Grabenkämpfe „alte“ gegen „neue“ Energien

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Vor gut einer Woche forderte der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Eric Schweiter, die Abschaffung der Photovoltaik-Einspeisevergütung direkt nach der Bundestagswahl. Zudem bezeichnete er das EEG als Planwirtschaft und forderte deshalb eine schnelle Reform des Gesetzes. Schweitzer sagte weiter: „„Die massive Ökostromförderung gängelt Verbraucher und Unternehmen so sehr, dass die hohen Strompreise Wachstum bremsen und Investitionen verhindern.“ Zu diesem Thema hat pv magazine Nun ein Interview mit Daniel Brandl, Geschäftsführer der Orange Solar GmbH, geführt. Er vermutet hinter Schweitzers Aussagen Lobbyismus für die großen Energieversorger und energieintensiven Unternehmen. Aus Sicht des IHK-Mitglieds Brandl wären ganz andere Maßnahmen sinnvoller und notwendig, um die Kosten der EEG-Umlage zu reduzieren. 

pv magazine: Der DIHK-Präsident Eric Schweitzer forderte jüngst den Stopp der Solarförderung nach der Bundestagswahl. Was sagen Sie dazu?

Brandl: Der DIHK-Präsident reiht sich damit mit EU-Energiekommissar Günther Oettinger sowie den FDP- Wirtschaftsministern Philipp Rösler und Rainer Brüderle in die Reihe der größten Skeptiker der Energiewende ein. Was mich besonders daran verwundert ist, dass so gut wie jeder Betrieb, also auch Installateure von Photovoltaik-Anlagen, Hersteller und größere Betreiber, letztendlich zur Mitgliedschaft bei einer IHK gezwungen sind und Beiträge leisten müssen. Daher hätte ich mir eine differenzierte Sichtweise der Dinge gewünscht. Das Interview von Herrn Schweitzer hat mich dazu motiviert, mich mit der DIHK in Verbindung setzen. Es wurde mir das Positionspapier "Energie für die Wirtschaft/Anforderungen an die künftige Energiepolitik" aus dem Jahr 2011 zugesandt. Im Großen und Ganzen  kann man das Gespräch damit zusammenfassen, dass die DIHK die Höhe der EEG-Umlage als Kosten der Enerigewende ansieht, die Anlagen wettbewerbsfeindlich sei und der Wirtschaftsstandort Deutschland gefährdet sei. Es konnte mir aber weder die Frage beantwortet werden, wie stark die Umlage  wegen neuen Photovoltaik-Anlagen weiter steigen wird, noch wie groß denn die Probleme der Betriebe wirklich sind mit den steigenden Stromkosten vor allem im Bezug zu steigenden Treibstoffkosten und Heizkosten.  

Welche Motivation vermuten Sie hinter den Äußerungen von DIHK-Präsident?

Das ist eine schwierige Frage. Jedes größere Unternehmen, jeder Handwerker, fast alle Unternehmen sind bei der IHK zur Mitgliedschaft gezwungen. Ich gehe davon aus, dass Stimmen von großen Betrieben, unter anderem. auch die der energieintensiven Betriebe, mit höheren Beiträgen auch ein größeres Gehör finden. Ich bin mir auch nicht sicher, ob er überhaupt die Tragweite der Energiewende überblickt und ob er nicht einfach seinen Lobbyaufgaben nachkommt. Es müssen ja nicht immer böse Absichten hinter Aussagen stehen. Ich kenne das auch aus Unternehmerkreisen, die oftmals das Vorgekaute nachplappern, ohne dabei konkretes Wissen zu haben. Am Ende geht es vermutlich darum, die Erträge und die Macht der großen Unternehmen, gerade auch der großen vier Energieversorger, so lange wie möglich zu schützen.

Haben Sie Verständnis für die Debatte über die Kosten der Energiewende?

Kurz und knapp: Ja! 

Warum?

Man sollte nicht vergessen, dass es viele Menschen und Betriebe gibt, die hart für ihre Einnahmen arbeiten müssen und wirklich keine großen Sprünge mit den Einnahmen machen können und nun mit höheren Ausgaben belastet werden. Das kann hart für die Betroffenen sein und das sollte man sehr ernst nehmen. Grundsätzlich sollte man jedoch reine Kosten und Investitionen nicht verwechseln, ein großer Teil der EEG-Umlage sind Investitionen in unsere Infrastruktur. Ohne die EEG-Anlagen hätte man auf kurz oder lang auch den bestehenden Kraftwerkspark modernisieren müssen, was auch mit steigenden Kosten einhergegangen wäre.

In der Diskussion werden die Kosten der Energiewende aber gern an der EEG-Umlage festgemacht. Was sagen Sie dazu?

Für viele ist die EEG-Umlage nun einmal fälschlicherweise der Kostenblock für die Energiewende und da hat sich schon etwas angesammelt. Wenngleich diese Umlage auch etwas zu hoch ist, wären selbst vier Cent je Kilowattstunde schon zu viel. Zudem haben in der Vergangenheit viele Analysten immer beteuert, dass die Umlage nie über vier Cent steigen, sondern eher wieder sinken werde, dazu gehört auch der Bundesverband Solarwirtschaft. Dass man nun ein Problem mit der Glaubwürdigkeit hat, kann ich verstehen. Auch die ständigen Beteuerungen, dass bei schnelleren Kürzungen der Solarmarkt darnieder liegen würde, hat sich ja als bekanntlich falsch herausgestellt. Daher kann ich schon die Interpretation der "Gegner" verstehen, die nun mit den Argumenten kontern: "Das habt ihr früher auch immer gesagt, und der Zubau ist explodiert".

Was wäre aus Ihrer Sicht sinnvoller als ein Stopp der Solarförderung, um die die EEG-Umlage zu senken?

Ein Stopp der Solarförderung für neue Photovoltaik-Anlagen bringt faktisch nichts mehr. Es sollte der Öffentlichkeit klar gemacht werden, dass selbst ein Zubau von sieben Gigawatt  die Umlage kaum mehr als 0,1 Cent ansteigen lässt. Das Kind ist bereits in den Brunnen gefallen – mit dem viel zu hohen Zubau zwischen 2009 und 2012 bei extrem hohen Vergütungen. Hier hatte ich mir in der Branche seinerzeit mit meiner Forderung nach geringeren Vergütungssätzen nur wenig Freunde gemacht. Aber das ist Schnee von gestern.

Was sollte aktuell getan werden? 

Die EEG-Umlage steigt mit oder ohne neue Anlagen, da die sogenannten Differenzkosten zu den Vermarktungserlösen wachsen, weil der Börsenpreis derzeit weiter sinkt. Sollte der Börsenpreis wieder steigen, kann die EEG-Umlage auch wieder sinken. Ich würde aber darauf wetten, dass die Versorger dann auch die steigenden Preise ausnutzen werden um weitere Preissteigerungen an den Verbraucher weiter zu geben.. Hier müsste man für mehr Transparenz im Strommarkt sorgen, damit die gesunkenen Beschaffungskosten auch bei den Kunden ankommen. Eigentlich dürfte es durch die sinkenden Beschaffungskosten auch nicht zu nennenswerten Preissteigerungen beim Strom kommen. Selbst die Banken, die nicht landläufig als die fairen Partner bekannt sind, geben sinkende Beschaffungspreise bei neuen Verträgen meistens an die Kunden weiter. Leider sind eben viele Kunden wechselfaul und somit kommt auch nicht richtig der Markt in Bewegung. Mein Aufruf daher: wechseln, wechseln, wechseln!

Könnte nicht auch ein funktionierender Emissionshandel zu sinkenden Umlagekosten führen? 

Zu aller erst sollte man das Backloading beim Emissionshandel voranbringen. Jedoch sehe ich da wenig Chancen, da die EU-Wirtschaft sich nicht noch weiter mit steigenden Belastungen freiwillig belasten lassen will.

Gibt es noch andere Möglichkeiten?

Eine andere Möglichkeit wäre auch eine gewisse steuerliche Beteiligung an der EEG-Umlage, um die Lasten etwas gleichmäßiger zu verteilen.

Wie stellen Sie sich das vor?

Grundsätzlich denke ich, wäre eine moderate Beteiligung der bestehenden Anlagen zum Wohle der Energiewende auch ein gangbarer Weg. Es muss nur geschaut werden, wie man das macht, so dass niemand in finanzielle Schieflage gerät oder aber auch die Rendite grundsätzlich in Gefahr ist. Deutschland muss ein verlässliches Investitionsland bleiben. Mit einer kleinen Steuer auf den Gewinn der Anlagen oder überdurchschnittlich hohe Erträge könnte man auf jeden Fall einen Teil abfedern. Wobei man hier genau schauen muss, wer das Geld dann bekommt und wie man es in das EEG-Konto bringen kann.

Es gibt immer wieder neue Diskussionen über das EEG. Erwarten Sie in Kürze die nächste Reformrunde?

Ich habe den Eindruck, dass der letzte gefundene Kompromiss den Akteuren nicht reichen wird.  Sie werden wieder ans EEG ran gehen. Für eine funktionierende Photovoltaik-Anlage ist der Einspeisevorrang weiter das Schlüsselinstrument für eine maximale Betriebsdauer und niedrige Betriebskosten. Denn wegen der aktuellen Entwicklungen auf dem Modulmarkt sind sinkende Anlagenpreise auf absehbare Zeit nicht mehr zu erwarten. Daher wäre auch einer meiner Vorschläge schrittweise die Förderlaufzeit jährlich um ein bis zwei Jahre für neue Anlagen zu reduzieren. Es könnte künftig auch eine maximale Obergrenze bei den Erträgen (kWh /kWp) fördern und den Rest muss jeder selber vermarkten. Wenn Betreiber mit den kalkulierten Erträgen zufrieden sind, dann muss nicht zwangsläufig jeder Solarrekord mit höheren Vergütungen belohnt werden.

Am Ende werden wir nun einen Grabenkampf "alte" gegen "neue" Energien erleben. Unser Nachteil ist dabei, dass wir nicht mal annähernd mit den Kriegskassen der Großen Vier in die "Schlacht" ziehen und auch nicht auf ähnlich einflussreiche Verbündete bauen können, die die öffentliche Meinung mit beeinflussen können.

Was kann die Branche aber dennoch tun?

Wir müssen nun im großen Stil Schritte einleiten, um den Akteuren klare Vorgaben machen können, um auch nach einem Ende des EEG kleinere bis mittlere Anlagen ordentlich betreiben können. Die Energiewende wird mit Photovoltaik-Anlagen auf Einfamilienhäusern leider nicht gelingen. Das Projekt ist aber zu wichtig, um es scheitern zu lassen. Ich würde mich freuen wenn wir gemeinsam das Projekt Energiewende schaffen können, uns verbünden und Verantwortung für die Versorgung übernehmen. Denn ich glaube, das ist ein sehr wichtiger Baustein ab einem Versorgungsanteil von 25 Prozent.

Das Interview führte Sandra Enkhardt.

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