Die zwei Batteriespeichermärkte

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Wichtige Veranstaltungen können zeigen, wie es um eine Branche bestellt ist. Es gibt wohl kaum ein Event, das so umfassend Speichertechnologien behandelt wie die Energy Storage Europe in Düsseldorf. Das Programm lässt kein Stichwort aus, das letztes Jahr die Diskussion bestimmt hat: regulatorische Fragen, Hausspeichersysteme, Industriespeichersysteme, Regelenergiemarkt und die Verbindung mit Wärme.

Bei der Fülle ist es gar nicht so einfach, sich zurechtzufinden. „Wir wollten dieses Mal nicht das klassische Programm machen, in dem es hauptsächlich um technische Daten geht“, sagt Urban Windelen. Er ist Bundesgeschäftsführer des Bundesverbandes Energiespeicher BVES und hat mit dem Programmkomitee die Inhalte festgelegt. Ihm schwebt vor, dass die Konferenzmesse mehr auf Anwendungen bezogen ist. Das liegt sicherlich in der Natur der Sache. Es gibt Systeme, die in den letzten Jahren eine große Marktreife erlangt und Kinderkrankheiten abgelegt haben. Jetzt müssen die Kaufleute und die Anwender ran und Geschäftsmodelle entwickeln.


Nächster Termin der pv magazine Webinare mit Initiativpartner E3/DC (
Grafik: Fotolia/Trueffelpix):
7. März 15:00 bis 16:00: Infrarotheizung plus Batteriespeicher – ein Traumpaar?
Wir werden diskutieren, ob und wie die Kombi Speicher+PV+Infrarotheizung eine nachhaltige und kostengünstige Variante der Strom- und Wärmeversorgung eines Hauses darstellen kann.Zur AnmeldungMehr Informationen, weitere Webinare und Materialien zu vergangenen Webinaren

Wer die Branche beobachtet, weiß, dass es bei den Batteriespeichern zwei große Bereiche für Geschäftsmodelle gibt. Zum einen der Markt im Haus- und Gewerbesegment, wo es im Wesentlichen um die Verschiebung von Last und Erzeugung geht, zum anderen der Regelenergiemarkt. „Der Hausspeichermarkt wird auf jeden Fall kommen“, ist sich Windelen sicher, trotz der immer wieder aufflammenden Diskussionen um den Eigenverbrauch. Im Gewerbe können Batteriespeicher einem ähnlichen Zweck dienen. Dort bestehen aber wie in dem zweiten großen Marktsegment, dem Regelenergiemarkt, noch größere regulatorische Baustellen. So werden Energiespeicher nach wie vor als Letztverbraucher behandelt und mit den entsprechenden Abgaben belastet, obwohl sie dies per Definition nicht sind, da sie die Energie nur zwischenspeichern und wieder abgeben. „Diese Abgabenbelastung erschwert aktuell noch massiv die Wirtschaftlichkeit von Speicherprojekten“, sagt Windelen. Auch bei der Präqualifikation für den Regelenergiemarkt werden Speicher noch benachteiligt – so ist nach wie vor in der Diskussion, ob Batteriespeicher andere und vor allem strengere Anforderungen erfüllen müssen als andere Anbieter von Regelenergie.

Hat man dann auch die europäische Perspektive, wird es noch komplizierter. Nicht umsonst beschäftigt sich vor Ort in Düsseldorf auch Bloomberg New Energy Finance mit den Markt- und Rahmenbedingungen auf einem zusammen mit dem VDE organisierten gesonderten Finance Track.

Die Community wird auf der Energy Storage also einiges zu diskutieren haben. Zeitgleich beschäftigt sich der Bundestag mit dem Strommarktgesetz, bei dem es zu einer Entscheidung über etliche regulatorische Punkte kommen soll. So steht etwa die Forderung zur Diskussion, Energiespeicher als vierte eigenständige Säule des Energiesystems zu definieren und damit von den Letztverbraucherabgaben zu befreien. Auch geht es um die Marktrolle der Speicher sowie die Frage, inwieweit auch Netzbetreiber Speicher betreiben dürfen.

Dass die viel diskutierten neuen Geschäftsmodelle trotzdem schon jetzt im Kommen sind, zeigen drei Firmen, die auch in Düsseldorf präsent sein werden. Steag will noch dieses Jahr eine Regelleistungskapazität mit Batteriespeichern in der noch unvorstellbaren Höhe von 90 Megawatt aufbauen. Caterva, ein junges Unternehmen, an dem der Nürnberger Energieversorger N-ergy beteiligt ist, hat als Erstes die Präqualifizierung geschafft, die notwendig ist, um mit dezentral verteilten Batteriespeichern Primärregelleistung anzubieten (siehe pv magazine September 2015, Seite 46). General Electric hat seine Produktionsstätte in Berlin-Marienfelde mit BHKW, Photovoltaik und einem 200-Kilowattstunden-Speicher ausgestattet und will mit dem Projekt aufzeigen, wie sich auch im Gewerbe eine hohe Autarkie erreichen lässt.

So wie es bei den Industrieunternehmen mehr um Systeme und deren intelligente Entwicklung geht, geht es auch Netzbetreibern nicht um einzelne Technologien, sondern um die Entwicklung des Netzes insgesamt, dass es für die Energiewende fit gemacht wird. Arge Netz wird vor Ort sein, das einer der Gewinner der fünf vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Sinteg-Schaufensterregionen ist („Schaufenster intelligente Energie – Digitale Agenda für die Energiewende“, siehe pv magazine November 2015, Seite 35). Das Projekt soll zeigen, dass Hamburg und Schleswig-Holstein bereits 2025 zu 70 Prozent erneuerbar versorgt werden können. Um so hohe Durchdringungsrate zu erreichen, kann es sinnvoll sein, aus Nachtspeicherheizungen Sonnenspeicherheizungen zu machen, wie es zum Beispiel bereits Glen Dimplex vorgestellt hat, Hersteller von Speicherheizungen, Wärmepumpen und einem Smart-Homesystem für Mieter, das dazu passt (siehe pv magazine Juni 2015, Seite 86). Auch ein Thema für die Energy Storage.

Durch den Fokus auf die Anwendungen von Energiespeichern rückt neben dem technischen System und den Rahmenbedingungen auch der Vertrieb in den Fokus der Veranstalter. „Tesla hat mit seiner Powerwall auch aus dem Grund eine so große Welle losgetreten, da erstmals der Haussspeicher als Stand-alone-Produkt präsentiert wurde – ohne einen expliziten Photovoltaik-Bezug“, sagt Windelen. „Das hat den Blick auf das Produkt nachhaltig verändert.“ Starke Endkundenmarken werden auch auf der Energy Storage präsent sein, wie die Deutsche Accumotive, der Mercedes Benz der Hausbatteriespeicher, oder Samsung. Der Direktvertrieb scheint also an Bedeutung zu gewinnen, so Windelen. Daneben entstünden Vertriebswege über Stadtwerke und Energieversorgungsunternehmen. Von den Hausspeicher Anbietern werden unter anderem auch SMA, Varta und E3/DC vor Ort sein, aber auch junge Unternehmen wie Jena Batteries.

Wem das Programm nicht ausreicht, der kann zusätzlich die gleichzeitig am selben Ort stattfindende Power-to-Gas-Tagung von Otti und die IRES-Tagung besuchen. Das ist die Speicherforschungstagung von Eurosolar, die weniger den Markt thematisiert, sondern technologisch in die Tiefe geht.

Die Energy Storage wächst jedenfalls schnell. Die Messe Düsseldorf, die die Konferenzmesse ausrichtet, rechnet dieses Jahr mit über 3.000 Fachbesuchern, 50 Prozent mehr als 2015, und über 135 Ausstellern, 40 Prozent mehr als 2015. Schauen wir nach, ob es stimmt und wie der Markt weiter aufwärts geht. pv magazine wird vor Ort sein. (Michael Fuhs)

Mehr Infos unter:www.energy-storage-online.de

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