Kraftwerke wartungsfreundlich entwerfen

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In der Praxis wird die langfristige Betriebsführung oft sehr spät an den O&M-Dienstleister übergeben, der dann nur noch geringe Möglichkeiten hat, die Betriebskosten zu senken. Das liegt am klassischen Vertragsmodell. Dabei beauftragt der Projektsponsor, der über alle erforderlichen Rechte für den Bau und Betrieb einer Photovoltaikanlage verfügt, in der Regel einen Generalunternehmer mit dem schlüsselfertigen Bau. Dieser Generalunternehmer wurde typischerweise bei Abschluss des Vertrages auch mit der technischen Betriebsführung beauftragt.

Diese klassische Struktur der Realisierung von Projekten beruht auf der Notwendigkeit, Risiken bei Bau und Betrieb einer Anlage vertraglich bei demjenigen zu verorten, der am besten geeignet ist, das jeweilige Risiko zu tragen. Insofern verlagert der Auftraggeber in der Phase der Errichtung wesentliche Errichtungsrisiken auf seinen Generalunternehmer. Unmittelbar nach der vorläufigen Abnahme mit Ausstellung des Preliminary Acceptance Certificate (PAC) beginnt die Laufzeit des Vertrages über die technische Betriebsführung der Photovoltaikanlage. Die Laufzeit dieses Vertrages ist meist so konzipiert, dass er vom Auftraggeber nach Ablauf der Gewährleistungsphase und der endgültigen Abnahme mit dem Final Acceptance Certificate (FAC) kündbar ist. Damit erreicht der Auftraggeber, dass der Generalunternehmer während des vereinbarten Gewährleistungszeitraumes der einzige Vertrags- und Ansprechpartner bleibt. Der Generalunternehmer fungiert also zunächst als „One-Stop-Shop“ für den Auftraggeber.

Dabei wurde vor allem in der Vergangenheit stark auf die erfolgreiche und vor allem fristgerechte Umsetzung des Baus geachtet. Der für größere PV-Projekte geeignete Generalunternehmer ist daher eher durch Attribute eines Bauunternehmens gekennzeichnet.

Die technische Betriebsführung eines Solarparks ist allerdings in der Regel nicht das Kerngeschäft eines Generalunternehmers. In der Vergangenheit haben Generalunternehmer zwar aufgrund der beschriebenen Vertragsstrukturen teilweise beachtliche Portfolien zur technischen Betriebsführung aufgebaut. Wir sind jedoch der Meinung, dass das nicht optimal ist. Diese Portfolien sind häufig in Größe, geografischer Lage und eingesetzter Technologie sehr divers und stellen die Errichter bei steigendem Preisdruck für O&M-Dienstleistungen vor erhebliche Herausforderungen. Gleichzeitig sind die Anforderungen an die technische Betriebsführung seitens der Betreiber signifikant gestiegen, da sie ihre Anlagen langfristig ertrags- und kostenoptimiert betreiben wollen.

O&M-Spezialisierung ist sinnvoll

In den letzten Jahren beobachten wir eine zunehmende Spezialisierung von Generalunternehmern für die Errichtung und von O&M-Dienstleistern für die Betriebsführung von Photovoltaikanlagen. Sowohl bei den Projektsponsoren als auch bei den finanzierenden Banken sehen wir die Tendenz, die zwischen Errichtung und Betrieb inhärenten Interessenkonflikte durch die Mandatierung eines dritten, unabhängigen O&M-Dienstleisters zu vermeiden.

Im Gegensatz zum Generalunternehmer muss ein reiner O&M-Dienstleister sein Geschäftsmodell grundsätzlich auf den langfristigen Betrieb von Photovoltaikanlagen ausrichten, eben nicht nur auf das „Überstehen“ der Zeit zwischen Abnahme und dem Ablauf der Gewährleistungsfrist. Er verfügt über eine solide lokale Aufstellung mit einer intelligenten Mischung aus eigenem Personal und einem Netzwerk an Nachunternehmern. Er besitzt eine internationale Ausrichtung und kann seinen Kunden in neue Märkte folgen.

Damit es jedoch nicht zu ungünstigen Bauausführungen kommt, muss der O&M-Spezialist nach unserer Erfahrung bereits früh in Projekte eingebunden werden, am besten schon vor dem Abschluss des Generalunternehmervertrages, denn dann kann er bei der Konzeptionierung der Photovoltaikanlage bereits auf mögliche Optimierungen für den effizienten Betrieb hinwirken. Darüber hinaus positioniert er sich bereits als O&M-Dienstleister für die Phase nach Ablauf der Gewährleistungsfrist unter dem Generalunternehmervertrag und/oder als Nachunternehmer des Generalunternehmers bis zum Ablauf der Gewährleistungsfrist.

Im Gegenzug kann er dem Investor Verfügbarkeitsgarantien und Performance-Ratio-Garantien anbieten und damit die Erwartungen von Auftraggebern und Finanzierern erfüllen. Gleichermaßen kann durch eine Nachunternehmerrolle eines O&M-Spezialisten das Risiko des Generalunternehmers bis zum Ablauf der Gewährleistungsfrist deutlich reduziert werden.

Einige Beispiele für sinnvolle Planung

Bei der Modulauslegung für Freifeldanlagen steht die maximale Flächenausnutzung häufig einer ausreichenden Zugänglichkeit der Modultische entgegen. Fehlender Raum zwischen Tischenden und Umzäunung führen nicht nur zu Mehrkosten bei der Grünpflege, sondern können auch zu der Notwendigkeit einer Zaun-Erdung führen, deren Funktion für die gesamte Anlagenbetriebszeit überprüft und nachgewiesen werden muss. Dies sollte man beim Layout berücksichtigen.

Auch Einfuß-Modultische erlauben im Gegensatz zu Mehrfuß-Konstruktionen einen beinahe vollständigen maschinellen Grünschnitt ohne Handarbeit. Große Fundamentpfostenabstände und ausreichender Freiraum für die untergreifenden Mähwerke sind hier planerisch zu bevorzugen.

Die Service-logistischen Vorteile der regelmäßigen Anordnung von Generatoranschlusskästen entlang einer gut zugänglichen Servicetrasse überkompensieren im langjährigen Anlagenbetrieb die Mehraufwendungen durch geringfügig höhere Kabelaufwände.

Elektrisches Design

Zur Reduzierung des Überwachungsaufwands sind insbesondere für hochstromtragende Anschlüsse von Aluminium-Leistungskabeln auf der DC-Seite verpresste Kabelterminierungen zu empfehlen. Damit wird insbesondere eine Lockerung des Anschlusses aufgrund der Weichheit von Aluminium verhindert, die langfristig zu höheren Übergangswiderständen, Erwärmung und im Extremfall zu Bränden führen kann. Schwer zeitlich zu koordinierende Infrarot-Checks zur Überprüfung stark belasteter Stromkreise lassen sich durch intelligentere Lösungen ersetzen, deren Zustand bei jedem Standard-Wartungszyklus, auch bei Schlechtwetter, überprüft werden kann.

Modulrahmen müssen in der Regel geerdet werden. Ein Potenzialausgleich für die Modulrahmen über separate Leitungen ist möglichst zu vermeiden, da dieser nicht nur zusätzliches Geld kostet, sondern auch störanfällig ist, die Wartungscheckliste verlängert und somit die Wartungskosten erhöht.

Immer wieder werden bei größeren Anlagen aus Einsparungsgründen zwei oder mehr Modulstränge „fliegend“ im Feld mit sogenannten Y-Verbindern zusammengeschlossen. Arbeitszeiten für die Fehlersuche sowie die vorgeschriebenen elektrischen Wiederholungsprüfungen können erheblich reduziert werden, wenn alle Stränge in die Generatoranschlusskästen durchverbunden und dort auch trennbar sind.

Richtlinien zur elektrischen Arbeitssicherheit verbieten das Arbeiten von Servicetechnikern, die nur für Niederspannung qualifiziert sind, im Bereich von Mittel- und Hochspannungsanlagen. Die Trennung der Funktionsbereiche für Nieder- und Mittel-/Hochspannung innerhalb der elektrischen Betriebsräume der Anlage ist daher zur Vermeidung hoher Kosten für Spezialpersonal schon in der Planungsphase erforderlich. Für eine zeiteffiziente Fehlersuche ist aufgrund der großen räumlichen Verteilung der Anlagenteile eine der logischen Struktur der Anlage folgende Bezeichnung der Betriebsmittel unabdingbar. Auch hier hilft die Betriebserfahrung des O&M-Dienstleisters beim Design einer Index-Systematik und deren praxistauglicher Dokumentation.

Komponentenqualifizierung und -auswahl

Die Wartungsintensität für Mittelspannungstransformatoren ist sehr unterschiedlich. Öl-Hermetik-Trafos ausreichender Dimensionierung und Belüftung gewährleisten den geringsten Unterhaltungsaufwand und die größte Betriebssicherheit. Hohe Betriebstemperaturen führen nicht nur zu erhöhtem Lebenszeit-Verzehr, sondern verkürzen zum Teil auch die Wartungsintervalle.

Auch die Anforderungen an die Wartung von Zentralwechselrichtern verschiedener Hersteller sind substanziell unterschiedlich. Kostensenkend ist hierbei die Ausführung tieferer Wechselrichter-Service-Levels durch O&M-Servicetechniker vor Ort, wenn der Wechselrichterhersteller eine entsprechende Schulung anbietet.

Niedrige Isolationswiderstände auf der DC-Seite gehören zu den häufigsten Anlagenfehlern überhaupt. Ein tiefgreifendes Verständnis über das mögliche Betriebsverhalten des Wechselrichters im Fehlerfall kann dabei höhere Verfügbarkeiten ermöglichen und reduziert den Reaktionsdruck beim O&M-Dienstleister zur unmittelbaren Fehlerbehebung.

Im Rahmen fortschreitender Professionalisierung von Wartungsabläufen werden zunehmend auch CMMS (Computerised Maintenance Management Systems) zum Einsatz kommen. Besonders aufgrund der sehr langen Betriebszeit der Anlage sollten Hersteller schon heute die Bereitschaft zeigen, ihre Komponenten nach Kundenwunsch mit entsprechenden Barcodes auszurüsten.

Externe Dienstleister Die zuverlässige Organisation des Anlagenbetriebs bei minimalem Einsatz externer Dienstleister führt nach unserer Erfahrung häufig zu Effizienz- und Kostenvorteilen. Es ist die anspruchsvolle Aufgabe des O&M-Dienstleisters, möglichst umfassende Services zur vollständigen Abdeckung der notwendigen Aktivitäten darzustellen.

Die Objektsicherheit wird im Normalbetrieb häufig über Kamera-Überwachungssysteme sichergestellt, die bei Netz-Ausfall über eine batteriegepufferte Stromversorgung häufig nur noch eine kurze Zeit in Betrieb bleiben. Zusatzkosten für einen Sicherheitsdienst sind die Folge, wenn nicht durch eine dauerhafte Spannungsversorgung der Weiterbetrieb der Überwachungskameras dauerhaft gesichert ist.

Relevante Betriebskostenanteile fließen oft zu Monitoring-Service-Dienstleistern, die im Wesentlichen Betriebsdatenvisualisierung und Reporting-Portale anbieten. Grundlage sind immer die „on-site“ gewonnenen Daten. Die Planung von Messtechnik-Hardware in der Anlage nach allgemeinen Industriestandards erhält hier die Flexibilität des Anbieterwechsels oder sogar der Verarbeitung in eigenen Softwareprodukten.

Dies sind nur einige Beispiele dafür, wie Erfahrungen aus der Betriebsführung langfristig Kosten senken können. Die zunehmende Entwicklung der Photovoltaikindustrie von einem staatlich geförderten Modell hin zu einer wettbewerbsfähigen Energieerzeugung und dem damit einhergehenden Wandel von staatlich garantierten Einspeisetarifen mit langen Laufzeiten hin zu vertragsbasierten Stromabnahmeverträgen mit kurzen Laufzeiten und privaten Abnehmern erfordert aber immer stärker adaptierte Strukturen mit neuen Denkansätzen und weitere Optimierungen.

Optimierungen im Anlagenbetrieb über den gesamten Anlagenlebenszyklus lassen sich aber nur leisten, indem man aus den gewonnenen Erkenntnissen im langfristigen Betrieb lernt.

Aus Sicht des Anlagenbetreibers dürfte deshalb ein hohes Interesse daran bestehen, diese Potenziale bereits beim Design beziehungsweise der Auswahl der Komponenten dieser Anlage zu heben. Die oben skizzierte Entwicklung unterstreicht unseres Erachtens die signifikant zunehmende Bedeutung von professionellen O&M-Dienstleistungen für die technische und ökonomische Performance von Photovoltaikanlagen über den gesamten Lebenszyklus. Das Design-to-operate sieht die Einbeziehung des O&M-Dienstleisters bereits im Rahmen der Errichtungsplanung vor und ermöglicht somit weitergehende technische und ökonomische Verbesserungen. Außerdem trägt es ebenfalls zum frühen Risikomanagement bei und wird zu einer wichtigen Voraussetzung für einen dauerhaft erfolgreichen Betrieb von Photovoltaikanlagen. (Robin Hirschl, Burkhard Söhngen)

Die Autoren Robin Hirschl (oben) und Burkhard Söhngen sind Geschäftsführer von Encome. Das Unternehmen ist ein internationaler und von EPCs unabhängiger technischer Betriebsführer und Servicedienstleister mit einem Portfolio über mehr als 800 Megawatt Solarleistung und damit nach eigenen Angaben der größte unabhängige Betriebsführungsdienstleister in Europa. Die Autoren danken ihren Kollegen für die Mitarbeit an dem Artikel.

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