Kaufen oder Warten?

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Dies ist die Gretchenfrage, die sich einem EPC und Installateur in Bezug auf Photovoltaik-Module in fast jedem Spätherbst stellt. Welche Projekte können oder sollten im laufenden Jahr noch realisiert werden, welche können verschoben werden? Wie ist die Modulverfügbarkeit heute  und in ein paar Monaten? Und natürlich: wie werden sich die Preise entwickeln? Nun – darauf verbindliche Antworten zu geben, fällt auch mir schwer. Ich will aber versuchen, die Thematik einzukreisen und zumindest eine Entscheidungshilfe zu liefern. Letztlich kann die Lösung nur von jedem einzelnen Betroffenen selbst erarbeitet werden, abhängig von seiner persönlichen Situation, den freien Montagekapazitäten und der eigenen Liquidität, beziehungsweise die seiner Kunden.

Werfen wir zunächst einen Blick auf die aktuellen Zahlen. Nach längerer Stagnation haben die Modulpreise im Oktober einen langsamen Sinkflug begonnen, die Preise monokristalliner Module mit höherer Effizienz und schwarzem Rahmen beziehungsweise schwarzer Folie (All Black) erst im November. Dieser Trend wird sich wohl fortsetzen, da einerseits immer mehr freie Kontingente auf den Markt geworfen werden, andererseits eine Lücke zwischen den von der EU-Kommission für Oktober veröffentlichten Mindestimportpreisen von 37 beziehungsweise 42 Eurocent pro Wattpeak und den existierenden Durchschnittspreisen im Markt zu schließen ist.

Zwar zieren sich viele Tier-1-Hersteller noch, ihre Preise für dieses Jahr oder die ersten Monate des kommenden Jahres bereits nach unten zu korrigieren – es wird mit Produktionsauslastung und Lieferengpässen argumentiert -, diese Argumente wirken allerdings im Hinblick auf die flaue Nachfrage in Europa und die kurzfristig zu erwartende Entwicklung der internationalen Märkte zum Jahreswechsel etwas konstruiert und einem Wunschdenken entsprungen. So wittern deutsche Photovoltaik-Hersteller wie Heckert Solar offenbar ihre Chance auf höhere Marktanteile und veröffentlichen ungewöhnlich früh ihre Preislisten für 2018, welche um durchschnittlich 10 Prozent gesenkte Modulpreise ausweisen.

Auf der anderen Seite des großen Teichs sind die Empfehlungen der Internationalen Handelskommission der USA (ITC) am 13. November an amerikanischen Präsidenten übergeben worden. Sie enthielten wohl keine Überraschungen mehr gegenüber der bisher durchgesickerten Fassung. Im Wesentlichen sind die bekannten Punkte enthalten – der Schutz der (kaum existierenden) heimischen Produktionsstätten, sowie eine Marktabschottung in Form von Strafzöllen auf Module und Zellen aus Lieferländern, mit denen die USA  keine Freihandelsabkommen haben. Da in diesen Ländern jedoch kaum eigene Zell- und Modulproduktionen existieren, entspricht dies einer Einfuhrbeschränkung gegen beinahe alle bekannteren Hersteller und Marken. Es gibt dabei eine Ausnahme: Singapur. Nach heutiger Sicht könnte REC der große Gewinner dieses unsäglichen Spiels sein, denn der Hersteller betreibt dort ein Werk mit zirka 800 Megawatt Fertigungskapazität.

Bis zum 13. Januar hat Präsident Donald Trump nun Zeit, eine aller Voraussicht nach positive Entscheidung zu fällen und einen Gesetzesentwurf zu präsentieren. Interessant ist allenfalls noch der Interpretations- und Handlungsspielraum Trumps.  Es handelt sich hier zwar um Empfehlungen, die vom Präsidenten frei umgesetzt oder verändert werden können, dabei gibt es aber gewisse Grenzen. Der Strafzoll darf wohl nicht beliebig hoch angesetzt werden, nur soweit, dass die Endpreise maximal 50 Prozent über den heutigen Marktdurchschnittspreisen liegen. Außerdem darf die Schutzmaßnahme für nur maximal vier Jahre ausgesprochen werden, allerdings mit einer einmaligen Verlängerungsoption.

Nun aber zurück zum Titelthema. Was spricht aktuell dafür, noch in diesem Jahr Module einzukaufen und angefangene Photovoltaik-Projekte zu finalisieren?

Der aktuelle Trend der Preissenkungen wird sich bis Jahresende noch fortsetzen. Neben frei werdenden Projektmengen wird es zunehmend wieder Lagerräumungsverkäufe geben, so dass sich die punktuell noch wahrnehmbare Modulknappheit bis Anfang Dezember wohl vollständig auflösen wird. Auf der anderen Seite wird die sich abzeichnende politische Unsicherheit zumindest in Deutschland so schnell nicht aufhören. Es ist alles andere als sicher, dass sich die Grünen in den Koalitionsverhandlungen mit ihren Positionen zur Energiewende durchsetzen werden – im Gegenteil. Sollten sich die Positionen der CDU/CSU oder gar der FDP im Rahmen einer zukünftigen Koalition durchsetzen, droht ein Ende des EEG mit rückwirkenden Änderungen. Dies wäre nicht das erste Mal, dass die Branche davon kalt erwischt wird.

Wer also noch freie Montagekapazitäten hat oder bekommen kann, der sollte die Umsetzung von bereits beauftragten oder zumindest schlüsselfertig entwickelten Projekten in Erwägung ziehen, nochmals hart mit seinen Lieferanten verhandeln und das benötigte Material zu reduzierten Preisen umgehend einkaufen.

Gegen eine schnelle Projektrealisierung in diesem Jahr spräche in erster Linie eine bereits existierende gute Auslastung bis zum Jahresende und natürlich das sich zunehmend sich verschlechternde Wetter. Darüber hinaus nimmt die Abhängigkeit von der Einspeisevergütung und dem deutschen EEG bei fallenden Preisen weiter ab. Sofern mit einem bis auf weiteres stabilen EEG zu rechnen ist, ist bei einem Bau und einem Netzanschluss zu Anfang des kommenden Jahres zudem eine längere garantierte Vergütung ein weiterer Pluspunkt.

Für 2018 zeichnen sich weitere, sowohl markt- als auch technologiebedingte Preissenkungen ab. Bei monokristallinen Modulen mit PERC-Technologie ist die erwartete Verbilligung insbesondere auf Skaleneffekte zurückzuführen – immer mehr Produktionslinien werden weltweit auf diese Zelltechnologie umgestellt, wodurch sich die im Markt verfügbare Modulmenge schnell erhöhen wird. Bei polykristallinen Produkten sind es produktionstechnische Verbesserungen wie zum Beispiel der zunehmende Einsatz von Diamantsägen, mit dem der Materialverlust bei der Herstellung von Wafern minimiert werden kann. Laut Experten ist dadurch eine Zell- und Modulpreissenkung  von aktuell fünf bis acht Prozent möglich.

Die Marktpreise für Module aus asiatischer Produktion werden sich in Europa wohl am jeweils gültigen Mindestimportpreis (MIP) orientieren, ab Januar also bei 34 Eurocent pro Wattpeak für polykristalline und bei 39 Eurocent pro Wattpeak für monokristalline Module liegen. Vierteljährlich werden die Preise dann um circa zwei Eurocent sinken. Diese Preisentwicklung kann eigentlich nur durch eine Modulverknappung verhindert werden, die jedoch bis auf weiteres nicht in Sicht ist. Auch wäre es das erste Mal in der Geschichte der Anti-Dumping-Zölle und des MIP, dass die tatsächlichen Modul- und Zellpreise über den gesetzlichen Vorgaben lägen – unvorstellbar!

Übersicht der nach Technologie unterschiedenen Preispunkte im November 2017 inklusive der Veränderungen zum Vormonat:

ModulklassePreis (€/Wp)Veränderung
ggü. Vormonat
Beschreibung
High Efficiency0,51  0,0 %Kristalline Module ab 280 Wp, mit Cello-, PERC-, HIT-, N-Type- oder Rückseitenkontakt-Zellen oder Kombinationen daraus
All Black0,50– 2,0 %Modultypen mit schwarzer Rückseitenfolie, schwarzem Rahmen und einer Nennleistung  zwischen 200 Wp und 275 Wp
Mainstream0,39– 4,9 %Module mit üblicherweise 60-Zellen, Standard-Alurahmen, weißer Rückseitenfolie und 250 Wp bis 275 Wp – sie repräsentieren den Großteil der Module im Markt
Low Cost0,27– 3,6 %Minderleistungsmodule, B-Ware, Insolvenzware, Gebrauchtmodule (kristallin), Produkte mit eingeschränkter oder ohne Garantie

 

(Die dargestellten Preise geben die durchschnittlichen Angebotspreise für verzollte Ware auf dem europäischen Spotmarkt wieder.)

— Der Autor Martin Schachinger beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit dem Thema Photovoltaik und Regenerativen Energien im Allgemeinen. Er ist innerhalb der Photovoltaik-Branche bestens vernetzt, was nicht zuletzt auf sein kontinuierliches Engagement für die internationale Online-Handelsplattform für Solarkomponenten www.pvXchange.com zurückzuführen ist, welche er 2004 zusammen mit zwei Partnern ins Leben rief. Dort wird ein breites Spektrum an Markenprodukten, Neu- und Gebrauchtware mit unterschiedlichsten Spezifikationen angeboten.


Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com.

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