gehen, den derzeitigen Eigenverbrauchsbegriff explizit sowohl auf Gemeinschaften als auch hinsichtlich der räumlichen Zusammenhänge zwischen Erzeugung und Verbrauch auszuweiten. Letztendlich gehe es aber um eine Ausweitung der Regelungen zur Befreiung der EEG-Umlage, weshalb die Reformvorschläge auch im EEG-Ausgleichsmechanismus verankert werden sollten.
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Zitat aus dem Artikel:
„Grundsätzlich soll der Eigenverbrauch umlagenfrei sein, lediglich in bestimmten Ausnahmefällen sollen die Mitgliedsstaaten eine Belastung vorsehen dürfen. In diesem Zusammenhang fällt etwa als „kann-Bestimmung“ die Grenze von 30 Kilowatt, die jedoch nicht in der EU-Richtlinie explizit vorgeschrieben ist.“
Bravo der Kanzlei Bredow Valentin!
Erstmalig bekomme ich das zu lesen, ohne es selber geschrieben zu haben!
Denn die Tugend Nr. 1 sehr sehr vieler Energiewende-Akteure ist (über)große Bescheidenheit. Sie strömten schon über vor Dankbarkeit, dass die Grenze der Abgabenbelastung von 10 auf 30 KWp angehoben wird.
Dass es laut EU-Richtlinie überhaupt keine Abgaben für den Eigenverbrauch geben darf und nur in Ausnahmefällen welche für Anlagen über 30KW, nahmen sie gar nicht wahr. Mit der Penetranz, mit der ich darauf immer wieder hinwies, habe ich mich bestimmt hier und da sogar unbeliebt gemacht.
Sven Giegold hat sich vermutlich auch nicht gefreut, als ich seine Aussage „EU-Recht besagt aber, dass Anlagen bis 30 Kilowatt Leistung von Abgaben ausgenommen sein sollen.“ kommentierte:
„Warum stellen Sie die Sache so dar, als würde die Befreiung von Abgaben nur für Anlagen bis 30 KW gelten? Sollten wir die Möglichkeiten, die die EU-RL enthält, denn nicht ausschöpfen? – Oder haben wir die Einschränkungen, denen die EE seit 2010 zunehmend unterworfen wurden, selber schon so verinnerlicht, dass wir es im vollen Umfang nicht einmal mehr wahrnehmen, wenn ausnahmsweise etwas Positives passiert?“
Danke Christfried für diesen Kommentar!
Dem Dank von @Jannik schließe ich mich mit der Anregung an, dass sich das BBEn für Autonomie regenerativer Energieversorgung einsetzen sollte, damit sie nicht Bestandteil der Von Peter Altmeier propagierten Sozialen Marktwirtschaft bleibt..
Wer glaubt noch, dass der Markt für Strom aus Atomkraftwerken und fossilen Energieträgern sozial ist?