Gründlich misslungen war allerdings der Medienauftakt für das Großereignis. Nachdem nach einer knappen Stunde immer noch keiner der angekündigten Referenten bei der Auftakt-Pressekonferenz erschienen war und sich die Veranstalter in Schweigen hüllten, zogen die meisten der versammelten Journalisten unter Murren wieder ab. „So was habe ich noch nie erlebt“, empörte sich nicht nur einer der Medienvertreter. Peinlich für ein Branchenevent dieser Größe und Bedeutung.
Denn in Hamburg wurde deutlich, dass sich die EU PVSEC neben der Intersolar in München als der wichtigste internationale Branchentreffpunkt, vor allem der PV-Industrie, etabliert hat. Zugelegt hat vor allem die Messe. 943 Aussteller aus 34 Ländern präsentierten sich zwischen dem 21. und 24. September auf über 65.000 Quadratmetern in mehreren Hallen der Neuen Messe Hamburg.
Erwartet worden waren 800 ausstellende Firmen, im vergangenen Jahr waren es 715. Über 40.000 Besucher lockte die Fachmesse in diesem Jahr an, doppelt so viele wie bei der letztjährigen Schau in Valencia. Dagegen wuchs die überwiegend wissenschaftlich ausgerichtete fünftägige Konferenz im Congress Center Hamburg nicht ganz so stark. 4.295 Teilnehmer hatten sich in diesem Jahr angemeldet, gegenüber 3.500 im Vorjahr.
In den weitläufigen Messehallen waren praktisch alle bedeutenden PV-Industrieunternehmen dabei und präsentierten ihre Neuheiten entlang der Wertschöpfungskette. So beispielsweise Wacker Chemie: Der Münchner Konzern ist nicht nur als weltweit zweitgrößter Siliziumlieferant für Solarzellen weiterhin auf Wachstumskurs – erwartet wird für dieses Jahr eine Absatzsteigerung um 50 Prozent auf 19.000 Tonnen Polysilizium (2008: 11.900 Tonnen). Wacker stellte auch erstmals die neue Kunststoff-Folie Tectosil vor. Sie besteht aus thermoplastischem Siliconelastomer und kann für die Einkapselung von Modulen verwendet werden.
Aufgrund seiner thermoplastischen Eigenschaften kann der Spezialkunststoff laut Wacker ohne Vulkanisation und damit ohne chemische Reaktion verarbeitet werden. Module können so mit kürzeren Zyklen und höheren Toleranzen gegenüber Temperaturunterschieden verarbeitet werden. „Auf diese Weise ermöglichen wir niedrigere Fertigungskosten und sorgen für eine gleich bleibende Qualität“, sagt Wacker-Sprecher Florian Degenhart. Eine weitere Produktneuheit des Münchner Chemiekonzerns ist die Vergussmasse Elastosil Solar 2120 UV. Es handelt sich dabei um ein UV-aktivierbares Siliconelastomer, das bereits bei Raumtemperatur vulkanisiert wird. Hierdurch können laut Degenhart ebenfalls die Modulfertigungszeiten, insbesondere der Verguss der elektrischen Anschlussdosen, „erheblich reduziert und damit Kosten eingespart werden“.
Neuheiten zeigte auch der Anlagenbauer und -planer Applied Materials. Das neue Silizium-Schneidesystem Applied HCT Diamond Squarer ermöglicht laut Jonathan Pickering, Vizepräsident Global Business Development, „eine Verdoppelung der Taktzeiten“ beim Zurechtschneiden der Ingots für die Waferproduktion und senkt gleichzeitig den Energiebedarf um die Hälfte. Damit sollen die Kosten dieses Verarbeitungsschrittes bei der Produktion kristalliner Solarzellen „um mehr als ein Drittel“ reduziert werden.
Als einen weiteren Baustein zur Kostensenkung und zur Erhöhung der Effizienz präsentierte Applied seine Baccini Esatto Technology, ein hochpräzises mehrstufiges Siebdruckverfahren für die Zellherstellung und kündigte eine Zusammenarbeit mit Dupont in diesem Bereich an. „Mit Hilfe dieser weiterentwickelten Technologien und einer weiteren Automatisierung der Produktion wird es möglich sein, bis 2012 die Taktzeiten bei der Waferproduktion für kristalline Solarzellen zu verdoppeln und die Effizienz von derzeit 16 auf 20 Prozent zu erhöhen“, versichert Pickering.
Auch bei Modulherstellern bewegt sich einiges, wie ein Messerundgang zeigte. Dabei lassen sich deutsche Hersteller nicht lumpen. Mehrere neue Prototypen präsentierte die Bosch Solar Energy AG. Zum einen ein mikromorphes Modul mit Rahmen, das mit seinem thermisch vorgespannten Frontglas über eine mechanische Belastungsfähigkeit von 2.400 Pascal verfügt und mit 16 Kilogramm erheblich leichter ist als herkömmliche Dünnschichtmodule aus Glas-Glas-Laminaten. Ein weiterer Prototyp arbeitet mit niedriger Spannung und reduziert den Verkabelungsaufwand für die Installateure. „Dieser Modultyp ist auf stark geneigte und nicht optimal zur Sonne ausgerichtete Dächer zugeschnitten“, sagt Vertriebsvorstand Peter Schneidewind. Ein Ergebnis der Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer ISE in Freiburg ist ein Modulprototyp, der erstmals mit monokristallinen MWT-Rückseitenkontaktzellen (Metal-Wrap-Through-Solarzelle) ausgerüstet ist.
Neben der neuen dachintegrierten Modulserie Indax 225 stellte Schott Solar in Hamburg erweiterte Garantieleistungen vor: Ab sofort wird die Leistungsgarantie für Doppelglasmodule auf 30 Jahre und für Glasfolienmodule auf 25 Jahre verlängert. Zudem haben nun alle Schott-Module eine durchgehende Plustoleranz. Das bedeutet, dass alle Module einer Leistungsklasse mindestens die angegebene Nennleistung erbringen. „Wir setzen verstärkt auf Qualität und Kundennähe, um unsere Marktstellung auszubauen“, unterstreicht Schott-Sprecher Lars Waldmann.
Mehr Service – knappe Module
Auch wichtige ausländische Hersteller verfolgen eine ähnliche Strategie: So stellte Suntech in Hamburg sein neues multikristallines 60-Zell-Modul Wd vor. Es wiegt nur knapp 20 Kilogramm und zielt laut Suntech-CEO Stuart Wenham auf Kunden ab, „die viel Platz auf dem Dach haben, aber keines der schwereren 72-Zell-Module installieren wollen“. Auch diese Modulreihe weist eine positive Leistungstoleranz von 0/+5 Watt auf und hat eine Leistungsgarantie von 25 Jahren.
Ebenso wie Mitbewerber Trina Solar ist auch Suntech dabei, den kundennahen Service in Deutschland auszubauen. Man plane, so Wenham, ein neues Suntech-Trainingscenter in München zu eröffnen. Trina möchte neue Niederlassungen in Europa gründen und den technischen Service in Deutschland bis im kommenden Jahr auf „mindestens zehn Mitarbeiter ausbauen“, kündigt Europadirektor Ben Hill an. Darüber hinaus plane man die Zertifizierung von Installateuren nach dem Vorbild von BP-Solar. Auch der US-Hersteller Sunpower setzt „verstärkt auf Deutschland als weltweit wichtigsten Leitmarkt“ und auf den Serviceausbau und die Qualifizierung der Vertragsinstallateure.
Der Wettbewerbsdruck wächst also – zu Gunsten der Kunden. Wer allerdings kurzfristig Module bestellen will, hat derzeit das Nachsehen. „Unsere Lager sind momentan aufgrund der stark gestiegenen Nachfrage leer“, hieß es unisono in Hamburg.
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