Die Bundesregierung muss in den kommenden Monaten die Vorgaben der EU-Elektrizitätsbinnenmarkt- und -Erneuerbaren-Energien-Richtlinie in deutsches Recht umsetzen. Die eingeleitete EEG-Novelle wäre eigentlich eine gute Gelegenheit, die Vorgaben aus Brüssel zu erfüllen, doch im Entwurf fehlt nahezu jede Spur davon. Der Entwurf „bleibt deutlich hinter den europäischen Vorgaben zurück“, heißt es vom Bundesverband Energiespeicher Systeme (BVES).
Der Verband hat den Umsetzungsbedarf genau analysiert und in einem 19-seitigen Dokument die Vorgaben mit den im EEG-Entwurf geplanten Neuerungen abgeglichen. Ein zentrales Element aus der EU-Erneuerbaren-Richtlinie sind die Vorgaben zu Eigenverbrauch und Energiegemeinschaften. „Bei der rechtlichen Analyse des Referentenentwurfs mussten wir feststellen, dass zentrale Vorgaben der europäischen Richtlinien nicht berücksichtigt wurden“, sagt Rechtsanwalt Florian Valentin aus der Arbeitsgruppe Recht des BVES. „So wurde schlicht ignoriert, dass zukünftig Prosumern und Eigenversorgern bestimmte Rechte zugestanden und Hürden abgebaut werden müssen.“
Die EU-Richtlinie sieht unter anderem einen Anspruch auf Eigenverbrauch vor. Darüber hinaus sollten künftig keine Abgaben und Umlagen auf Eigenverbrauch aus Erneuerbaren-Anlagen bis 30 Kilowatt mehr erhoben werden dürfen. In Deutschland wird der solare Eigenverbrauch aktuell jedoch bereits bei Anlagen ab 10 Kilowatt Leistung mit 40 Prozent EEG-Umlage belastet. Auch Regelungen für gemeinschaftlichen Eigenverbrauch oder Energiegemeinschaften fehlen. Eher im Gegenteil: Es wird das Verbot von Eigenverbrauch bei Ausschreibungsanlagen beibehalten und mit der geplanten Ausweitung der Ausschreibungen für Dachanlagen ab 500 Kilowatt sogar noch ausgedehnt. Auch die Begrifflichkeit des „aktiven Kunden“ oder „Prosumers“ lässt sich weder explizit noch implizit im EEG oder Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) finden, bemängelt der BVES in seiner Analyse.
Doch nicht nur beim Eigenverbrauch bleibt die Bundesregierung weit hinter den EU-Vorgaben zurück, auch in Sachen Smart Meter und Speicher gibt es Handlungsbedarf. Im EEG-Entwurf ist eine Ausweitung der Einbaupflicht für intelligente Messsysteme auf alle Anlagen ab einem Kilowatt Leistung vorgesehen. Bisher sollte der Smart-Meter-Rollout nur für Anlagen ab sieben Kilowatt Leistung gelten. „Die geplante Ausweitung der SMGW-Pflicht beinhaltet zudem keine Maßstäbe zu Verhältnismäßigkeit oder Preisobergrenzen. Hier ist zu erwarten, dass für Kleinanlagenbetreiber unverhältnismäßige Kosten entstehen“, bemängelt der BVES.
Weiterhin ist keine „Definition von Speicherung und Speicheranlagen“ im EEG oder EnWG zu finden, obwohl dies von der EU gefordert wird und mit der Binnenmarktrichtlinie bis zum Jahresanfang 2021 umgesetzt werden müsste. Auch an der de facto bestehenden Doppelbelastung mit Abgaben und Umlagen für Heimspeicher wird mit dem EEG-Entwurf nichts geändert. Derzeit fallen die Zahlungen aufgrund der nicht umsetzbaren Vorgaben des §61 EEG sowohl für eingespeicherten als auch ausgespeicherten Strom an. Dies macht die Nutzung von Speichern für Netzdienstleistungen unattraktiv. Auch Anreize für Flexibilität im Verteilnetz sind im EEG-Entwurf nicht zu finden, wie es vom BVES heißt.
Nach der BVES-Analyse ist selbst die vorgesehene Regelung für die Vergütung von Post-EEG-Anlagen nicht mit den EU-Vorgaben vereinbar. Die Regelung sieht zwar vor, dass der Solarstrom aus den ausgeförderten Anlagen mit dem Marktwert Solar abzüglich einer Vermarktungsgebühr von 0,4 Cent pro Kilowattstunde vergütet wird. Das soll aber wiederum nur dann gelten, wenn der gesamte Solarstrom ins Netz eingespeist oder ein intelligentes Messsystem genutzt wird, was bei Kleinanlagen unverhältnismäßige Kosten mit sich bringen würde. Die Erneuerbaren-Richtlinie der EU sieht vor, dass der Strom mindestens mit dem Marktwert Solar vergütet werden muss, dies trifft dann allerdings nur auf die Einspeisevergütung für neue und noch geförderte Dachanlagen zu.
Das Fazit von Rechtsanwalt Florian Valentin zu den ganzen fehlenden Umsetzungen der europarechtlichen Vorgaben ist daher auch eindeutig: „Ändert sich hieran im Gesetzgebungsverfahren nichts, kann Deutschland nach Ablauf der Umsetzungsfristen in gleich mehreren Punkten eine Vertragsverletzung vorgeworfen werden.“ Auch BVES-Hauptgeschäftsführer Urban Windelen zeigt sich vom Referentenentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums mehr als enttäuscht. „Bei der Analyse in unseren Fachgruppen hat uns dann doch die Chuzpe des Ministeriums überrascht, gerade in Zeiten der EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands ein Gesetz vorzulegen, das die EU-Vorgaben insbesondere für Energiespeicher so offensichtlich ignoriert.“
Zehn Punkte
Der Verband benennt in seiner Analyse daher auch zehn Punkte, die mit dem EEG-Entwurf dringend umgesetzt werden müssen, darunter die vollständige Beseitigung der Doppelbelastung für gespeicherten Strom in der Praxis sowie die Erhöhung der Bagatellgrenze bei Eigenverbrauch aus Neu- und Bestandsanlagen auf 30 Kilowatt Leistung. Zudem seien Vereinfachungen bei den bürokratischen Vorgaben für Prosumer notwendig sowie ein Verzicht auf Fernsteuerungs-Hardware unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit. Nach Ansicht des BVES müsse der Zugang der Kunden zu ihren Grünstromzertifikaten günstiger werden. Für Speicher gelte es zudem das Ausschließlichkeitsprinzip zu modifizieren, um sie für verschiedene Dienstleistungen nutzen zu können ohne einen Verlust des Grünstrom-Anspruchs.
Auch beim Smart-Meter-Rollout fordert der Verband, die Verhältnismäßigkeit zu wahren. Eigenverbrauch und Speichernutzung sollten bei den geplanten Ausschreibungen für Dachanlagen größer 100 Kilowatt Leistung zulässig sein und auch gemeinschaftlicher Eigenverbrauch müsse entsprechend der EU-Vorgaben umgesetzt werden. Der zehnte Punkt auf der Liste des BVES ist die Forderung, dass Photovoltaik-Anlagen mit Speicher bis jeweils 10,8 Kilowatt ebenfalls das Recht auf einen schnellen Netzzugang zustehen muss, wenn der Netzbetreiber auf das Anschlussbegehren binnen Monatsfrist nicht reagiert.
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Die Zeiten scheinen vorbei wo Lobbyisten gerade machen konnten was sie wollten.
Zu weit ist die Energiewende schon in verschiedenen Bereichen angekommen, die der Politik nahe legen wo die lobbyistischen Taschenspielertricks versteckt sind.
„Die Zeiten scheinen vorbei wo Lobbyisten gerade machen konnten was sie wollten.“
Müsste das nicht heißen: … schienen vorbei…?
Hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) nicht gerade vor ein paar Tagen mit seinen Vorschlägen das Gegenteil von dem suggeriert, als das, was er jetzt in Gesetzestext gegossen abliefert? Oder hat er nur wieder nach altbekanntem Muster gehandelt?
*Nebelkerzen *auslegen-falscher-Fährten
https://www.pv-magazine.de/2020/09/11/altmaier-will-historischen-kompromiss-zwischen-klima-und-wirtschaft/
Wie zu erwarten war, haben sich Altmaier’s Sonntagsreden nicht im Handeln seines Ministeriums niedergeschlagen. Wie denn auch, sein Vorstoß war ja nach eigenem Bekunden mit niemandem abgestimmt. Offensichtlich sollen wohlfeile Reden nur dazu dienen, seinen Gegnern in der öffentlichen Diskussion den Wind aus den Segeln zu nehmen, ohne dass sich in der Sache etwas an der katastrophalen Fehlausrichtung ändern würde.
Zitat aus dem Artikel:
„Der Verband benennt in seiner Analyse daher auch zehn Punkte, die mit dem EEG-Entwurf dringend umgesetzt werden müssen, darunter … die Erhöhung der Bagatellgrenze bei Eigenverbrauch aus Neu- und Bestandsanlagen auf 30 Kilowatt Leistung.“
Warum von unserer Seite immer diese Selbstbeschränkung?
Im Art. 21 (2) der EU-Richtlinie steht:
„Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Eigenversorger im Bereich erneuerbare Elektrizität individuell oder über Aggregatoren berechtigt sind, erneuerbare Energie einschließlich für die Eigenversorgung zu erzeugen und die Überschussproduktion von erneuerbarer Elektrizität zu speichern und … zu verkaufen…. OHNE DASS … die eigenerzeugte Elektrizität aus erneuerbaren Quellen, die an Ort und Stelle verbleibt, diskriminierenden oder unverhältnismäßigen Verfahren und JEGLICHEN ABGABEN, UMLAGEN ODER GEBÜHREN UNTERWORFEN IST“
Unter (3) kommt dann die Einschränkung auf die 30 KW:
„Die Mitgliedstaaten können Eigenversorgern im Bereich erneuerbare Elektrizität für die an Ort und Stelle verbleibende eigenerzeugte erneuerbare Elektrizität nichtdiskriminierende und verhältnismäßige Umlagen, Abgaben und Gebühren in einem oder mehrerer der folgenden Fälle auferlegen, … wenn die eigenerzeugte erneuerbare Elektrizität in Anlagen mit einer INSTALLIERTEN GESAMTSTROMERZEUGUNGSKAPAZITÄT VON ÜBER 30 KW produziert wird.“
Doch dies ist eine „KANN-MÖGLICHKEIT“. Die Grundaussage lautet:KEINERLEI ABGABEN!!!
Wieso stimmen wir selber der Einschränkung zu – welche obendrein gar keine Zustimmung benötigt, da sie als Mindestlösung zwingend vorgeschrieben ist? Wieso kämpfen wir nicht für die Realisierung der Grundaussage?
Diese – mitunter geradezu masochistisch anmutenden – Selbstbeschränkungen kennzeichnen das Auftreten der Energiewende-Akteure seit ca. 2010 und haben mit dazu beigetragen, dass die heutige Lage so desaströs ist, wie ist.
Christfried Lenz sagt:
Diese – mitunter geradezu masochistisch anmutenden – Selbstbeschränkungen kennzeichnen das Auftreten der Energiewende-Akteure seit ca. 2010 und haben mit dazu beigetragen, dass die heutige Lage so desaströs ist, wie ist.
@ Christfried Lenz.
Genau das frage ich mich ständig hier.
Wenn ich lese wie demütig hier selbst von der Energiewende wohlgesonnen Leuten diskutiert wird, kann ich nur den Kopf schütteln. Sinn und Zweck der Energiewende bleiben da voll und ganz auf der Strecke.
Im folgenden Thread habe ich dazu kommentiert.
https://www.pv-magazine.de/2020/08/21/cdu-csu-klimakreis-will-mutige-eeg-novelle/
Zitat:… Und warum sollen die Ü20 Anlagenbetreiber — die Pioniere der Energiewende — anders behandelt werden wie konventionelle Kraftwerke, und nur die Erzeugungskosten vergütet bekommen. Die Konventionellen machen doch auch erst das Große Geld wenn sie abgeschrieben sind.
Also Leute, nicht so ehrfürchtig, wir wollen die Energie „Wende“, und nicht billigen und sauberen Strom erzeugen, damit das alte System dadurch erhalten b leibt, und zu dem damit so gar Gewinne optimieren kann.
Ich verstehe ja, dass hier aus Sicht der PV berichtet wird. Allerdings wäre es schön wenn die Fakten nicht vollständig ignoriert werden. Auch ich würde mich freuen wenn die eeg Umlage auf EV wegfällt aber so wie geschrieben steht es leider nicht ganz im Text aus Brüssel.
Chris sagt.
Auch ich würde mich freuen wenn die eeg Umlage auf EV wegfällt aber so wie geschrieben steht es leider nicht ganz im Text aus Brüssel.
@ Chris:
Wie würden Sie das Folgenden deuten, in der Richtlinie 68 ??
https://www.clearingstelle-eeg-kwkg.de/sites/default/files/Richtlinie%20EU%202018.2001.pdf
Zitat:…Eigenversorger im Bereich erneuerbare Elektrizität sollten keine diskriminierenden oder unverhältnismäßigen Lasten und Kosten zu tragen haben, und ihnen sollten keine ungerechtfertigten Umlagen und Abgaben auferlegt werden.