Solarworld strebt Einigung mit Hemlock an

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Es dauerte nur etwa eine Stunde und der Aktienkurs von Solarworld halbierte sich am Montag auf 5,48 Euro. Ein neues Jahrestief für den Bonner Photovoltaik-Hersteller. Bis zum Börsenschluss kletterte der Aktienwert wieder auf etwa zehn Euro. Was war passiert? „Der Aktionär“ hatte über einen 800-Millionen-Dollar-Schock und die drohende Pleite von Solarworld nach einer Gerichtsentscheidung in den USA berichtet. Dabei geht es um einen seit 2013 andauernden Rechtsstreit zwischen dem US-Siliziumhersteller Hemlock und der Solarworld-Tochter Deutsche Solar, die mittlerweile unter dem Namen Solarworld Industries Sachsen GmbH firmiert.

Solarworld wies den Medienbericht umgehend als „missverständlich“ zurück. „Die Teilentscheidung des Gerichts über Kartelleinwendungen ist kein Urteil, sondern betrifft lediglich eine von mehreren gleichwertigen Einwendungen gegen die Klage und ist prozesstechnischer Natur“, hieß es dazu am Montag. Der deutsche Photovoltaik-Hersteller strebe zudem eine Einigung im Laufe des Prozesses mit Hemlock an und geht zugleich davon aus, dass der Prozess noch Jahre dauern könne. „Die voraussichtlichen weiteren Prozessjahre der ersten und der sich unter Umständen anschließenden zweiten Instanz wird die Solarworld nutzen, auch mit dem Siliziumlieferanten Hemlock eine Einigung und Regelung zur Weiterbelieferung abzuschließen. Solarworld hat dies mit allen anderen Siliziumlieferanten erfolgreich vollzogen“, hieß es weiter.

In der Tat hat es am vergangenen Mittwoch eine Teilentscheidung des für den Rechtsstreit zuständigen U.S. District Court for the Eastern District of Michigan gegeben. Die Richter wiesen das Argument von Seiten Solarworlds zurück, dass die Verträge mit Hemlock nach europäischem Kartellrecht unwirksam seien und daher keine Schadenersatzansprüche abzuleiten seien. Dieses Argument wiesen die Richter nun zurück.

Bei der Klageeinreichung 2013 wollte Hemlock für die Verletzung von Liefervereinbarungen von der Solarworld-Tochter Schadenersatz in Höhe von 83 Millionen US-Dollar. Mittlerweile hat sich dieser Betrag aber auf schwindelerregende 676 Millionen US-Dollar erhöht. Solarworld sieht nach eigenen Angaben „keine höhere Risikoeinschätzung seit dem Prozessbeginn im März 2013“. Außerdem sei diese seither kontinuierlich bilanziell gewürdigt worden.

Allerdings scheint Solarworld nun sein wichtigstes Argument verloren zu haben. Im Solarworld-Bericht zum dritten Quartal heißt es mit Blick auf den Rechtsstreit: „Der Siliziumlieferant macht aufgrund der Nichtabnahme Ansprüche aus der „Take or Pay“ Verpflichtung und aus Schadenersatz in Höhe von insgesamt 676 Millionen US-Dollar geltend. Basierend auf externen juristischen Stellungnahmen verstoßen nach Auffassung der Gesellschaft die gegenständlichen Siliziumverträge gegen europäisches Kartellrecht, was zur Nichtigkeit der Abnahmeverpflichtungen und ggf. zur Nichtigkeit der Verträge insgesamt führt bzw. führen könnte. Der Ausgang des Verfahrens kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht eingeschätzt werden.“

Ein Schadenersatz in dieser Höhe könnte sich Solarworld angesichts liquider Mittel von derzeit rund 140 Millionen Euro nicht leisten. Die „ARD-Börse“ berichtet unter Berufung auf die Analysten von Independent Research, dass Hemlock kein Interesse daran haben dürfte, Solarworld in die Insolvenz zu treiben. In diesem Fall würden erst einmal die Anleihegläubiger zum Zuge kommen. Die Analysten sehen daher gute Chancen für eine gütliche Einigung der beiden Photovoltaik-Konzerne und halten es trotz des jüngsten Urteils weiter für möglich, dass Solarworld den Fall noch gewinnt. Solarworld-Chef Frank Asbeck hatte Bloomberg zufolge zum Prozessauftakt vor rund 2,5 Jahren selbst gedroht, die Deutsche Solar Pleite gehen und damit Hemlock leer ausgehen zu lassen. Solarworld dementierte dies kurz danach.

Jenni Chase von Bloomberg New Energy Finance (BNEF) sagt auf Anfrage von pv magazine: „Solarworld wird argumentieren, dass die Siliziumverträge und damit die Kaufverpflichtungen null und nichtig sind. Als die Verträge geschlossen wurden, hatten die Siliziumhersteller angesichts des globalen Siliziummangels die ganze Macht.“ Mittlerweile ist der Silizumpreis aber deutlich gesunken. Der damals in den Verträgen festgelegte Preis dürften ein Vielfaches des derzeitigen Spotmarktpreises von 15,2 US-Dollar pro Kilogramm betragen haben.

Hemlock war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen. (Sandra Enkhardt)

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