Verbraucherzentrale NRW: Vergleichbarkeit von Photovoltaik-Pachtmodellen wird schwerer

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Wie haben sich die Photovoltaik-Pachtmodelle der Stadtwerke seit Ihrer Untersuchung Ende 2017 entwickelt?
Thomas Wennmacher (Foto): Bei den betrachteten Unternehmen haben wir Bewegung vor allem bei den Annahmen zum Eigenverbrauch festgestellt. Wir waren damals der Auffassung, dass die Eigenverbrauchsanteile von acht Energieversorgungsunternehmen, die mit einem bestimmten White-Label-Dienstleister kooperierten, klar zu hoch ausfielen. Zwei dieser Unternehmen haben ihre bisherige Berechnungsgrundlage geändert. Wir begrüßen die vollzogene Änderung bei Stawag Stadtwerke Aachen AG und Stadtwerke Troisdorf. Wohl getreu dem Motto never change a winning team haben zwei Energievorger, die ganz vorne abgeschnitten haben, ebenso wenig reagiert wie noch drei andere. Ein weiteres Stadtwerk hat den Online-Konfigurator von der Unternehmens-Website entfernt und weist auf die Möglichkeit der telefonischen Kontaktaufnahme hin.

Waren Ihre Annahmen damals nicht auch sehr pessimistisch?
Sie waren konservativ realistisch. Und Fakt ist: Wenn sich die Pachthöhe nicht über Eigenverbrauch und Einspeisevergütung bezahlt macht, zahlen Verbraucher über die Vertragslaufzeit drauf. Das muss zumindest klar werden. Denn viele Interessenten wollen zwar als Prosumer aktiver Teil der Energiewende werden, aber nicht um den Preis, für ihre Stromversorgung künftig insgesamt mehr ausgeben zu müssen.

Ist denn nur die Wirtschaftlichkeit allein ausschlaggebend?
Selbstverständlich nicht – es sind allerdings häufig die Anbieter selbst, die eine vermeintliche Wirtschaftlichkeit adressieren. Natürlich gibt es weitere Motive wie die Absicherung gegen steigende Strompreise, der Klimaschutz, die Nutzung selbst erzeugter Energie und Technikinteresse. Zunehmend fragt sich der Einzelne, welchen Beitrag er ganz persönlich zur Energiewende leisten kann. Hierüber verschieben sich Präferenzen, selbst Zahlungsbereitschaften können sich erhöhen. Möglicherweise akzeptieren Einzelne so über die Vertragslaufzeit auch geringfügige monatliche Mehrausgaben gegenüber der bisherigen Stromversorgung. Unsere Rolle liegt darin, die Ratsuchenden zu informieren und zu befähigen, ein – praktisch nie auf den ersten Blick einschätzbares – Photovoltaik-Pachtangebot zu verstehen und auch finanziell richtig einzuordnen. Welchen Stellenwert die Wirtschaftlichkeit für jeden Einzelnen persönlich hat, muss er letztlich natürlich selbst entscheiden.

Welche weiteren Reaktionen gab es auf ihre Untersuchung?
Das Schlusslicht der Studie sah sich falsch dargestellt und bietet nun ein in preislicher Hinsicht durchaus interessantes Pachtangebot an. Es kam auch vor, dass uns neue Player ansprachen, wie sie ihr Pachtprodukt aufsetzen sollen. Das ist aber nicht unsere Rolle. Hier halten wir uns zurück und geben allenfalls Hinweise, wo aus Sicht des Verbraucherschutzes der Schuh zu drücken beginnt.

Was tut sich aktuell auf dem Markt?
Die Vergleichbarkeit von Pachtangeboten untereinander wird schwerer – und das genaue Hinsehen vor der Pachtentscheidung damit noch wichtiger. Denn der bunter werdende Strauß an Möglichkeiten erleichtert es Anbietern, einem entstehenden direkten Preiswettbewerb aus dem Weg zu gehen. Das Spektrum reicht vom Rundum-Sorglos-Paket über abgespeckte Light-Versionen bis hin zur bloßen Finanzierung. Ein preislich ohnehin wenig attraktives Light-Paket ist mitunter nichts Halbes und nichts Ganzes. Insbesondere, wenn weder Reparaturkosten noch Ersatzinvestitionen enthalten sind, sondern vom Pächter extra kalkuliert werden müssen. Wenn bei solchen Angeboten nach zehn Jahren eine Kaufoption besteht, liegt nahe, dass dies der einzige Weg ist, um überhaupt eine Wirtschaftlichkeit darzustellen – selbst auf Sicht von 25 Jahren. Die Kaufoption ist damit quasi die Exit-Strategie aus der überteuerten Pachtentscheidung.

Was ist von Angeboten zu halten, bei denen zur Photovoltaik-Anlage auch ein Batteriespeicher gepachtet wird?
In finanzieller Hinsicht praktisch nichts. Das legen die seriösen Angebote mancher Anbieter auch klar offen. Bei anderen Angeboten erkennen wir Berechnungen unter teils fragwürdigen Annahmen  und nehmen wahr, dass Vorteile suggeriert werden, die so nie eintreten werden. Uns sind zum Beispiel Angebote bekannt, für die in der Variante mit Speicher ein höherer wirtschaftlicher Vorteil entstehen soll als in der Variante ohne Speicher. Gerechnet wird dabei über 25 oder 30 Jahre mit dem Autarkiegrad, den der Speicher ermöglicht. Der Pachtvertrag aber endet ja nach spätestens 18 oder 20 Jahren, oder schon beim Ziehen einer Kaufoption nach zehn Jahren. Dann fehlt bei Weiterbetrieb in der Berechnung der Ansatz von mindestens ein oder zwei Ersatzinvestitionen für den Speicher, da dieser bei weitem keine 25 Jahre halten wird. Dass diese Ersatzinvestition beim Verbraucher hängen bleibt und zusätzlich einzukalkulieren ist, erfährt man aber allenfalls im Kleingedruckten – oder auch gar nicht.

Also beim Pachten einer Photovoltaik-Anlage lieber keinen Speicher dazu nehmen?
Richtig. Das schützt in einigen Fällen vor bösen Überraschungen beim Abgleich der späteren tatsächlichen Ist-Werte mit den Planzahlen in den Wirtschaftlichkeitsberechnungen. Wer unbedingt einen Speicher haben möchte, kauft diesen meist besser. Und achtet darauf, dass dieser nicht zu groß dimensioniert wird. Manche Stadtwerke-Angebote sehen die Möglichkeit des Kaufs übrigens auch genauso vor. Trotzdem müssen auch diese Kunden im Auge behalten: Ein Batteriespeicher verschlechtert bei Lebensdauern von 10 bis 15 Jahren unter den heutigen Bedingungen die Wirtschaftlichkeit einer Photovoltaik-Anlage auf dem Eigenheim in aller Regel. Wer sich dafür entscheidet, verzichtet also auf einzelwirtschaftliche Vorteile. Auf längere Sicht aber werden Batteriespeicher eine immer wichtigere Rolle bei der Erbringung von Systemdienstleistungen spielen und eine preiswerte Flexibilitätsoption sein. Am Ende des eingeläuteten Transformationsprozesses können so Nutzenvorteile für Volkswirtschaft und Klima stehen – Speicherbetreiber gehen also bei einer wichtigen Entwicklung voran.

Haben Sie das Thema Photovoltaik-Pachtmodelle weiterhin kritisch im Blick?
Ja. Was uns dabei besonders ärgert, ist die häufig verkürzte Kundenansprache zur Wirtschaftlichkeit. Da heißt es, dass sich sofort Stromkosten sparen lassen oder es ist allgemein von einer Kostenreduzierung die Rede. Die Summe aus eigenverbrauchsbedingten Einsparungen und EEG-Vergütungen wird dann als Gesamtvorteil dargestellt. Das ist aber falsch. Denn zur ganzen Wahrheit gehört natürlich, dass dieser Summe die zu zahlende Pacht gegenüber gestellt werden muss. Nur so lässt sich beurteilen, ob das Pachten eine wirtschaftlich sinnvolle Entscheidung ist.

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