Faktor sieben

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Wer denkt, das starke Wachstum des Photovoltaikmarktes in China bedeutet, dass sich die dortigen Hersteller mehr auf das eigene Land konzentrieren, irrt vielleicht. Denn für Peter Cui, CEO des Wechselrichterherstellers Samil Power, verbessert diese Situation die Voraussetzungen, um auch in anderen Ländern erfolgreich zu sein. Große Projekte und der hohe Preisdruck auf dem Heimatmarkt erhöhen die Wettbewerbsfähigkeit weltweit. Schon jetzt exportiert das Unternehmen nach seinen Angaben mehr Wechselrichter ins Ausland als irgendein anderer chinesischer Wechselrichterhersteller.

Dies bestätigt Ash Sharma, Analyst bei IHS, der Samil Power an der Spitze des chinesischen Wechselrichterexports sieht, wenn er die gelieferte Leistung von Markenprodukten ohne OEM-Anteile für das Jahr 2011 zählt. In umgekehrter Richtung sieht Cui nur geringe Chancen für ausländische Wechselrichterhersteller in China.

Für Cui kam der Wendepunkt im vergangenen Jahr. In den Jahren 2008 und 2009 und sogar 2010 hatten ausländische Lieferanten wie Power One und SMA noch wesentliche Marktanteile im chinesischen Wechselrichtermarkt. Im Jahr 2011 brachen diese Marktanteile endgültig zusammen und laut Cui sind die Umsätze der nicht-chinesische Firmen in China jetzt „sehr klein“. Auch Ash Sharma führt in seiner Liste der zehn führenden Wechselrichterhersteller 2011 für Verkäufe in China auf Basis Lieferungen in Megawatt nur noch einen nicht-chinesischen Anbieter auf.

In absoluten Zahlen sind die Exporte von Samil zwar noch klein. So lieferte das Unternehmen vergangenes Jahr nur Wechselrichter mit einer Leistung von 4,5 Megawatt nach Deutschland, nach Großbritannien immerhin 23,1 Megawatt, auf den chinesischen Heimatmarkt dagegen 80 Megawatt. Doch die Wettbewerbsfähigkeit im eigenen Land ist einfach sehr gut.

Trotzdem erscheint es logisch, dass sich das Unternehmen gut platziert sieht und sein Werk in Suqian kräftig erweitert. Suqian liegt etwa fünf Autostunden von der Firmenzentrale in Wuxi entfernt, beide Ortschaften liegen in der östlichen Provinz Jiangsu. Wuxi ist von Shanghai leicht mit dem Hochgeschwindigkeitszug zu erreichen. Und in Wuxi gibt es ein Erfolgsbeispiel, dem Samil Power nacheifern könnte: Suntech Power. Damit hören die Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Herstellern nicht auf. Und auch nicht zwischen den beiden Männern, die diese Konzerne führen. Zhengrong Shi, Gründer und CEO von Suntech, war früher – wie der Gründer Peter Cui von Samil Power – an der Universität von New South Wales in Australien, die für ihre Forschungserfolge in der Photovoltaik schon lange bekannt ist. Beide kehrten mit diesem Know-how in ihre Heimat zurück und gründeten ihre Unternehmen mit der Unterstützung der Lokalregierung in Wuxi.

Samil Power folgt nun dem Erfolgsrezept des größeren Bruders in Wuxi und baut neben dem bestehenden Werk in Suqian eine neue Fertigung mit einerProduktionsfläche von 200.000 Quadratmetern. Und das ältere Werk wird nicht etwa geschlossen, sondern bleibt mit seiner Produktionsfläche von 34.000 Quadratmetern weiter in Betrieb. Cui rechnet mit einem Produktionsbeginn der neuen Fabrik im Oktober, der im ersten Schritt vier größere Produktionseinheiten umfasst.

Offensichtlich hofft Cui, mit dieser massiven Erweiterung seiner Produktionskapazität – sie wird dann fast sieben Mal so groß sein wie heute – einen ähnlichen Skalierungseffekt zu erzielen wie sein Kollege Shi auf der Modulseite. Der Preiskampf wird für kleine Wettbewerber dadurch deutlich verschärft. Und für größere nichtchinesische Wettbewerber, die in China noch das große Geschäft wittern, kann diese Entwicklung auch zu einem entscheidenden Nachteil werden, denn die chinesische Konkurrenz hat bereits einen bedeutenden Heimvorteil in einem Markt, der sehr über Beziehungen läuft.

Riesige Freiflächenanlagen

Sicherlich setzt Samil Power dieses Beziehungsnetz auch bei seinen Projekten in China ein, die ähnlich massiv sind wie die Expansion der Produktionskapazität. Und mit jedem Großprojekt erweitert sich dieses Netz und steigt der Wettbewerbsvorteil gegenüber der nicht-chinesischen Konkurrenz und den kleineren Anbietern aus dem eigenen Land. Am 24. Mai 2012 stellte Samil Power eine Fünfjahresinitiative vor, die 2,6 Gigawatt an installierter Leistung vorsieht, und zwar in riesigen Freiflächenanlagen in der westlichen Provinz Xinjiang, die zu den Provinzen Chinas mit den besten Einstrahlungswerten gehört. Laut der Pressemitteilung des Herstellers liegt das Investitionsvolumen bei 4,8 Milliarden US-Dollar.

Erstaunlich ist das Preisniveau, dass in China für Großprojekte gefordert wird.Cui nennt eine Preisspanne von 0,70 bis 0,80 Renminbi pro Watt inklusive 17 Prozent Umsatzsteuer. Dies entspricht neun bis zehn Eurocent. Auf dieses harte Umfeld stoßen also ausländische Wechselrichterhersteller, die in diesem Wachstumsmarkt von bis zu fünf Gigawatt Zubau in 2012 auch für ihre Firma einen attraktiven Wachstumsmarkt sehen. Auf der anderen Seite stärkt so ein harter Markt einheimische Lieferanten wie Samil Power. Cui beschreibt diese Wechselwirkung wie folgt: „China ist ein sehr wichtiger Markt für Samil Power in diesem Jahr und wohl in der Zukunft. Mit einer starken Unterstützung des chinesischen Markts werden wir einen besseren Service und bessere Produkte für den Rest der Welt erreichen.“ Um „den Rest der Welt“ zu erreichen, sind gerade Wechselrichterhersteller mit einer hohen Zertifizierungshürde konfrontiert. Da Wechselrichter direkt an das jeweilige nationale Stromnetz angeschlossen werden, müssen in jedem Zielmarkt die Bestimmungen für die Netzintegration eingehalten werden. Da haben es Modulhersteller leichter, da dort keine direkte Kopplung an das nationale Stromnetz erfolgt. Nicht zuletzt die deutsche Niederspannungsrichtlinie und die Mittelspannungsrichtlinie sind für chinesische Anbieter eine Markteintrittsbarriere, die eine beträchtliche Investition mit sich zieht, um sie zu meistern. Laut Cui hat sich Samil Power schon früh auf diese gestiegenen Anforderungen vorbereitet. Sämtliche Wechselrichter der eigenen Marke SolarRiver mit Leistungen zwischen 1,5 und 4,6 Kilowatt seien bereits für Deutschland zertifiziert.

Um den gestiegenen nationalen Anforderungen, gerade in Europa, gerecht zu werden sowie ein breites Produktsortiment anbieten zu können, muss ein global agierenden Wechselrichterkonzern wie Samil Power kräftig in Forschung und Entwicklung investieren und in diversen Märkten der Welt einen entsprechenden Kundensupport aufstellen. So betragen die F&E-Kosten laut Cui fünf bis zehn Prozent des jährlichen Ertrags, und auf der Kundensupport-Seite ist das Unternehmen dabei, die Services zu dezentralisieren und in Kernmärkten professionell aufzustellen. Dazu gehört der deutsche Markt, wo Samil Power im Frühling ein Büro in München eröffnet hat sowie ein nahegelegenes Warenlager, um Ersatzteile schneller an deutsche Kunden zu bringen. Noch wird dieses Warenlager durch größere Lager in England und den Niederlanden unterstützt, aber in Planung sind weitere europäische Großlager in Deutschland und Italien. Bis Jahresende sollen zehn Mitarbeiter in München das deutsche Geschäft von Samil Power unterstützen.

Für Peter Cui ist es gewiss hilfreich, einen größeren Bruder in derselben Stadt zu haben, der eine umfangreiche Internationalisierung schon hinter sich hat und auch auf eine internationale Ausbildung in Australien aufbauen konnte. Das gibt ihm auch die Möglichkeit, aus den Fehlern der Modulhersteller in China zu lernen. Sie leiden zum Beispiel unter ihrer sehr exportlastigen Ausrichtung.

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