Erobern jetzt bifaziale Module den Markt?

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Bifaziale Module sind schwer im Kommen – diesen Eindruck erhält man zumindest, wenn man den Herstellern von Produkten mit Zellen, die sowohl eine aktive Vorder- als auch eine aktive Rückseite zur Energieerzeugung besitzen, Glauben schenkt. Auf der intersolar Europe 2019, der diesjährigen Leitmesse für Photovoltaik in München, waren an fast jedem Stand eines größeren Modulherstellers entsprechende Ausstellungsstücke zu finden. Man überbietet sich seitdem mit den Leistungen, die allein die Frontseite unter optimalen Bedingungen abzugeben vermag und addiert jeweils einen Wert von bis zu 30 Prozent für die Rückseite hinzu. Zu den beispielsweise 425 Watt der Vorderseite kommen also noch bis zu 140 Watt von der Rückseite dazu, so dass entsprechende Module der Hersteller Longi Solar oder Trina Solar deutlich mehr als 500 Watt zu leisten versprechen, ideal also für eine effiziente Energieerzeugung auf begrenzter Fläche – so zumindest die Theorie.

Die Realität sieht allerdings nicht ganz so verheißungsvoll aus. Die Nachfrage und damit die tatsächliche Verbreitung dieser Modultechnologie halten sich zumindest in Mitteleuropa noch sehr in Grenzen. Dennoch gibt es bei Händlern und Herstellern aktuell immer mehr Produkte, die kurzfristig verfügbar und zumindest in kleineren bis mittleren Mengen käuflich zu erwerben sind. Das zunehmende Angebot hat mich Anfang des Jahres dazu bewogen, bifaziale Module in die Betrachtung und nun auch in den Preisindex aufzunehmen. Hierbei ist zu beachten, dass Art und Ausführung der analysierten Produkte sehr unterschiedlich sein können. Neben rahmenlosen oder gerahmten Glas-Glas-Modulen werden von einigen Herstellern auch Glas-Folien-Module angeboten, so dass die Herstellungskosten und damit auch der Abgabepreis sehr unterschiedlich ausfallen. Die Spanne der Großhandelspreise geht hier von 32 Eurocent für bifaziale Module des Herstellers JA Solar bis über 60 Cent pro Watt für Produkte von LG Electronics. Wie bei allen Preispunkten wird hier der Durchschnitt über alle Marken und Handelsstufen gebildet.

Insgesamt sind die Preise im vergangenen Monat über alle Technologien weitestgehend stabil geblieben. Nur bei Mainstream-Modulen hat sich der Abwärtstrend fortgesetzt. Zum Quartalsende waren die Lager einiger Anbieter wegen der unerwartet langsam anziehenden Nachfrage im Frühherbst, sowohl in Asien als auch in Europa, gut gefüllt. So wurden größere Bestände kurzfristig zu Sonderpreisen auf den Markt geworfen, was wiederum die Konkurrenz unter Druck setzte. Die Modulbestände konnten durch die bis zu 15 Prozent ermäßigten Abgabepreise mehrheitlich jedoch schnell abgebaut werden, so dass im Oktober wieder mit höheren Materialkosten gerechnet werden muss, so wie von einigen Modulproduzenten bereits angekündigt. Die Lagerräumungsaktion betraf im Wesentlichen auch nur Module der unteren Leistungsklassen jeder Sparte.

Doch zurück zu den bifazialen Modulen: die Nachfrage ist hier vor allem deswegen noch recht dürftig, da hier Erfahrungen mit dieser Technologie und daher die konkreten Anwendungsgebiete fehlen. Die Fachwelt hat sich immer noch auf keine genormten Daten und Prüfverfahren einigen können, so dass Planer sich im Wesentlichen nur auf Herstellerprognosen zur möglichen Mehrleistung unter bestimmten Bedingungen stützen können. Nach zertifizierten Prüfverfahren kann nur die Frontseitenleistung gemessen und angegeben werden, auch wenn neue Verfahren bei vielen Testinstituten seit längerem in Entwicklung sind. Auch beherrschen bisher nur wenige Simulationsprogramme bereits diese Technik und haben entsprechende Produkte in ihrer Datenbank. Darüber hinaus haben korrekt ermittelte Umgebungsdaten großen Einfluss auf das Simulationsergebnis. Manche größere EPC bauen daher erst einmal kleinere Testanlagen auf, um die notwendigen Parameter im Vergleich mit konventionellen Installationen bestimmen und dann zuverlässiger kalkulieren zu können.

So ist eine echte Vergleichbarkeit auch zwischen den unterschiedlich ausgeführten Produkten nicht gegeben, die tatsächliche Wirtschaftlichkeit der bifazialen Projekte noch fraglich. Zwar liegen die Preisunterschiede nur noch bei etwa 10 bis 30 Prozent gegenüber vergleichbaren monofazialen Standardmodulen (High Efficiency), der Ertragsgewinn auf Basis empirisch ermittelter Daten aus den bestehenden Testanlagen aber oft auch nur bei maximal 10 Prozent, zumindest wenn es sich um eine einfach aufgeständerte Dachanlage handelt, bei der ansonsten keine besonderen Maßnahmen, die zwangsläufig zu einer weiteren Kostenerhöhung führen würden, ergriffen wurden. Steigern ließe sich der Mehrertrag nur durch Optimierung der Trägerkonstruktion, so dass die Modulrückseiten komplett frei von Verschattung sind, sowie der Beschaffenheit des Untergrunds durch Erhöhung der Reflektivität.

Wesentlich stärker nachgefragt sind bifaziale Produkte allerdings schon jetzt in manchen Regionen des Mittleren Ostens, sowie in Asien – nämlich überall da, wo große Freiflächenanlagen in wüstenähnlichen Regionen gebaut werden. Insbesondere bei nachgeführten Anlagen können die Module nämlich alle ihre Vorteile ausspielen. Auch die Vereinigten Staaten sind ein interessanter Markt, denn bifaziale Solarmodule sind von den existierenden Strafzöllen ausgenommen. Nur bei uns in Mitteleuropa wird es wohl noch etwas dauern, bis sich die zweiseitigen Module durchgesetzt haben werden. Insbesondere bei kleinen bis mittleren Dachanlagen, die zunehmend zwar mit hocheffizienten Modulen ausgeführt werden, spielen bifaziale Module aktuell jedoch noch keine Rolle.

— Der Autor Martin Schachinger ist studierter Elektroingenieur und seit über 20 Jahren im Bereich Photovoltaik und regenerative Energien aktiv. 2004 machte er sich selbständig und gründete die international bekannte Online-Handelsplattform pvXchange.com, über die Großhändler, Installateure und Servicefirmen neben Standardkomponenten auch Solarmodule und –wechselrichter beziehen können, welche nicht mehr hergestellt werden, aber für die Instandsetzung defekter Photovoltaik-Anlagen dringend benötigt werden. —

Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com.

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