Studie: Potenzial für bis zu 33.000 PV-Mieterstromanlagen in 20 größten Städten

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Mit dem Photovoltaik-Mieterstromgesetz soll die Energiewende in die Städte getragen werden. Dass sie dort noch nicht angekommen ist, aber großes Potenzial zu heben ist, zeigt eine aktuelle Analyse. Am Dienstag stellten die Chefs des Bundesverbands Deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), des Deutsche Mieterbunds (DMB), des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW-Solar) und des Bundesverbands der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands (eaD) diese Potentialanalyse gemeinsam in Berlin vor. Bis zu 33.000 Photovoltaik-Anlagen auf großen Wohngebäuden, die rund 1,4 Millionen Mieter mit preiswertem Solarstrom versorgen könnten, wären möglich, so ihre Berechnungen.

Dabei sind bei der Analyse nur Wohngebäude mit mindestens 13 Wohneinheiten berücksichtigt worden. Bundesweit gebe es in dieser Kategorie rund 68.000 Gebäude mit 1,5 Millionen Wohneinheiten. In den größten 20 Städten seien es immerhin 34.000 Häuser, die für Photovoltaik-Mieterstrommodelle in Frage kämen. Knapp ein Drittel davon befände sich allein in Berlin.

Für die Analyse ist von den Verbänden auch ermittelt worden, wieviel Photovoltaik-Leistung in den 20 Großstädten bereits installiert ist. Berlin kommt mit 99 Megawatt auf die höchste kumulierte installierte Leistung. Doch wenn man dies auf die Leistung pro Einwohner herunterbricht, sind es in der Hauptstadt gerade einmal 0,03 Kilowatt. Dies sieht in den anderen größeren Städten in Deutschland nicht viel besser aus: in Hamburg sind es 0,02 Kilowatt je Einwohner, in München 0,04 und in Köln 0,05. Münster als 20. größte Stadt Deutschlands liegt hier mit 0,18 Kilowatt installierter Photovoltaik-Leistung je Einwohner ganz vorn, gefolgt von Bielefeld mit 0,14 Kilowatt je Einwohner.

Wenn nun das solare Mieterpotenzial in den großen Wohngebäuden erschlossen würden, könnten in Deutschland Photovoltaik-Anlagen mit mehr als einem Gigawatt in den 20 größten Städten gebaut werden. Allein für Berlin sieht die Studie ein zusätzliches Photovoltaik-Potenzial von 419 Megawatt. In München liegt dies bei 164 Megawatt und und in Hamburg bei immerhin 103 Megawatt, wie aus den Berechnungen hervorgeht. Auch die damit verbundenen CO2-Einsparungspotenziale seien enorm. So könnten der Analyse zufolge bis zu 500.000 Tonnen CO2 jährlich wegfallen.

Einigkeit besteht unter den Verbänden, dass trotz des Mieterstromgesetzes die Umsetzung der Projekte nicht direkt zum Selbstläufer wird. Offiziell ist das Gesetz seit Ende Juli in Kraft. Die beihilferechtliche Genehmigung für den Mieterstrom-Zuschuss von der EU-Kommission fehlt allerdings noch. Diese sei in den kommenden Wochen zu erwarten, sagt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar. Die Anmeldung neuer Mieterstromprojekte bei der Bundesnetzagentur ist bereits möglich, der Zuschuss zwischen 2,2 und 3,8 Cent pro Kilowattstunde wird allerdings erst nach dem Go aus Brüssel gewährt – dann allerdings auch rückwirkend.

Der Bundestag hatte das Gesetz noch vor der Sommerpause verabschiedet. Die Eile ist der Regelung durchaus anzumerken, denn von vielen Seiten werden Nachbesserungen gefordert. Dafür braucht es allerdings erst einmal eine neue Bundesregierung. Diese müsse dann dringend dafür sorgen, dass die Gewerbesteuerfreiheit für die Immobilienunternehmen gewährleistet sei, auch wenn sie den Mietern Strom aus Photovoltaik-Anlagen verkauften, sagt GdW-Geschäftsführer Axel Gedaschko. Er moniert zudem, dass mit dem Gesetz keine wirklichen Quartierslösungen ermöglicht würden. Immerhin war im parlamentarischen Prozess noch die ursprüngliche Regelung abgemildert worden, wonach der Zuschuss nur gezahlt wird, wenn sich die Photovoltaik-Anlage direkt auf dem Dach des Mietshauses befindet. Nun sind auch Anlagen in räumlicher Nähe möglich, um Mieter mit Solarstrom zu versorgen und von der Förderung zu profitieren.

Beim Mieterbund sieht man in dem Gesetz eine echte Chance, Mieter an der Energiewende teilhaben zu lassen und sie für diese erlebbar zu machen. Dort wird auch begrüßt, dass es keine Verpflichtung für die Mieter gibt, den Photovoltaik-Strom abnehmen zu müssen. Die Anbieter müssten die Bewohner durch ihre Preisgestaltung überzeugen, sagte Lukas Siebenkotten, Chef des DMB. Im Gesetz festgeschrieben ist, dass der Mieterstrom zehn Prozent günstiger als der regionale Grundversorgungstarif sein muss. Der Grundversorgungstarif sei aber meist der teuerste in der Region. „Das Gesetz hindert die Anbieter aber nicht noch mehr als zehn Prozent günstiger zu sein“, so Siebenkotten. Auch er hat kein Verständnis für die fehlende Gewerbesteuerbefreiung in dem Gesetz. Ebenso moniert er, dass die Mieter weiterhin schlechter gestellt seien als die Hausbesitzer.

„Das Gesetz ist nicht das, was wir uns ursprünglich vorgestellt haben“, sagt daher auch Carsten Körnig. Der BSW-Solar hat sich dafür stark gemacht und will immer noch erreichen, dass Mieterstrom und Eigenverbrauch gleichbehandelt werden. Während bei Photovoltaik-Eigenverbrauch keine oder nur eine anteilige EEG-Umlage gezahlt werden muss, wird bei Mieterstrom die volle Höhe von derzeit 6,88 Cent pro Kilowattstunde fällig. Dennoch komme dank des Gesetzes langsam Bewegung in den Markt. „Wir beobachten am Markt eine stark wachsende Zahl an Akteuren, die aus den Startlöchern kommen und Mieterstromprojekte umsetzen wollen.“

Zu den Akteuren gehört auch die Berliner Energieagentur. Sie ist etwa an der Umsetzung von zwei Mieterstromprojekten in Berlin beteiligt, von denen eines bereits realisiert ist und das zweite derzeit gebaut wird und von der Förderung profitieren soll. Michael Geißler, Chef der Agentur und des eaD, geht bei den derzeitigen Bedingungen von Amortisationszeiten von 14 Jahren und mehr aus. Angesichts sinkender System- und Modulkosten lassen sich die Projekte aber immer günstiger realisieren. Zudem würden Photovoltaik-Anlagen bei Neubauten zunehmend mitgeplant, so seine Einschätzung. Geißler wagt auch den Blick in die Zukunft, in der mit fallenden Batteriespeicherpreisen, Sektorkopplung und der aufkommenden Elektromobilität noch ganz neue Geschäftsmodelle entstehen würden „Wir haben den Fuß in der Tür und schieben die Tür jetzt gemeinsam auf“, sagte er in Berlin – auch im Namen der anderen Anwesenden. Die größten Herausforderungen seien nun, die Mieter zu überzeugen sowie die Stadtwerke und regionalen Energieversorger als Partner zu gewinnen. Letzteres sieht auch Carsten Körnig: „Mit dem Mieterstromgesetz ist eine Brücke zur konventionellen Energiewirtschaft geschlagen. Sie kann nun auch in die Energiewende investieren, um so Kundenbindung zu betreiben.“

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