Fell will neuen Schwung für Energiewende in Deutschland

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„Die Energiewende in Deutschland steht vor dem Abbruch.“ Von der einstigen Vorreiterrolle beim Ausbau der erneuerbaren Energien sei nicht mehr viel übriggeblieben und andere Länder hätten Deutschland mittlerweile weit überholt, so die Einschätzung von Hans-Josef Fell, Grünen-Politiker, Mitautor des EEG und Präsident der Energy Watch Group (EWG), zur aktuellen Energiepolitik. Das Rekordniveau beim Ausbau der erneuerbaren Energien – außer bei der Windkraft – habe Deutschland um das Jahr 2010 erlebt. Seither sei der Photovoltaik-Zubau massiv eingebrochen. Der Ausbau bei Biomasse und Geothermie sei faktisch nicht mehr vorhanden. Auch bei Biokraftstoffen und Erneuerbaren im Wärmesektor passiere zu wenig. „Die Windkraft wird dieses Jahr nochmal stark sein, der Einbruch 2019 ist jedoch schon vorprogrammiert“, so Fell am Freitag in einem Pressegespräch n Berlin.

Den Grund dafür sieht er in den seit 2009 erfolgten EEG-Reformen, aber auch nachteiligen Veränderungen anderer Gesetze aus Sicht der erneuerbaren Energien. So wirke sich der 2009 geänderte Mechanismus zur Berechnung der EEG-Umlage sehr nachteilig für die erneuerbaren Energien aus. „Der stärkste Faktor für den Einbruch ist die Umstellung der Förderung im EEG von Einspeisevergütungen auf Ausschreibungen gewesen“, so der Grünen-Politiker weiter. Dazu hat Fell eine Studie erarbeitet, die den Titel „Der Wechsel von Einspeisevergütungen zu Ausschreibungen behindert den Umbau der Energieversorgung zu Erneuerbaren Energien“ trägt.

In dem Policy Paper benennt er die Gründe, die gegen Ausschreibungen sprechen. So werde durch diese die Ausbaugeschwindigkeit der erneuerbaren Energien massiv gedrosselt. Es handele sich bei Ausschreibungen um ein planwirtschaftliches Element, da der Staat die Volumina festlege, sagt Fell. Auch die gern zitierten Kostensenkungen seien nicht durch die Ausschreibungen erreicht worden, sondern durch die Lernkurven bei Photovoltaik und Windkraft. „Die Ausschreibungen führen in dem Fall zu Begrenzungen und nicht zur Beschleunigung. Sie bremsen beim Ausbau und bei der Kostensenkung gleichermaßen“, so der Grünen-Politiker. Zudem verhinderten sich technologische Weiterentwicklung der Technologien. Viele abgegebene Gebote bei der Photovoltaik und Windkraft lägen am Rande der Wirtschaftlichkeit. In der Folge führe dies eher zum Einsatz von Billigtechnologie, bei der man sich am Ende fragen müsse, ob diese überhaupt 20 Jahre halte.

Ein anderer großer Kritikpunkt bei Ausschreibungen ist der Verlust der Akteursvielfalt. „Kleine Akteure werden aus dem Markt gedrängt“, meint auch Fell. Der Kampf gegen die Ausschreibungen sei dabei ein „uraltes Spiel“, da die Auktionen schon früher von der fossilen Energiewirtschaft gefordert worden, um den Erneuerbaren-Zubau klein zu halten. Fell räumt ein, dass bei großen Anlagen – etwa mit mehr als 50 Megawatt Leistung – oder für Offshore-Windparks Ausschreibungen durchaus sinnvoll sein können. Für die Energiewende in Deutschland seien sie aber nicht hilfreich.

Nach der Wahl müsse daher das EEG modernisiert werden. Die Ausschreibungen will Fell wieder streichen. Natürlich müsse das Gesetz so ausgestaltet werden, dass die Erneuerbaren ihren künftigen Aufgaben wie der Netzintegration ebenfalls gerecht werden müssten. Ein Weg dafür sei, einen sogenannten Kombikraftwerksbonus ins EEG zu bringen. Damit würde dem Ausbau der erneuerbaren Energien eine neue Dynamik verliehen und er trage zu Innovationen bei, so Fell weiter. Die Technik dafür sei längst vorhanden, müsse aber endlich zum Einsatz kommen.

Dieter Janecek, wirtschaftspolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, sprach auf dem Termin von einer „politisch organisierten Blockade der Energiewende seit Jahren“. „Wir sehen jetzt sensationell günstige Kosten für erneuerbare Energien und nutzen sie nicht“, erklärte er mit Blick auf die Zubauzahlen bei den erneuerbaren Energien. Deutschland verliere damit – ähnlich wie auch bei der Elektromobilität – den weltweiten Anschluss. Er zeigte sich zuversichtlich, dass mit einer grünen Regierungsbeteiligung dieser Trend geändert werden könnte. Immerhin hätten die Grünen im Jahr 2000 die damals stark kohle- und atomlastige SPD dazu gebracht, das EEG zu verabschieden und damit den Grundstein für die weltweite Energiewende überhaupt erst gelegt.

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