Off-Grid PV: Ein anspruchsvoller Markt

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Optimistischer Pragmatismus war der Tenor im Workshop „Off-Grid PV“ am zweiten Tag des Forum Solarpraxis am vergangenen Freitag in Berlin. Es ist immer noch ein kleiner, dennoch kaum überschauberer Pioniermarkt. Es gibt keine Statistiken, wie sich Offgrid-Solarinstallationen in den vergangenen Jahren weltweit entwickelt haben, sagte Catherina Cader vom Reiner Lemoine Institut. Tobias Cossen, Project Manager der deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), verwies auf den EPIA Global Market Outlook 2013-2017, der die jährlichen Offgrid-Neuinstallationen in Afrika, dem Kontinent mit der niedrigsten Elektrifizierungsrate, auf 70 bis 100 MWp schätzt. „Das ist ein großes Projekt in Deutschland”, sagte Cossen, so gesehen nicht viel.

„Der Markt ist sehr kleinteilig“, bestätigte Geraldine Quelle vom Großhändler und Systemanbieter Phaesun. Daher sei es wichtig, mit guten lokalen Partnern zusammenzuarbeiten. Den Hauptumsatz macht die auf Offgrid-PV spezialisierte Firma mit größeren Projekten, solaren Wasserpumpsystemen oder der PV-Stromversorgung von Telekommunikationsstationen, erklärte Quelle in der Pause im Gespräch mit pv magazine, aber von der Anzahl her überwiegen kleine Projekte, die ihrerseits größere Margen erzielen.

AC vs. DC

Jede neue Offgrid-Solaranlage ist ein Vorstoß in noch nicht elektrifiziertes Terrain. Die Fragen, die dabei aufgeworfen werden, führen bisweilen zurück in die Frühzeit der Elektrik. AC oder DC war eines der kontrovers diskutierten Themen des Offgrid-PV-Workshops: was macht mehr Sinn für isolierte Solaranwendungen und Minigrids weitab vom Stromnetz, Gleichstromsysteme ohne Wechselrichter, oder Systeme, in die man alle Wechselstrom-Geräte einstecken kann?

„Wir sind wieder bei der ursprünglichen Kontroverse von Edison und Tesla”, sagte Daniel Philipp, Managing Director der Firma MicroEnergy International. In Bangladesh, berichtete er, wo bis heute mehr als 2 Millionen kleine Solar Home Systems (SHS) installiert wurden, macht es auch langfristig Sinn, DC-Systeme aufzubauen. „Die meisten Haushaltsgeräte können auf DC-Basis laufen.“ Einfache Solar Home Systems, die nur den Basisbedarf der Nutzer abdecken, seien eine gute Grundlage für eine „Schwarm-Elektrifizierung“, wenn man sie modular nach Bedarf auf DC-Basis vernetzt, argumentierte Philipp, zunächst um ungenutzten Strom in ein Microgrid in der Nachbarschaft abzugeben, und später, wenn das öffentliche Stromnetz wächst, in das Hauptnetz.

Nicolas Rohrer, Managing Director beim Systemintegrator Asantys Systems, vertrat die Gegenposition: „AC-Kopplung wird die Standard-Installation sein“, auch wenn es für Pico-Produkte einen „riesigen Markt” gebe. Asantys baut autonome Dorf-Minigrids auf Dreiphasen-Wechselstrom-Basis auf, weil damit größere Distanzen abgedeckt werden können und wesentlich schneller und einfacher installiert werden kann im Falle einer Netzexpansion oder einer Kombination verschiedener Energiequellen. „Installationszeit ist ein sehr wichtiger Faktor im Feld“, betonte Rohrer.

Der Trend in dichter besiedelten Dörfern gehe hin zu zentralisierten Systemen, und die Dörfer würden immer größere Systeme nachfragen, 2010 noch 50 kWp-Systeme, 2012 150 kWp. Sobald ein Minigrid am Ort verfügbar sei, sagte Rohrer, werde es schwierig, Solar Home Systems anzubieten, da sie hinsichtlich Kosten, Endgeräte-Auswahl und Wartung schlechter abschnitten. SHS, prognostizierte er, werden langsam vom Markt verschwinden und durch effizientere Pico-Systeme ersetzt werden. Ein weiterer Trend seien hybride Systeme, die PV mit Dieselgeneratoren verbinden. „Fast 100% der Nachfragen beziehen sich auf Hybridsysteme.”

„Es geht nicht um den Ersatz von AC durch DC“, kommentierte Quelle die Diskussion. „Es macht Sinn, DC-Verbraucher zu verwenden an Orten, wo es kein AC-Netz gibt.“ Abgesehen davon, dass man dann keinen Wechselrichter benötigt, sei auch das Risiko, dass Anwendungsfehler das System zusammenbrechen lassen, geringer.

Dieselgeneratoren und Photovoltaik

Catherina Cader vom Reiner Lemoine Institut präsentierte Weltkarten potenzieller Märkte für Offgrid-PV und PV-basierte hybride Minigrids, die in Zusammenarbeit mit dem SMA Stiftungsverbund ausgearbeitet wurden. Sie zeigen, dass es in vielen Regionen einen Kostenvorteil von PV-Diesel-Systemen im Vergleich zu Diesel-Systemen gibt. Die Amortisationszeit liegt demnach in vielen Gebieten in Afrika, Australien und Südamerika bei fünf bis sieben Jahren, in extrem netzfernen Gebieten bei weniger als vier Jahren. Nur in Systemen mit einem PV-Anteil von 80 Prozent oder darüber, sagte Cader, lohnen sich Batterien.

Laut Philipp Neff, Mitgründer und Managing Director der Firma OneShore, die auf die Integration von Solarsystemen in vorhandene Dieselanlagen spezialisiert ist, kann durch die Kopplung von Dieselanlagen mit PV bis zu 40 Prozent des Diesels eingespart werden. Es sei wichtig, sich zunächst die Verbraucher anzuschauen, betonte er, und ein Fehler, bei Inseln sofort auf 100 Prozent Erneuerbare zu gehen, anstatt PV in vorhandene Systeme einzublenden.

Auch Cossen von der GIZ sprach von einem Trend zu PV-Diesel-Systemen, doch es gebe noch zu wenig Referenzprojekte, bisher seien Offgrid-Märkte mangels politischer Förderung in der Regel noch nicht bankfähig. Innovative Finanzierungsmodelle sind gefragt, sagte Cossen, ein Transfer von Capex (Investionsausgaben) zu Opex (Betriebsausgaben). Lokale Finanzierung sei nur in seltenen Fällen möglich, Kunden seien vorhanden, aber sie könnten keine Vorauszahlung leisten. Unternehmen, die die Finanzierung mitbringen und das Risiko tragen können, hätten daher ein einmaliges Verkaufsargument. Am Markt der Ausschreibungen könne man nur mit einem zuverlässigen lokalen Partner teilnehmen, betonte Cossen, nur gutvernetzte Unternehmen hätten Chancen auf einen Vorreiter-Bonus. Den Offgrid-Markt insgesamt charakterisierte Cossen als kleines Segment mit sehr langen Entwicklungszyklen und Bedarf nach erfahrenen Entwicklern mit lokalen Partnern und angemessenem Budget. (Eva Weber)

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