Kohle-Kommission kann endlich die Arbeit aufnehmen

Regierungssitz Berlin

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Das Bundeskabinett hat am Mittwoch die Einsetzung der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung (WSB)“ beschlossen. Das auch als Kohle-Kommission bezeichnete Gremium soll bis Dezember 2018 einen Kohleausstiegspfad erarbeiten, mit dem die kurz-, mittel- und langfristigen Klimaschutzziele erreicht werden können. Zudem soll die Kommission Vorschläge für eine Strukturentwicklung in den betroffenen Regionen entwickeln, mit denen Wachstum und Beschäftigung gestärkt werden sollen – Ende Oktober 2018 sollen bereits konkrete Maßnahmen vorliegen. Die Kommission besteht laut Bundesumweltministerium aus insgesamt 28 stimmberechtigten Mitgliedern unter anderem aus Umweltverbänden, Gewerkschaften, Wirtschafts- und Energieverbänden, den betroffenen Regionen sowie der Wissenschaft. Den Vorsitz übernehmen Barbara Praetorius, Ronald Pofalla, Matthias Platzeck und Stanislaw Tillich.

Die Energieintensiven Industrien in Deutschland (EID) erwarten von der Kommission, die Kosten für einen Kohleausstieg in Deutschland so weit wie möglich zu minimieren und gleichzeitig die Versorgungssicherheit zu wahren. Für EID-Sprecher Utz Tillmann ist es unverständlich, dass die EID-Branchen Baustoffe, Chemie, Glas, Papier, NE-Metalle und Stahl mit 880.000 Mitarbeitern keinen Platz in der Kommission erhalten werden, obwohl die Branchen für ein Viertel des deutschen Strombedarfs stehen. Tillmann: „Union und SPD haben im Koalitionsvertrag zugesagt, die Wettbewerbsfähigkeit der energieintensiven Industrie zu wahren. Dies muss sich auch in den Maßnahmen widerspiegeln, die die Strukturwandelkommission entwickelt.“ Schon heute würden deutsche Unternehmen im internationalen Wettbewerb trotz Entlastungsregeln mit die höchsten Strompreise weltweit zahlten.

„Von der heute eingesetzten Kohlekommission erwarten wir einen Kohleausstiegsplan, der dem Klimaziel für 2020 ebenso Rechnung trägt wie den Zielen für 2030 und des Paris-Klimaabkommens 2050“, sagt BEE-Präsidentin Simone Peter. Es gehe um einen geordneten, sozial verträglichen und gesellschaftlich akzeptierten Kohleausstieg. Dieser müsse zwingend von einem ‚Masterplan 100 Prozent Erneuerbare Energien‘ begleitet werden.

„Mit Einrichtung der Kommission wird auch die dringend erforderliche Diskussion zu den durch die Energiewende bedingten Wachstums- und Beschäftigungschancen wie Risiken wieder auf die Agenda kommen“, sagt Dena-Chef Andreas Kuhlmann. Die damit verbundenen Fragen seien zentral. Denn Energiewende und Klimaschutz werden aus seiner Sicht nur dann erfolgreich sein, wenn auch die weit überwiegende Mehrheit der Menschen im Land darin gute Perspektiven für sich und ihre Kinder und Familien sehen. Gleich zu Beginn sollte demnach allerdings klar sein, ob die – insbesondere mit Blick auf 2030 – erforderlichen Maßnahmen und Instrumente wirklich in diesem Gremium erarbeitet werden oder ob es parallel weitere Strukturen geben muss.

„Es ist gut, dass es jetzt endlich losgehen kann. Der BDEW freut sich auf eine konstruktive Zusammenarbeit in der Strukturkommission“, so BDEW-Chef Stefan Kapferer. Für seinen Verband sei es entscheidend, dass neben den Themen Klimaschutz und regionale Strukturpolitik auch die Auswirkungen auf die gesicherte Versorgung und die Bezahlbarkeit von Strom mit behandelt werden. Unerlässlich sei außerdem, dass jede von der Strukturkommission gefundene Lösung die energiewirtschaftlichen Notwendigkeiten erfüllt und die Eigentumsrechte betroffener Unternehmen nicht verletzt. „Damit nach dem Abschalten der letzten Kernkraftwerke ab 2023 weiterhin Kohlestrom reduziert werden kann, müssen jetzt die Voraussetzungen geschaffen werden“, so Kapferer weiter. Daher müssten umgehend die Rahmenbedingungen für den Bau und Betrieb von Gaskraftwerken, Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen, Speichern und anderen Flexibilitätsoptionen verbessert werden. Zudem müsse parallel zum planmäßigen Ausbau der erneuerbaren Energien dringend der Netzausbau beschleunigt werden.

„Neben dem parallelen Ausstieg aus Atomenergie und Kohlekraft brauchen wir ein leistungsfähiges Backup- und Speichersystem“, so Gerald Linke, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW). Aktuellen Studien zur Sektorenkopplung zufolge müsse das Energiesystem der Zukunft aus gekoppelten Strom- und Gasinfrastrukturen bestehen. Mit der zentralen Energiewendetechnologie Power-to-Gas könne Photovoltaik- und Windstrom in klimaneutralen Wasserstoff oder Methan umgewandelt werden. Das Gasnetz werde so zur grünen Batterie der Energiewende. Linke: „Die heimische Erzeugung von erneuerbaren Gasen und der Aufbau von Hochtechnologien für die Energiewende wird die Wertschöpfung in Deutschland deutlich steigern. Die Chancen, die diese Ausgangslage für zukunftssichere Arbeitsplätze bietet, können in den betroffenen Kohleregionen gezielt beim Strukturwandel genutzt werden.“

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