pv magazine: Wie lief das Jahr 2013 für die deutschen Photovoltaik-Maschinenbauer?
Florian Wessendorf: Für die Photovoltaik-Ausrüster war 2013 ein sehr herausforderndes Jahr, immer noch geprägt von Überkapazitäten und enormen Preisdruck. Unsere Mitgliedsunternehmen rechnen für das Jahr 2013 im Vergleich zum Vorjahr mit einem Umsatzrückgang von rund 30 Prozent.
Und im Jahr 2012 gab es ja auch schon starke Umsatzeinbrüche…
Ja, schon 2012 gab es gegenüber dem Vorjahr einen Umsatzrückgang von rund 50 Prozent. 2011 war der Markt jedoch total überhitzt, diese Zeiten werden wohl kaum zurückkommen. Im Jahr 2012 hatten unsere Mitgliedsunternehmen aus dem Bereich Photovoltaik-Maschinen- und Anlagenbau einen Umsatz von rund 1,4 Milliarden Euro.
Wie hat sich denn die Zahl ihrer Mitgliedsunternehmen entwickelt?
Die Zahl unserer Mitglieder ist gegenüber dem Vorjahr weitestgehend konstant geblieben. Allerdings haben etliche unserer Mitgliedsunternehmen den Photovoltaik-Bereich vorübergehend stillgelegt. Insgesamt haben wir circa 70 bis 80 Firmen, die derzeit im PV-Maschinen- und Anlagenbau aktiv sind. Gerade Unternehmen mit einem besonders starken Fokus in der Photovoltaik wie beispielsweise Centrotherm hatten einen besonders starken Einbruch. Stärker diversifizierte Firmen wie beispielsweise Singulus und Manz konnten das zurückgehende Photovoltaik-Geschäft eher mit anderen Produkten und Technologien ausgleichen. Ein entscheidender Faktor ist hierbei der Technologietransfer von der Photovoltaik in andere Bereiche wie beispielsweise die Optical Discs oder Displays und umgekehrt.
Wie steht denn der deutsche Photovoltaik-Maschinenbau im Vergleich zum gesamten deutschen Maschinenbau da?
2012 erzielten die deutschen Maschinenbauer einen Gesamtumsatz von rund 207 Milliarden Euro, für 2013 wird mit einem ähnlichen Ergebnis gerechnet. Im Vergleich dazu steht der Photovoltaik-Maschinenbau deutlich schlechter da. Im Oktober hatte der Gesamtmaschinenbau in Deutschland einen Auftragsbestand von 5-6 Monaten, der Photovoltaik-Maschinenbau dagegen nur einen Auftragsbestand von 3,2 Monaten. In den Jahren 2010 und 2011 war das gerade umgekehrt, damals hatten die PVhotovoltaik-Maschinenbauer Auftragsbestände von 10 bis 11 Monaten. Eigentlich ist das betriebswirtschaftlich gesehen fast zu viel, der optimale Wert liegt eher bei 5 bis 6 Monaten.
Hat der Handelsstreit mit China wegen der Einfuhr von Solarmodulen ihr Geschäft negativ beeinflusst?
Das hat schon zu Verunsicherungen am Markt geführt, vor allem im ersten Halbjahr 2013. Nach der Einigung im Sommer hat sich das dann wieder etwas gelegt, denn seitdem war klarer, wie die Regelungen ausgelegt sind und die Preise stabilisierten sich. Dies wurde nun Anfang Dezember bestätigt beziehungsweise fortschrieben.
Wie sind ihre Erwartungen für 2014?
Unsere Erwartungen sind wesentlich positiver als für 2013. Vieler unserer Kunden geht es wieder gut. Chinesische und taiwanesische Tier-1-Hersteller von Wafer, Zellen und Modulen haben bereits den Umschwung geschafft. Sie lassen jetzt auch wieder Investitionsbereitschaft erkennen, um Marktanteile gewinnen zu können. Derzeit gehen schon wieder neue Aufträge bei uns ein. Wir erwarten für 2014 ein Wachstum von 11 Prozent gegenüber 2013.
In welchen Bereichen?
Die anziehende Nachfrage geht quer Beet. Doch vor allem bei der automatischen optischen Inspektion von Wafern- und Zellen, Tabbern und Stringern sowie weiteren optischen Inspektionssystemen sehen wir eine starke Belebung. Stark nachgefragt ist weiterhin alles, was die Kosten im Produktionsbereich weiter senkt, zum Beispiel Silber sparende Duo- und Doubleprintverfahren. Gut laufen auch Maschinen und Verfahren zu einer Steigerung der Zelleffizienz wie die PERC Technologie oder die Rückseitenpassivierung. Bei monokristallinen Zellen sehen wir ja mittlerweile einen Standard von 20 Prozent Wirkungsgrad, bei multikristallinen Zellen 18 Prozent.
Welche Rolle spielt die Automatisierung?
Vor allem im Modulbereich sehen wir eine weitere Automatisierung von Produktionsschritten, die bisher nur semi-automatisiert sind, beispielsweise bei der Verlötung oder der Anbringung der Anschlussdosen. Stark nachgefragt werden auch optische Inline-Inspektionsverfahren in verschiedenen Produktionsschritten.
Dominiert weiter die Nachfrage aus China?
Die Nachfrage kommt weiterhin überwiegend aus Asien, doch nicht nur China, sondern auch Taiwan, Malaysia, Singapur. Doch wir sehen auch zunehmend lokale Produktionen in anderen Regionen der Welt, um lokale Märkte bedienen zu können, beispielsweise in der Mena-Region oder auch in Lateinamerika. Großes Potential hat auch Indien, allerdings ist dort die Zellproduktion im Moment eher flau. In Europa sehen wir weiterhin eine gewisse Nachfrage, der europäische Markt bricht nicht ganz weg. Doch die strategische Erschließung weiterer Märkte ist natürlich wichtig für uns.
Wie hoch veranschlagen Sie die Exportquote des deutschen PV-Maschinenbaus für 2014?
Ich rechne damit, dass wir weiterhin zu 80 bis 90 Prozent exportieren werden.
Tun sich denn die Photovoltaik-Maschinenbauer nicht auch schwer mit der Erschließung der vielen neuen Märkte?
Deutsche Maschinenbauer sind ja traditionell exportorientiert, insofern ist für unsere Mitglieder die Erschließung neuer Märkte nichts Ungewöhnliches. Andererseits macht der Aufbau einer Produktion in einem neuen Photovoltaik-Markt erst ab einer Mindestgröße Sinn, vor allem in der Zellproduktion. Bei der Modulproduktion ist dies einfacher, sie kann auch bei einer kleineren Produktionskapazität durchaus wettbewerbsfähig sein und es kann ja auch sinnvoll sein, vor Ort Module zu produzieren, die für bestimmte Klimazonen besonders geeignet sind. Doch trotzdem muss dies nicht heißen, dass in jedem neuen Photovoltaik-Markt eine eigene Produktion kommen wird.
Wie beurteilen Sie „Domestic-Content“-Regelungen?
Ich bin da eher skeptisch, oft haben ja bisher Domestic-Content-Regelungen der Industrie nicht geholfen und führten nicht zu mehr Wettbewerbsfähigkeit, beispielsweise in Indien. Längst nicht alle Länder haben die Voraussetzungen für den Aufbau einer lokalen Photovoltaik-Industrie, dazu kommen politische Unsicherheiten. Wir als VDMA sind klar für den Abbau von Handelshemmnissen.
Andere Industrien, vor allem die Automobilindustrie, produzierten ja zunehmend im Ausland, vor allem in China. Sehen Sie diesen Trend auch in der Photovoltaik-Industrie?
Einige Photovoltaik-Maschinenbauer wie Manz, Schmid, Teamtechnik oder Reis Robotics produzieren schon in China oder Taiwan. Doch im Vergleich zu anderen Industrien hinkt die deutsche Photovoltaik-Industrie bei einem dualen Geschäftsmodell noch hinterher. Für Großunternehmen aus der Automobil- und Chemiebranche ist es allerdings auch schon aufgrund ihrer Größe meist einfacher Auslandsproduktionen aufzubauen als für Mittelständler aus der Photovoltaik. Dazu kommt, dass das Premium-Segment der deutschen Photovoltaik-Anlagenbauer nicht überall vor Ort abgefragt wird und es auch lokale Konkurrenz gibt
Gibt es denn Fortschritte beim Patentschutz in China? Lange Zeit galt dies ja als Hemmschuh für ein stärkeres Engagement im Reich der Mitte.
Wir sehen schon gewisse Fortschritte bei der Durchsetzung von Patentansprüchen in China, weil sich auch dortige Hersteller mit der Ausweitung des Marktes zunehmend selbst schützen müssen. Doch insgesamt ist der Patentschutz in China immer noch kritisch. Wir raten deshalb unseren Mitgliedern dazu, den Kern ihres Knowhows in Europa zu behalten.
Was sind denn aus Ihrer Sicht die wichtigsten Faktoren, um den deutschen Photovoltaik-Anlagenbau weltweit konkurrenzfähig zu halten?
Wichtig ist, dass man bei Innovation sowie Forschung und Entwicklung immer eine Nase voraus bleibt. Entscheidend ist auch ein guter Service vor Ort. Mit einem Serviceteam vor Ort kann immer flexibel reagiert und auch vor Ort Vertrauen gewonnen werden. Wichtig ist es, mehrere Standbeine zu haben, um gegenüber Konjunkturschwankungen unabhängiger zu sein. Eine Diversifizierung kann auch Vorteile beim Technologietransfer im eigenen Unternehmen bieten. Weitere wichtige Erfolgsfaktoren sind die Effizienzsteigerung in der Produktion und der Logistik, die Reduzierung der Beschaffungskosten, die Minimierung des Energiebedarfs, die strategische Erschließung neuer Märkte, die Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen, die Kooperation mit Kunden sowie mit anderen Herstellern. Entscheidend ist auch die interkulturelle Kompetenz. Erfahrungen aus der Markterschließung in Ländern wie China sind ja nicht ohne weiteres auf andere Länder wie Brasilien übertragbar.
Das Interview führte Hans-Christoph Neidlein.
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