Eigenverbrauch lohnt sich

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Für welche Gewerbebetriebe lohnt sich der Eigenverbrauch?

Eigenverbrauch kann sich überwiegend für Betriebe lohnen, bei denen die elektrische Arbeit hauptsächlich tagsüber gebraucht wird und die unter dem Dach, wo die Photovoltaik erzeugt wird, auch nennenswert starke energieverbrauchende Maschinen haben. Ein klassisches Beispiel sind Supermärkte, die einen ziemlich hohen Stromverbrauch haben und meistens flache, ungenutzte Dächer. Aber es kann genauso gut auch eine Tischlerei sein.

Eigenverbrauch lohnt sich aber umso mehr, je höher der Strompreis ist. Sind Gewerbestrompreise nicht zu niedrig?

Richtig. Wir haben bei den Gewerbetreibenden in der Regel Gewerbestromtarife, die etwa drei Cent niedriger liegen als bei den Haushalten. Die Eigenverbrauchsvergütung ist aber auch für Gewerbekunden attraktiv genug. Für Industriestromkunden mit Sonderverträgen reicht der Anreiz dagegen nicht aus. Die geben ihre Strompreise meistens nicht bekannt, aber sie liegen eher in der Größenordnung von zehn Cent.

Da für selbstverbrauchten Strom weniger gezahlt wird als für eingespeisten, reduziert er die EEG-Umlage. Wie viel?

Das ist vom Grundsatz her richtig. Die EEG-Umlage wird nach unseren Schätzungen durch die Anwendung der Eigenverbrauchsregel im Jahr 2011 ungefähr um 65 Millionen Euro entlastet. Jetzt muss ich aber sagen: Die Stromverbraucher zahlen ja nicht nur EEG-Umlage.

Da kommen wir zu einer volkswirtschaftlichen Rechnung?

Richtig. Unter volkswirtschaftlichen Aspekten kommen wir bei dem Eigenverbrauch nicht zu einem Plus. Die Eigenverbrauchskunden kaufen keinen Strom, damit zahlen sie insbesondere keine Netznutzungsentgelte und vermeiden noch andere Steuern und Abgaben. Die Netzbetreiber können den nicht eingespeisten Strom auch nicht an der Börse verkaufen. Wenn man diese ganzen Posten zusammennimmt, fehlen in der Volkswirtschaft durch den Eigenverbrauch über 75 Millionen Euro. Das ist mehr, als bei der EEG-Umlage eingespart wird.

Wieso kann das sogar mehr sein?

Auf der einen Seite hat ja derjenige, der diese Eigenverbrauchsregelung in Anspruch nimmt, den ökonomischen Vorteil davon. Und auf der anderen Seite ändert sich technisch fast nichts, die Gesamtkosten des deutschen Stromsystems bleiben also unverändert. Der ökonomische Vorteil derjenigen, die Eigenverbrauch abrechnen, schlägt sich indirekt so nieder.

Es wird immer wieder behauptet, der Eigenverbrauch führe zu einer Netzentlastung. Stimmt das etwa nicht?

Dazu haben unsere Projektpartner Modellrechnungen durchgeführt. Wenn man einfach nur diesen Tarif in Anspruch nimmt, dann führt es überhaupt nicht zur Netzentlastung. Sie müssen das Netz nach wie vor nach der Spitzenlast auslegen.

Auch mit Speichern gibt es keine Netzentlastung?

Mit Speichern rückt die Möglichkeit der Netzentlastung etwas näher. Wenn allerdings die Speicher dazu da sind, den Eigenverbrauch zu optimieren, wird man im Sommer rasch an die Kapazitätsgrenzen der Speicher kommen. Der Speicher wird tagsüber gefüllt und man müsste ihn eigentlich nachts wieder leeren, damit man ihn am nächsten Morgen wieder füllen kann. Und zwar müsste man ihn auch dann leeren, wenn man selber keinen Strom verbraucht, also einspeisen. Aber dafür besteht kein Anreiz, denn durch den Wirkungsgrad des Speichers wäre die nachts eingespeiste Menge kleiner als bei der sofortigen Einspeisung, und der Eigenverbrauchsanteil steigt auch nicht.

Und wenn man mit zeitabhängigen Tarifen Anreize gibt?

Zeitabhängige Tarife haben wir auch beleuchtet. Dabei waren sie leider aus praktischen Gründen nicht anwendbar, weil die Datenbasis, die nötig wäre, um zu bestimmen, wie genau diese Tarife sein müssten, extrem aufwändig zu ermitteln wäre. Zudem würden die Verbraucher zwar für die Vermeidung von Spitzenlasten belohnt, aber nicht dazu gezwungen.

Hat die Allgemeinheit trotzdem etwas vom Eigenverbrauch?

Ja. Es sind bereits einige Innovationen entstanden, die sinnvoll sind, wenn die Netzparität erreicht ist, weil diese Eigenverbrauchsregelung eine Art vorweggenommene Netzparität ist. Das sind Technologien des Lastmanagements und der Speichertechnik in geeigneter Kombination. Aus diesem Grund entstehen in Deutschland jetzt schon einige Innovationen, mit denen man dann später auf dem Weltmarkt die Nase vorn haben möchte. Mittelfristig sind das dann durchaus Technologien, mit denen auch die Verteilnetze entlastet werden können.

Gibt es denn auch Lastmanagement im Gewerbe?

Ja, Lastmanagement ist in der Industrie heute schon verbreitet, auch ohne Photovoltaik. Bei Stromtarifen mit Leistungsmessung haben Betriebe ein Interesse daran, bestimmte Spitzenlastwerte nicht zu überschreiten. Daher schalten sie Maschinen gezielt an und aus. Das Lastmanagement könnte ohne weiteres auch auf das Solarstrahlungsprofil angepasst werden. In der Richtung erwarten wir in nächster Zeit auch Innovationen.

Das Gespräch führte Michael Fuhs.

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Matthias Reichmuth

Matthias Reichmuth evaluiert für den wissenschaftlichen Forschungsbericht zum EEG-Erfahrungsbericht des Bundesumweltministeriums unter anderem die Eigenverbrauchsregelung. Er ist Projektleiter am Leipziger Institut für Energie.

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