Deutschland und Frankreich sollten Energiewende bilateral vorantreiben

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Die Stromsysteme in Deutschland und Frankreich sind eng verzahnt, weshalb sich energiepolitische Entscheidungen in Berlin und Paris auch auf die Nachbarländer jeweils auswirken. Aus diesem Grund sollten Frankreich und Deutschland ihre künftige Energiepolitik gemeinsam ausgestaltet, wie es in der am Montag veröffentlichten Studie „Die Energiewende und die französische Transition énergétique bis 2030“ von Agora Energiewende und des Institutes for Sustainable Development and International Relations (IDDRI) heißt. Darin seien acht Szenarien über die Entwicklung der Stromerzeugung in Deutschland und Frankreich modelliert und miteinander verglichen worden.

Das Ergebnis: Beide Länder sollten bis 2030 Photovoltaik und Windkraft weiter stark ausbauen. Zugleich sei eine deutliche, schrittweise Reduktion der Stromerzeugung aus konventionellen Kraftwerken notwendig. In Deutschland betreffe diese vor allem die Kohlekraftwerke, in Frankreich die AKW.

Wenn Deutschland und Frankreich ihre Energiepolitik nicht abstimmen, fürchten die Wissenschaftler große Verwerfungen. In der Folge könnte die Bundesregierung ihre Klimaziele noch deutlicher Verfehlen oder noch abhängiger von Stromimporten aus Frankreich werden. Der Regierung in Paris drohten bei Alleingängen zu teure und unnötige Investitionen in einen überdimensionierten Kraftwerkspark, heißt es weiter von den Think-Tanks in Berlin und Paris.

Konkret wird in der Studie empfohlen, dass Deutschland bis 2030 seine Kohleverstromung aus Klimaschutzgründen halbieren und Frankreich aus wirtschaftlichen Gründen die Leistung der AKW im Land von 63 auf 50 Gigawatt reduzieren sollte. Über dieser Grenze wäre die Wirtschaftlichkeit der AKW gefährdet. Parallel dazu sollten die beiden Staaten wie geplant Photovoltaik- und Windkraft weiter ausbauen. Nach den derzeitigen Zielen will Frankreich bis 2030 einen Anteil von 40 Prozent Erneuerbare und Deutschland von 65 Prozent erreichen. Auch die Stromleitungen zwischen den Ländern sollten ausgebaut werden.

Nach Ansicht von Agora Energiewende und IDDRI lässt sich die Stromversorgung aus Photovoltaik und Windkraft durch die Einführung eines CO2-Preises von 30 bis 50 Euro pro Tonne weitgehend am Strommarkt finanzieren. Sollte nur ein Land einen CO2-Preis in dieser Größenordnung einführen, könnten daraus wiederum Schieflagen resultieren, heißt es weiter. Eine engere Zusammenarbeit würde zugleich eine Versorgungssicherheit auf hohem Niveau in beiden Ländern aufrechterhalten.

Ein CO2-Preis zwischen 30 und 50 Euro würde Deutschland helfen, die Verstromung aus der Kohle zu reduzieren. Allerdings wohl nicht in ausreichendem Maße. Ein deutlich höherer CO2-Preis oder ein Kohleausstieg würde eine Refinanzierung von neuen Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen am Strommarkt deutlich verbessern. Damit könnte die Kohleverstromung noch deutlicher reduziert werden, weshalb in der Studie ein entsprechendes politisches Eingreifen gefordert wird. „Höhere CO2-Preise zum Beispiel durch einen CO2-Mindestpreis im Emissionshandel wären aus Klimaschutzsicht zentral“, sagt Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende. Damit verbunden wäre ein moderater Anstieg der Strompreise für die Verbraucher.

Die Think-Tanks fürchten zudem einen massiven Stromüberschuss in Frankreich, wenn das Land seine AKW nicht drosselt und an den bestehenden Plänen zum Erneuerbaren-Ausbau festhält. Damit einhergehend sei bis 2030 ein Preisverfall am Strommarkt zu erwarten. Mit den erheblichen Stromexporten nach Deutschland und in andere Länder könne Frankreich aber nicht genügend Einnahmen generieren, um die Kraftwerksmodernisierungen zu refinanzieren.

Dabei sehen die Studienautoren auch die Gefahr, dass es zu wachsenden Stromexporten kommen werde, wenn Frankreich mehr als 40 Gigawatt AKW-Leistung am Netz behalte. Auch das Ziel, den Atomstromanteil auf 50 Prozent zu reduzieren, wäre damit erst nach 2030 erreichbar. „Wie rentabel Kernkraftwerke in Frankreich sein werden, hängt zudem sehr von der Entwicklung der CO2-Preise und der Kapazität der Stromleitungen zwischen Frankreich und seinen Nachbarn ab“, sagt Michel Colombier, wissenschaftlicher Direktor des IDDRI. Dies könne Frankreich aber nicht national entscheiden, sondern müsste es bilateral mit seinen Nachbarn abstimmen.

Agora Energiewende und IDDRI schlagen eine gegenseitige Vereinbarung zwischen beiden Regierungen vor. Demnach verpflichtet sich Frankreich seine AKW-Überkapazitäten zu verringern und Deutschland eine deutsch-französische Initiative für einen CO2-Mindestpreis zu unterstützen.

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