Es geht voran

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Manche Innovationen geschehen wie im Bilderbuch. Es war der Zufall, der im Jahr 2005 Axel Herguth, damals Student in der Gruppe von Giso Hahn an der Universität Konstanz, auf die richtige Spur brachte, um einen der lästigsten Effekte der Halbleitertechnologie zu bekämpfen. Sie erhöhten bei einer Routine-Messreihe die Temperatur, um den Ablauf zu beschleunigen. Heraus kam, dass die lichtinduzierte Degradation beseitigt war, nicht nur kurzfristig, sondern dauerhaft über die 20-jährige Betriebsdauer in einer Photovoltaikanlage. Dieser Effekt, auch Bor-Sauerstoff-Degradation genannt, führt in monokristallinen Wafern zu einer anfänglichen lichtinduzierten Degradation (LID) von bis zu drei Prozent. Dank der Zufallsentdeckung haben die Konstanzer Forscher ein Verfahren entwickelt, mit dem monokristalline Zellen ohne LID-Effekt hergestellt werden können. Der Wirkungsgrad steigt entsprechend.
Doch wie wichtig ist Innovation bei Zell- und Modulentwicklung überhaupt noch? Module machen in Deutschland durch die dramatische Kostensenkung in den letzten Jahren nur noch 40 bis 60 Prozent der Systemkosten aus, so dass andere Kosten zunehmend relevanter werden. In den letzten Jahren ist außerdem die Netzintegration zu einem viel diskutierten Thema geworden. In der Öffentlichkeit sehen einige darin sogar den begrenzenden Faktor für den Photovoltaikausbau. Und die Zellen und Module aus Massenproduktion nähern sich immer weiter den Rekorden aus den Labors. Dort erzeugten Forscher nach einem Diagramm des amerikanischen Forschungsinstituts NREL bislang bei monokristallinen Zellen maximal 25,6 Prozent, bei multikristallinen 20,4 Prozent.
Pierre Verlinden, Chefwissenschaftler von Trina, sieht die Zell- und Modulentwicklung trotzdem noch lange nicht am Ende. „Ich glaube, dass technische Innovation in den nächsten Jahren der Schlüsselfaktor für die Wettbewerbsfähigkeit ist“, so Verlinden. Die Kosten gehen derzeit, so schätzt er, pro Jahr um sieben Prozent nach unten. Dabei sollte diese Einsparung erst ab 2017 wieder an die Käufer weitergegeben werden. Zell- und Modulhersteller benötigten wieder höhere Margen, um in neue Linien zu investieren und eine gewisse Nachhaltigkeit zu erreichen, zu der schließlich auch die Innovationsfähigkeit gehört.

Drei große Innovationsfelder

Die nächsten größeren Innovationsschritte in der Zellproduktion sollten dabei nach Ansicht von Giso Hahn bei den drei großen Kostentreibern ansetzen. „Das ist der noch hohe Silberbedarf, das sind aufwendige Beschichtungsverfahren und das sind die Ofenschritte, mit denen Wafer dotiert werden.“ Gerade das Silberthema ist schon seit einigen Jahren in Diskussion und immer noch aktuell.
Wie weit der Weg von der Entdeckung einer Methode bis zur Anwendung ist, zeigt sich bei der Methode des Konstanzer Professors zur Beseitigung der lichtinduzierten Degradation. Die Crux bei allen Verfahren aus dem Labor ist die Umsetzung in der Produktion. Die Behandlung könne man entweder in der Solarzellenproduktion am Ende anschließen oder während der Lamination in der Modulproduktion. Jetzt, neun Jahre nach der Entdeckung, geht es voran. „Seit einigen Monaten sehen wir ein starkes Interesse an dem Verfahren“, sagt Hahn, dessen Universität sich nun Einnahmen aus den Patenten erhofft.
Wer derzeit Martin Greens Labor an der University of New South Wales besucht, kann sich übrigens – so erzählt er – ebenfalls vorführen lassen, wie sich Degradationseffekte beseitigen lassen – im „secret room“. Besucher des in Forschungskreisen sehr bekannten Professors in Australien können monokristalline Wafer mitbringen, ein Mitarbeiter Greens verschwindet in diesem Raum der Geheimnisse, behandelt den Wafer und kommt nach einer Stunde damit zurück. Auch dann soll der Wafer keine Bor-Sauerstoff-Degradation mehr aufweisen.

Noch Spielraum bei PERC-Zellen

Das Interesse an den Verfahren, die die Degradation monokristalliner Wafer reduzieren, dürfte auch im Zusammenhang mit einer anderen Technologie stehen, die seit einigen Jahren in aller Munde ist: PERC. Ursprünglich hatte Martin Green in den 90er Jahren damit einen Weltrekord für eine quadratzentimetergroße Laborzelle geschafft. Dann wurde es ein Jahrzehnt ruhiger darum. Auf der Konferenzmesse PVSEC vor drei Jahren standen die Methoden zur Umsetzung dann im Mittelpunkt der Vortragssessions.
Inzwischen behaupten sehr viele Hersteller, diese Technologie einzusetzen. Kurioserweise sprechen sie jeweils ihren Wettbewerbern ab, sie in großen Stückzahlen herstellen zu können. Solarworld zeigte der Presse im Januar ein neues PERC-Weltrekordmodul mit 306 Watt Leistung. „Wir sind der erste Hersteller, der 300 bis 400 Megawatt damit produziert“, sagte Holger Neuhaus, Managing Director der Solarworld Innovations GmbH. Auch Q-Cells gibt an, PERC in der „Quantum“ genannten Zellserie umgesetzt zu haben. Trina will PERC mit der Honey-Ultra-Zelle kommerzialisieren, sobald die Zertifizierung der Produkte Ende 2014 abgeschlossen ist. Stefan de Haan, Analyst bei IHS, schätzt, dass inzwischen 15 Prozent der Zellen als PERC-Zellen gefertigt werden, und diese seien zum größten Teil multikristallin.
Bei PERC, das steht für Passivated Emitter and Rear Cell, wird vor allem die Rückseite der Zelle anders als bei Standardsolarzellen aufgebaut. Wie hoch die Wirkungssteigerung wirklich ist, hängt jedoch von der Waferqualität ab. Trina und Solarworld geben den Effizienzgewinn mit einem Prozentpunkt absolut an. „Je besser die Waferqualität unter Einsatzbedingungen nach Beleuchtung ist, umso höher ist der Hub“, erklärt Giso Hahn. Daher sei es wünschenswert, PERC an Monozellen ohne LID-Effekt anzuwenden und die Bor-Sauerstoff-Degradation möglichst ganz einzudämmen.

Optimierungspotenzial bei PERC

Aber auch sonst sieht Hahn noch Raum für Innovation bei der PERC-Technologie, obwohl sie bereits in der Produktion angekommen ist. „Nur weil man PERC-Zellen herstellen kann, heißt das ja nicht, dass es schon so kostengünstig geschieht, wie es möglich wäre“, erklärt er. Die Rückseite wird bei dieser Technologie nicht mehr wie bei Standardzellen mit Aluminium beschichtet, sondern mit sogenannten dielektrischen Passivierungsschichten. Anders als das Aluminium sind die dielektrischen Passivierungsschichten nicht leitend, daher müssen zusätzlich Löcher in der Passivierungsschicht erzeugt werden.Durch diese wird der Siliziumhalbleiter dann zum Beispiel mit Aluminium kontaktiert.
Die Herausforderung ist, die Beschichtung mit der Passivierungsschicht und die Strukturierung zur Kontaktierung kostengünstig hinzubekommen, das heißt schnell und mit hoher Qualität. Dafür gibt es unterschiedliche Methoden. Relativ unbestritten ist, dass sich Aluminiumoxid als dielektrische Schicht besonders gut eignet. Mit Siliziumnitrid gibt es jedoch mehr Erfahrung, wie Schichten abgeschieden werden. Am Ende zählt jedoch auch hier nur die Gesamtbetrachtung – wie viel kostet eine bestimmte Wirkungsgradsteigerung.
Bei der Beschichtungstechnologie ist noch einiges an Entwicklungen zu erwarten. Die klassische Methode ist die sogenannte PECVD, Plasma Enhanced Chemical Vapour Deposition. Dabei wird zum Beispiel mit einem Elektronenstrahl Energie in ein Gas gepumpt, in einer dadurch angeregten (plasma enhanced) chemischen (chemical) Reaktion wird zum Beispiel Siliziumnitrid auf der Zelloberfläche abgeschieden (vapour deposition). In den letzten vier Jahren haben die Firmen Solaytec und Levitec alternativ die sogenannte Atomic Layer Deposition so weiterentwickelt, dass sie den für eine Serienfertigung nötigen hohen Durchsatz erreicht. Bei dieser Technologie wird die gewünschte Schicht Atomlage für Atomlage sehr präzise abgeschieden.
Der Maschinenbauer Schmid bietet inzwischen eine weitere Methode an. Bei der APCVD findet die Abscheidung bei normalem Atmosphärendruck statt, wodurch der Prozess deutlich einfacher wird. Die Homogenität scheint allerdings etwas geringer zu sein. „Für die Beschichtung mit Aluminiumoxid ist dieses Verfahren neu“, sagt Giso Hahn, der mit Schmid zusammenarbeitet. „Geringe Inhomogenitäten dürften bei Anwendung auf der Rückseite der Solarzelle keine so große Rolle spielen.“ Doch auch bei PECVD geht die Entwicklung derzeit weiter. Manz und Singulus haben eine Alternative zur Plasmaanregung gefunden. Bei der sogenannten induktiven Anregung wird, so Hahn, eine schnellere Abscheidung ermöglicht.

Tschüss Busbars

Ebenfalls auf der Schwelle zur Umsetzung sind Technologien, die die Busbars ersetzen. Bisher wird in Standardzellen der Siliziumhalbleiter mit einer Art Gitter aus Leiterbahnen kontaktiert. In eine Richtung verlaufen viele dünne Kontaktfinger aus Silber. Senkrecht dazu verlaufen zwei oder drei breitere Busbars, die den Strom sammeln und auf denen in der Modulfertigung die Zellverbinder-Bändchen gelötet werden.
Ersetzt man die Zellverbinder durch ein Drahtgitter aus parallelen Runddrähten, die besser leiten und bei denen die Kontaktierung der Kontaktfinger enger ist, kann die Breite der Kontaktfinger reduziert werden. „Das verringert die Verschattung“, erklärt Giso Hahn, und erhöht dadurch den Wirkungsgrad. Ebenso wirkt ein weiterer Effekt: Busbars reflektieren Licht, das senkrecht auf sie trifft, senkrecht nach oben, so dass es die Zelle wieder verlässt. Trifft das Licht dagegen auf die neuen Runddrähte, wird es nicht senkrecht, sondern schräg nach oben reflektiert. Diese Lichtstrahlen werden teilweise von der Glasoberfläche zurück zur Zelle reflektiert und zur Energiekonversion genutzt. Ein anderer Effekt der neuen Technologie senkt direkt die Kosten: Der Querschnitt der Drähte ist so groß, dass die Leitfähigkeit von verzinntem Kupfer ausreichend ist. Es wird also das Silber der Busbars eingespart.
Eine dieser neuen Verschaltungstechnologien heißt Smartwire und wird von Meyer Burger angeboten. Dort sind die Drähte in einem Elastomer enthalten und werden in der Modulproduktion auf die Zelle aufgelegt. Durch die Lamination werden sie befestigt. Zunächst hatte das Start-up Day4Energy diese Technologie entwickelt, bis sie 2012 von Meyer Burger übernommen wurde. Da Day4Energy nach Aussage von Meyer Burger bereits Produktionslinien mit 250 Megawatt Produktionsleistung damit ausgestattet hat, gibt es schon einen TrackRecord, der bei der jetzigen Vermarktung helfen könnte.

Upgrade statt Neukauf

Nach Aussage von Finlay Colville, Analyst bei NPD Solarbuzz, gegenüber dem USA-Korrespondenten des pv magazine, Christian Roselund, wollte Day4Energy damals das Know-how für sich behalten, die asiatischen Produzenten wollten die Technologie jedoch selbst kontrollieren. Das habe sich geändert. „Jetzt sind die Zell- und Modulhersteller sehr nervös, wenn sie ihre Kapazitäten mit neuen Linien erweitern“, erklärt er. „Das Angebot von Equipment-Herstellern ist daher, Wege zu finden, mit denen die existierenden Linien verbessert werden können“, sagt er.
Meyer Burger hat die Technologie vor Kurzem an den polnischen Produzenten Hanplast verkauft, der damit im ersten Quartal 2015 eine 85-Megawatt-Standardzellen-Produktion hochfahren will. Nach Aussage von Meyer Burger ist Smartwire mit selektivem Emitter, mit PERC-, Heterojunction(HIT)-, p-Typ- und n-Typ-Zellen kompatibel.
Schmid hat eine ähnliche Technologie entwickelt und „Multi Busbar“ genannt. Sie sieht vor, dass die Drähte in einem umgerüsteten Stringer auf die Kontaktfinger aufgelötet werden. „Die Stringing-Technologie bleibt im Prinzip erhalten, nur dass statt sechs Bändchen circa 30 Drähte gelötet werden“, sagt Harry Wirth, Leiter des Bereichs Module, Systeme und Zuverlässigkeit am Fraunhofer ISE. Er arbeitet mit Schmid daran, die Lötverbindung zu charakterisieren und zu optimieren. Schmid hat bereits ein Gerät, mit der Multi-Busbar-Module produziert werden können, an einen Kunden in der Türkei ausgeliefert.

Zwei Drittel des Silbers sparen

Giso Hahn sieht vor allem den Aspekt, dass mit der Technologie der Silbergehalt sinkt. Auch Schmid rechnet detailliert vor, dass der Kostenvorteil bei einer 30-Megawatt-Produktionslinie ohne Investitionskosten bei aktuellen Silberpreisen pro Jahr 600.000 US-Dollar betrage (siehe Tabelle vorherige Seite). Etwas mehr als die Hälfte geht auf das Konto der Wirkungsgradsteigerung. Die andere Hälfte kommt von der Silbereinsparung. Dabei enthielten die Multi-Busbar-Zellen nur noch 40 Milligramm Silber, 80 Milligramm weniger als Standardzellen.
Meyer Burger gibt den Silbergehalt der Smartwire-Zellen ebenfalls mit 40 Milligramm an. Das Schweizer Unternehmen rechnet gleichzeitig damit, dass eine Produktionslinie, die ohne Smartwire 70 bis 80 Megawatt Kapazität hat, diese mit Smartwire auf 100 Megawatt steigert. Das reduziere die Investitionskosten (Capex) um 20 Prozent bezogen auf die Wattpeak-Kapazität. Der Wirkungsgrad der damit produzierten Zellen steige um 2,6 Prozent pro Wattpeak bei Standardzellen und um sechs Prozent bei Hocheffizienzzellen.
Multiwire- und Smartwire-Technologien ändern unter Umständen die Perspektiven anderer neuer Technologien, die in den letzten Jahren diskutiert wurden und die in der Entwicklung sind. Forscher experimentieren schon seit Längerem damit, das Silber der Frontkontakte durch Kupfer zu ersetzen. Das ist ein anspruchsvolles Vorhaben, da Kupfer nicht direkt mit dem Halbleiter in Verbindung kommen darf. Daher musste ein komplett neuer Kontaktaufbau entwickelt werden. „Das ist eine Innovations- und Implementierungshürde“, sagt Joachim John, der am belgischen Forschungsinstitut Imec unter anderem bereits Zellen mit Kupferkontakten hergestellt hat. Mit Multiwire- und Smartwire-Technologien könnte es billier werden. „Sie helfen, den Schritt vom Silber hin zum Kupfer zu vollziehen, und das mit vielleicht geringeren Kosten als erwartet.“ Außerdem konkurriert die Drahttechnologie direkt mit der Metal-Wrap-Through(MWT)-Technologie, bei der die Kontaktfinger über kleine Bohrungen durch die Zelle auf der Rückseite kontaktiert werden. Auch das reduziert die Verschattung und den Silberverbrauch. Dadurch, dass die Zellen in der Modulproduktion nur auf der Rückseite kontaktiert werden, können neuartige Produktionsverfahren zum Einsatz kommen. Das könnte zu Kostensenkungen führen. Spricht man mit Experten, halten viele die MWT-Technologie für zu aufwendig, auch weil sie eine neue Verarbeitung der Zellen in der Modulproduktion verlangt. Es gibt allerdings Hersteller, die diese Rückseitentechnologie in Produktionslinien bereits einsetzen.

Innovationen – evolutionär oder disruptiv?

Gerade bei der Zellforschung stellt sich immer wieder die Frage, wie disruptiv eine Innovation sein darf. In der Produktion hat ein stark evolutionär geprägter Ansatz in den letzten Jahren großen Erfolg gehabt. Die Wirkungsgrade der produzierten Zellen steigen kontinuierlich. Bei Trina zum Beispiel sind es rund zwei Prozent relative Steigerung oder fünf Watt pro Jahr. Und zwar nicht durch große Technologiesprünge, sondern durch vergleichsweise kleine Änderungen hier und dort. Etwa durch bessere multikristalline Wafer, größere Ingots, durch eine bessere Kontrolle der Wafer- und Zellproduktion oder optimierte Texturierung. „Heutzutage werden Wirkungsgradverbesserungen in 0,1-Prozent-Schritten gezählt“, berichtet Pierre Verlinden von Trina. IHS-Analyst Stefan de Haan geht global von einer jährlichen Leistungssteigerung von ungefähr 0,3 Prozentpunkten absolut aus. Das entspricht ungefähr der relativen Steigerung um zwei Prozent von Trina.
Allerdings sind auch disruptive Innovationen in der Entwicklung. Gerade wagen zwei Unternehmen den Versuch, den Wafermarkt neu aufzurollen (siehe pv magazine global edition, September 2014). In den USA hat das Start-up Solexel Ende Juli 31 Millionen US-Dollar eingeworben, um nur 35 Mikrometer dicke Wafer und Zellen mit 20 Prozent herzustellen. Diese Wafer sind nur ein Fünftel so dick wie derzeit. Mit den Finanzierungsrunden davor hat das Unternehmen inzwischen sogar schon 100 Millionen US-Dollar beisammen. Ein Teil davon stammt vom Modulhersteller Sunpower, der selbst für die disruptive IBC-Rückseitentechnologie bekannt ist Ob und wie viele Kosten mit der Technologie eingespart werden können, hängt aber auch vom Siliziumpreis ab. Zurzeit kostet das Silizium rund acht bis neun Eurocent pro Watt. Da ist der Sägeschnitt mit eingerechnet. Fünftelt Solexel die Zelldicke und vermeidet den Sägeschnitt, könnten die Siliziumkosten in einer Zelle also auf ein Eurocent pro Watt fallen. Für die gesamte Zelle plant Solexel 2015 Kosten von etwa 40 US-Cent, das sind derzeit rund 30,5 Eurocent pro Watt.

Spanverluste kosten noch 1,8 Milliarden

Das Unternehmen 1366 Technologies will zwar keine so dünnen Wafer produzieren, sondern Standardmaße, diese jedoch wie Solexel mit einem spanfreien Verfahren. In der herkömmlichen Produktion geht ein Teil des Siliziums durch Spanverluste beim Sägen verloren. 1366 schätzt, dass die Solarindustrie jedes Jahr 100.000 metrische Tonnen verschwendet. Wenn diese Zahl stimmt, entspricht das rund 1,8 Milliarden US-Dollar pro Jahr.
Für Unternehmen, die komplett Neues in Angriff nehmen, gibt es viele Hindernisse zu umschiffen. Solexel, das bereits eine Ein-Megawatt-Produktionslinie am Laufen hat, muss zum Beispiel die gesamte Produktion bis zum Modul neu aufbauen, da herkömmliche Linien die dünnen Wafer gar nicht verarbeiten können. Die ersten Erfolge können sich sehen lassen: Derzeit erreicht Solexel mit den Rückkontaktzellen nach eigener Aussage einen Modulwirkungsgrad von 19 Prozent. 1366 experimentiert zwar bereits an einer 25-Megawatt-Linie, muss aber noch zeigen, dass die Wafer nicht nur ohne Spanverluste produziert, sondern auch effiziente Zellen daraus hergestellt werden können. Nach Aussage des Unternehmens sind bereits 17 Prozent Zellwirkungsgrad möglich. Shyam Mehta, Analyst bei GTM Research, sieht daher langfristig ein Potenzial.
Über Solexel urteilen Investoren sichtbar positiv. Doch das war eher die Ausnahme. Risikokapitalgeber haben nach Einschätzung von Raj Prabhu von Mercom Capital in den letzten Jahren einen weiten Bogen um Investitionen in Solartechnologie gemacht haben. „Solexel war eines der wenigen Solartechnologie-Unternehmen, die konsistent über die letzten Jahre eine Finanzierung finden konnten“, so der Analyst.

Innovationen aus China

Für die Zukunft gibt es noch viel Platz für Innovationen. Einige Zeit weiter in die Zukunft denken beispielsweise die Forscher, die an Perowskit-Solarzellen forschen (Artikel Seite 56). Mit diesem neuartigen Material gelang es ihnen, den Wirkungsgrad innerhalb von nur fünf Jahren von 3,8 auf nun 19 Prozent zu steigern, was in der Wissenschaftlerwelt als einzigartig gilt. Gelingt es, daraus auf großen Flächen Solarzellen zu produzieren, könnten diese billiger sein als heute. Tandemzellen mit Perowskit und Silizium könnten die derzeitigen Wirkungsgrade weit übertreffen.
Da stellt sich die Frage, ob diese Innovationen hauptsächlich in China stattfinden werden, nachdem dort schon ein Großteil der Zellen und Module produziert wird. Befragt man Wissenschaftler aus dem Westen, so heißt es oft, dass die derzeitige Aufgabenteilung noch anhält. Die Innovationen fänden im Westen statt, die Maschinenbauer bringen sie dann in die ganze Welt. Doch es mehren sich die Anzeichen, dass sich das ändert.
Dass Forscher hierzulande Entwicklungen aus China nicht immer kennen, mag auch daran liegen, dass chinesische Experten oft nicht auf internationale Konferenzen fahren können. Das liege zum einen an den niedrigen Reisebudgets, sagt Trinas Chefwissenschaftler Verlinden. Es gibt aber auch einen ganz banalen Grund. Manchmal liege zu wenig Zeit zwischen Konferenzzusage und Termin, um ein Visum für Europa und die USA bekommen. „Forschung und Entwicklung haben in China in den letzten fünf Jahren stark zugenommen“, so Verlinden. „Zu sagen, Forschung und Entwicklung fände hauptsächlich in westlichen Ländern statt, ist nicht mehr richtig.“

Die Erfindung der Solarzelle

Der Beginn der Halbleiterrevolution in den frühen 1950er Jahren legte die Saat für die erste funktionierende Solarzelle. Das war der Moment, an dem die solare Revolution gezeugt wurde. Zufälligerweise fiel die Geburt zusammen mit der des Siliziumtransistors, der grundlegenden Komponente in heutigen Elektrogeräten. Zwei Wissenschaftler, Calvin Fuller und Gerald Pearson von den berühmten Bell Laboratories, waren die Pioniere, die die Entwicklung von der theoretischen Vorstellung eines Siliziumtransistors zum funktionierenden Bauteil anführten. (…) Im späten Februar 1953 begann Daryl Chapin, ein Wissenschaftler der Bell Laboratories, seine Studien mit Selen, das war damals das einzige photoelektrische Material, das verfügbar war. Wissenschaftler haben es 1876 entdeckt, als Kerzenlicht auf ein Selenmodul fiel. Sooft sie es auch versuchten, sie konnten 67 Jahre lang den Wirkungsgrad nicht über magere 0,5 Prozent erhöhen. Auch Chapin konnte es nicht besser. (…) Doch Pearson riet Chapin, seine Zeit nicht mit Selen zu vergeuden, und gab ihm die Siliziumzelle, die er mit ein bisschen Glück zustande gebracht hatte. Chapins Tests unter starkem Sonnenlicht gaben Pearson recht. Die Siliziumsolarzelle hatte einen Wirkungsgrad von 2,3 Prozent.
Auszug aus John Perlin, Let It Shine: The 6,000-Year Story of Solar Energy, New World Library; ISBN-13: 978-1608681327

Glas-Glas-Module

Wirtschaftlichkeit lässt sich nicht nur mit höherer Effizienz, sondern auch mit einer längeren Lebensdauer erreichen. Etliche Hersteller setzen dazu inzwischen auf Module, die zum Schutz sowohl vorne als auch hinten eine zwei Millimeter dünne Glasscheibe haben. Dank der Fortschritte in der Glasproduktion sind die Scheiben ausreichend stabil und da Glas die Zellen besser schützt als die sonst verwendete Rückseitenfolie, sind Glas-Glas-Module länger haltbar. Allerdings ist kaum nachvollziehbar, wer sie wirklich produzieren kann und wer sie nur im Prospekt abdruckt.
Auch Solarworld bietet Glas-Glas-Module an. Holger Neuhaus wollte jedoch keine Produktionszahlen nennen. Er verriet im Januar nur, dass die Hälfte der 500-Megawatt-Fertigung am Standort in Erfurt mit dieser Technologie laufen kann. Das entsprechende Glas stehe ausreichend zur Verfügung und den Rest richte der Markt. Um die längere Lebensdauer nachzuweisen, habe man bei Solarworld diverse Tests durchgeführt. So hätten sie etwa einen Schock-Temperaturwechseltest entwickelt und ausgerechnet, dass die Testprozedur rund 9.000 Zyklen im herkömmlichen Temperaturwechseltest entspreche. 9.000 Zyklen entsprechen wiederum ungefähr den Tag-Nacht-Zyklen von 30 Jahren.

StandardzelleMulti-Busbar-Zelle
Silbergehalt Vorderseite120 mg40 mg
Verdickungen fürLötpunkte18 mg
Silbergehalt Rückseite30 mg30 mg
Silberpreis550 €/kg550 €/kg
Kosten Silberpro Wattpeak1,80 Cent(€)/kWp1,06 Cent(€)/kWp
Kostendifferenz pro Wattpeak0,74 Cent(€)/kWp
Wirkungsgradsteigerung pro Modul+5 Wp
Kosten pro Wattpeak eines Moduls0,55 €/Wp0,55 €/Wp
Kostenersparnispro Modul2,75 €/Modul
Kostendifferenzpro Wattpeak1,00 Cent(€)/Wp
Kosten für die Drähte und Verbinder00,17 Cent(€)/Wp
Kostenersparnisinsgesamt pro Wattpeak1,57 Cent(€)/Wp
Kostenersparnispro Modul4,323 €/Modul

So berechnet Schmid den Preisvorteil seiner Multi-Busbar-Technologie in der laufenden Produktion. Investitionskosten sind nicht berücksichtigt. Die Tabelle zeigt, in welch kleinen Schritten Hersteller langsam, aber kontinuierlich ihre Produktionskosten senken können.

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