Solarfolien erreichen bis zu 45 Prozent Wirkungsgrad

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Forscher der Technischen Universität (TU) Braunschweig haben eine mit Farbstoffen gespickte Kunststofffolie entwickelt, die großflächig Licht einfangen und auf kleine Hochleistungssolarzellen lenken kann. Dies soll durch die Folie deutlich kostengünstiger geschehen als bei bisherigen Systemen, wie die Universität am Mittwoch mitteilte. Die von Peter Jomo Walla und seinem Forscherteam anvisierten Hochleistungszellen sollen demnach auf Gallium- oder Indiumverbindungen basieren und schon heute einen Wirkungsgrad von 45 Prozent erreichen. Solche Zellen seien bisher jedoch sehr teuer und würden deshalb mit möglichst billigen Lichtsammelsystemen kombiniert, um so das Licht auf eine möglichst kleine Flächen dieser Materialien zu konzentrieren. „Leider funktionieren die aber nur mit direkter Sonneneinstrahlung“, sagt Walla. „Bei diffusem Licht, bewölktem Himmel und im Schatten liefern diese Systeme kaum noch Strom.“

Forscher wie Walla arbeiten deswegen mit fluoreszierenden Farbstoffmolekülen, die Licht schlucken und wieder abgeben können. Da diese Moleküle etwa in einer Kunststoffmatrix normalerweise kreuz und quer durcheinanderlägen, treffe praktisch jeder Lichtstrahl auf ein im passenden Winkel liegendes Teilchen, heißt es von den Wissenschaftlern. Nach der Absorption sende das Teilchen das Licht zwar wieder aus, dieses finde allerdings nicht immer den Weg zur Solarzelle. „Die Verluste sind recht hoch. Nur ein kleinerer Teil wird letztlich in Strom verwandelt“, sagt Walla.

Der Lichtsammler: Peter Jomo Walla entwickelt Farbstofffolien für Hochleistungssolarzellen.

Foto: TU Braunschweig/Kathrin Burghardt

Um diese Verluste künftig gering zu halten, haben die Wissenschaftler in Braunschweig ihre farbstoffhaltigen Folien in eine Richtung auf das Vierfache gestreckt. Dadurch würden sich bestimmte Farbstoffmoleküle parallel zueinander ausrichten, so könne ein deutlich größerer Teil des gesammelten Lichts auf die Solarzelle umgelenkt werden. „Das geschieht mit einer hohen Effizienz. Die Verluste bisheriger Systeme können um etwa den Faktor drei verringert werden“, berichtet Walla. Die Forscher der TU Braunschweig haben sich dabei an der Photovoltaik-Synthese der Pflanzen orientiert. Auch dabei wird das Licht durch Farbstoffe eingefanden und zur Energiewandlung an geeignete Reaktionszentren weitergeleitet.

„Unser Verfahren verspricht deutlich höhere Wirkungsgrade, als Silizium-Solarzellen sie jemals haben werden“, sagt der Chemiker. Das Potenzial der Silizium-Photovoltaik sei mit einem Wirkungsgrad von etwa 25 Prozent praktisch ausgereizt, selbst der theoretisch maximal mögliche Wirkungsgrad liege stoffbedingt bei nur 29 Prozent. Durch die Bündelung des Lichts mithilfe der vergleichsweise günstigen Folie könnten farbige Hausfassaden künftig auch bei miesem Wetter Sonnenstrom produzieren oder Elektroautos ihre Batterien selbst im Schatten mit Sonnenenergie laden, so die Vision. Die Nachfrage von pv magazine zu den Herstellungskosten dieser Solarfolien blieben zunächst unbeantwortet.

Die lichtsammelnden Pigmente (grün) bleiben nach dem Verstrecken weiterhin ungeordnet. Damit können sie weiterhin sehr effektiv Licht aus allen Richtungen aufsammeln, die Energie dann aber auf die lichtemittierenden Pigmente (rot) übertragen. Diese sind durch das Verstrecken so ausgerichtet, dass sie das Licht nur in bevorzugte Richtungen abgeben.

Wie teuer diese Solarfolien im Vergleich etwa zu Silizum-Modulen sein werden, ist indes noch offen. „Die Farbstoffe und Trägersysteme für das Lichtsammelsystem selbst können um ein vielfaches günstiger sein, als die stromerzeugenden Photovoltaikmaterialen selbst. Auf die Kosten der Photovoltaikmaterialen selbst haben wir aber natürlich keinen Einfluß“, erklärt Walla auf Nachfrage von pv magazine. Es hänge also davon ab, wie groß das Verhältnis von Lichtsammelfläche zu Photovoltaikmaterial in einem optimierten System sein wird. „Es ist daher im Moment noch schwer vorherzusagen ob der Ansatz kostenseitig eher in Bereichen zum Einsatz kommen kann, bei denen es wegen beschränkter Lichtverhältnisse und geringen Flächen darauf ankommt, die hohen Kosten bisheriger Hochleistungsphotovoltaiken zumindest in die Nähe von siliziumbasierten Systemen zu drücken oder ob er genutzt werden kann, um sogar günstiger als Silizium-Photovoltaik zu werden“, sagt der Wissenschaftler. Er selbst vermutet eher einen Einsatz im ersten Bereich,  zum Beispiel für selbstladende Autos, bei denen es wegen geringer Flächen und schlechten Lichtverhältnissen auf hohe, aber trotzdem noch bezahlbaren Effizienzen ankäme.

Die Forscher haben nach eigenen Angaben noch viel Arbeit vor sich. Bisher hätten sie nur für Wellenlängen aus dem blau-grünen Bereich des Lichtspektrums zeigen können, dass das Prinzip funktioniert. Sie wollen als nächstes weitere Farbstoffe testen, die andere Wellenlängen schlucken. Ein weiteres Problem sei die Stabilität der Farbstoffteilchen, die sich bisher unter Licht recht schnell zersetzen würden. „Wir testen zurzeit stabile Farbstoffe, die zum Beispiel in Monitoren zum Einsatz kommen“, sagt Walla weiter. „Aus anderen Anwendungen wie etwa Displaysystemen sind Farbstoffe bekannt, die mehrere Jahre stabil bleiben. Der Vorteil unseres Ansatzes ist dass wir relativ einfach eine große Anzahl an Farbstoffen darauf überprüfen können, ob sie für das Prinzip geeignet sind oder nicht. Damit werden wir sehr flexibel stabile Farbstoffe für verschiede Wellenlängenbereiche suchen können.“

Dazu arbeite sein Team mit dem Kavli Energy Nanoscience Institute der University of Berkeley in den USA zusammen, wo er sich auch gerade für ein Forschungssemester aufhält. Die jetzt erzielten Ergebnisse hat das Forscherteam in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht.

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