Zehn Terawattstunden Grünstrom, das entspricht vier bis fünf Prozent des gesamten erneuerbaren Stromangebots, sind im Jahr 2023 wegen Netzengpässen abgeregelt, also gar nicht erst erzeugt worden. Windräder stehen still, Photovoltaik-Anlagen schalten sich ab, weil der Strom nicht in die Industriezentren abtransportiert werden kann, wo er benötigt wird. Um diesen Strom künftig zu nutzen und die 600 Millionen Euro an Redispatchkosten für die erneuerbaren Energien zu reduzieren, hat die Bundesregierung Ende 2023 Paragraf 13k im Energiewirtschaftsgesetz beschlossen.
Demnach sollten die Übertragungsnetzbetreiber bis zum 1. Oktober einen Mechanismus einführen, der das Zuschalten zusätzlicher Lasten anreizt. Der Anreiz besteht nun in einem sehr günstigen Strompreis für Verbraucher, die sich in den sogenannten Entlastungsregionen zuschalten können. Die zweijährige Erprobungsphase startet dabei mit einem festen Preis von 40,4 Euro pro Megawattstunde, der zunächst bis Dezember 2024 gilt. Zugeteilte Strommengen gelten automatisch als Grünstrom.
Weil 93 Prozent der Abregelungen im vergangenen Jahr Windkraftanlagen in Norddeutschland betrafen, beschränkt sich der neue Mechanismus auf acht Entlastungsregionen. Es handelt sich dabei um Landkreise in Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Wer von der neuen Regelung profitieren will, muss ein Präqualifizierungsverfahren durchlaufen und dabei die Steuerbarkeit und die Zusätzlichkeit des Verbrauchs darlegen. Die Bundesnetzagentur hat am 28. Juni die Zusätzlichkeitskriterien für die Verbraucher festgelegt.
Demnach sind elektrische Verbraucher zulässig, die erstens eine fossile Wärmeerzeugung ersetzen, also beispielweise Heizstäbe in Gasheizungsanlagen. Dabei müssen kleinere Anlagen einen Pool mit mindestens 100 Kilowatt Leistung ergeben und sie dürfen außerhalb der Entlastungszeiten normalerweise keinen Strom verbrauchen. Zweitens können netzgekoppelte Batteriespeicher teilnehmen, wenn sie ausschließlich Regelleistung erbringen und nicht gleichzeitig noch am Strommarkt handeln. In Engpasszeiträumen dürfen sie nur laden, aber nicht entladen. Drittens können alle ab 29. 12. 2023 in Betrieb genommenen Elektrolyseure und Großwärmepumpen teilnehmen, die eine Leistung von mehr als 100 Kilowatt haben. Für diese lohnt sich die Teilnahme laut Analysen von Aurora Energy Research besonders, denn die Übertragungsnetzbetreiber kompensieren die Teilnehmer für den Differenzbetrag zwischen ihrem Day-Ahead- oder PPA-Preis zuzüglich Netzentgelten, Umlagen und Stromsteuern.
Obwohl das Interesse groß ist, sind noch keine Teilnehmer rechtzeitig für den 1. Oktober präqualifiziert, sagte Shawn Turner, 13k-Verantwortlicher bei Tennet in einem Webinar von Aurora Energy Research. Er rechne ab November mit ersten Zuteilungen. Da die Zusätzlichkeitskriterien nur einen sehr eingeschränkten Betrieb der Teilnehmer der ersten und zweiten Gruppe erlauben und die dritte Gruppe üblicherweise lange Planungs- und Bauzeiten hat, wird es außerdem noch einige Zeit dauern, bevor ein Wettbewerb um die Strommengen nach Paragraf 13k EnWG einsetzt. Geplant ist der Einstieg in ein Auktionsverfahren ab Oktober 2026.
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Ich verstehe nicht wirklich, was der Vorteil gegenüber einem normalen dynamischen Stromtarif ist, der auch in den Zeiten sehr günstig ist, in denen es Stromüberschuss gibt?! Zusätzlich ist man ja teilweise noch zusätzlich eingeschränkt, dass man nur in den Entlastungszeiten verbrauchen darf.
@Stephan E.
„Ich verstehe nicht wirklich, was der Vorteil gegenüber einem normalen dynamischen Stromtarif ist, der auch in den Zeiten sehr günstig ist, in denen es Stromüberschuss gibt“
Stephan,
für dynamische Stromtarife müsste es da mehrere Preisregionen geben. ( hier in Norwegen haben wir 5)
Die dynamischen Stromtarife ( ökonomisch) ist aber nur die eine Seite.
Hier geht es aber um das Vermeiden der physischen Abregelung der zur Verfügung stehenden Windkraft.
Einfacher und kostengünstiger wäre die Unterteilung nach Netzzonen.
„Am 1. Oktober besteht für zusätzlich zuschaltbare Großverbraucher theoretisch das erste Mal die Chance…“
Da lese ich ein Wort: „theoretisch“ 🤔
Ansonsten wundert mich schon seit Jahren, daß darauf erst jetzt jemand gekommen ist.
Dasselbe gilt für den https://de.m.wikipedia.org/wiki/NordLink.
Im Preisgebiet NO2 ( Südnorwegen) sind die Preise in 2022 regelrecht explodiert, und haben im Verhältnis zu den restlichen Preisgebieten hier in N nach wie vor die höchsten Preise.
Uwe Dyroff schrieb:
„Ansonsten wundert mich schon seit Jahren, daß darauf erst jetzt jemand gekommen ist.“
Bis jetzt ist da noch nichts anderes als eine Absichtserklärung und schwammige Ziele in der Zukunft. Man hat wohl einen neuen Weg gefunden, so auszusehen, als ob man etwas tut, aber die tatsächliche Aktion in die Zukunft verschoben. Ganz wichtiges Kriterium schien zu sein, potentielle konkrete Aktion auf eine ungewisse Zukunft nach den Bundestagswahlen zu verlegen.
Ist eben kein Erdgas.
@Dirk,
ja, die Spielchen sind ja bekannt.
Ich schau mir aber mal die Grafik zu diesem Artikel an. T5. Da kommt der NordLink rein.
Ich kenne die Historie und den Hintergrund um dieses Kabel seit 2008.
Gleichzeitig lese ich bei Wiki
https://de.m.wikipedia.org/wiki/NordLink
unter Lage:
„Von dort führt es als Erdkabel bis zum Umspannwerk Wilster in Nortorf, das als Stromnetzknoten der am nördlichen Elbufer gelegenen Kernkraftwerke Brunsbüttel und Brokdorf diente.“
Für was hat man diese 2 AKWs betrieben?
Wer waren die Abnehmer von der erzeugten Energie?
Hat man mit dem Abschalten dieser AKWs die Infrastruktur zurück gebaut?
Wieder Fragen, welche ich wahrscheinlich wieder mal nicht beantwortet bekomme.
Wenn ich das richtig verstehe, geht es hier um Strommengen, die „wegen Netzengpässen“ nicht zu den Kunden gebracht werden können, die grünen Strom gekauft und bezahlt haben und die sattdessen Redispatch-Strom bekommen, also z.B. Gasstrom, der im Süden extra produziert werden muss. Da das Windrad nun doch laufen darf, wird ja der „grüne Strom“ doppelt verkauft, nämlich an den Kunden im Süden, der ja tatsächlich gar keinen grünen Strom bekommt und an den Abnehmer im Norden, den es ohne das günstige Angebot nicht geben würde. Ich hoffe, dass ich das nur nicht so ganz verstanden habe…
Ich verstehe es so, gibt es regional zu viel EEG was nicht abtransportiert werden kann, sucht man irgendwelche Großverbraucher um den Strom zu verbrauchen, in der Region.
Die Verbraucher bekommen den Strom günstiger, bezahlen muss es immer noch jemand anderes!
Es zeigt eher die schwächen von EEG als die Vorteile.
@Kann Nichts
„Ich verstehe es so, gibt es regional zu viel EEG was nicht abtransportiert werden kann, sucht man irgendwelche Großverbraucher um den Strom zu verbrauchen, in der Region.“
Das verstehst Du vollkommen richtig.
Da reden wir über Stromverteilungsdesign.
„Die Verbraucher bekommen den Strom günstiger, bezahlen muss es immer noch jemand anderes!
Es zeigt eher die schwächen von EEG als die Vorteile.“
Hier reden wir aber über Strompreisdesign.
Verteilungsdesign und Preisdesign…
… zwei absolut verschiedene Schuhe.
Deutschland schafft es also nicht einmal, ein zuverlässiges Stromnetz zu bauen. Die wichtigsten 2 Stromerzeuger momentan sind Kohle und Gas. Platz 3 ist der Import, danach Windenergie. Ich rede vom Herbst und Winter, nicht vom Sommer.
@Patrick Schürmann: Fake News. Bei Energycharts kann man sich beispielsweise das 1. Quartal 2024 anschauen. 33% Onshore Wind+7%Offshore= 40%Wind
17%Braunkohle+7%Steinkohle+13%Gas=37%Kohle+Gas
Wo holen Sie Ihre Fake-News her? Aus der NZZ, oder gleich von der AfD?
Auf der Karte sind Landkreise in Brandenburg ebenfalls eingezeichnet?
Vielen Dank für den Hinweis. Ich habe Brandenburg und Sachsen-Anhalt ergänzt.
Nochmal ein Wort zum NordLink.
Ich werde das Gefühl nicht los, daß dieses Kabel nicht für den vorgesehenen Zweck benutzt wird.
Warum regelt man in 2022 !!! 8 TWh Windkraft in D ab, obwohl in Norwegen durch mehrere Jahre Trockenheit die Wasserressourcen eingeschränkt waren.
Zur Erklärung:
Wo das Kabel in Tonstad / Sirdal reinkommt, werden mehrere große Pumpspeicherwerke betrieben. Und genau so war es auch gedacht:
Nachts Windkraft aus D hoch nach Tonstad, und Tagsüber die gespeicherte Wasserkraft retur nach D.
Das ganze Sørlandet ist gesegnet mit Wasserkraft, und trotzdem haben die in Preiszone NO2 ( von 5 Preiszonen) die höchsten Kraftpreise.
Norwegern, speziell in NO2 sind nicht gut zu sprechen auf dieses Kabel, um nicht zu sagen,
die sind stinkesauer.
Was mir weiter aufgefallen ist, seitdem dieses Kabel in Betrieb ist ( Ende 20 Anfang 21) fahren die Preise in den 5 verschiedenen Preiszonen Achterbahn. Das war vor dieser Zeit mehr oder weniger ausgeglichen.
Da hat wohl Nordpool ( Strombörse für Skandinavien und Anrainer) ein Neues Geschäftsmodell entdeckt.
Oder für was braucht man dann dieses Kabel, wenn man in Norddeutschland nicht weiß, wohin mit EE Strom?
Vielleicht sollte man endlich mal in die Puschen mit dem Nord-Süd Link in Deutschland kommen …
In Schweden hat man deshalb den Bau einer Verbindung nach Mitteleuropa abgelehnt, weil das Preisniveau in Schweden durch die Verflechtung gestiegen ist.
Natürlich ist es paradox, wenn die Strompreise in einem Land steigen, wenn es eigentlich Geld damit verdient, seine bisher ungenutzten Flexibilitäten ins Ausland zu verkaufen. Das Problem wird die Gier sein: Diejenigen, die das Geld mit dem Verkauf verdienen, geben an die Verbraucher nichts davon ab. Die bleiben damit auf dem höheren Preisniveau sitzen. In Norwegen wird das das gleiche Problem sein.
Ich sehe das Problem so: Eigentlich gehört das Stromsystem mit allem was dazugehört (Erzeuger, Leitungen, Speicher) den Verbrauchern, die eine Abnahme- und Finanzierungsgarantie abgegeben haben. Das war so zu Zeiten des Konzessionsmodells, und das ist so im liberalisierten Strommarkt, in dem freilich immer noch eine Kapazitätsplanung stattfindet. Die Besitzer der Anlagen sehen das genauso, wenn es darum geht, beispielsweise Entschädigungen zu bekommen, weil ihre Anlagen nicht mehr gefragt sind. Sind sie allerdings besonders gefragt, über das ursprünglich kalkulierte Maß hinaus, dann würden sie die daraus folgende Wertsteigerung gerne in die eigene Tasche stecken. Aus Sicht der Anlagenbesitzer verständlich, aber nicht immer klug. Es kann dazu führen, dass die Stromverbraucher ihnen die Möglichkeit zur Wertsteigerung verweigern. Dann sind alle die Gelackmeierten, statt nur die Verbraucher.
Und hier ⤵️ geht es gleich weiter …
https://e24-no.translate.goog/energi-og-klima/i/xmQPyX/vurderer-fornyelse-av-omstridte-stroemkabler?_x_tr_sl=no&_x_tr_tl=de&_x_tr_hl=de&_x_tr_pto=wapp
und hier das Original dazu
https://e24.no/energi-og-klima/i/xmQPyX/vurderer-fornyelse-av-omstridte-stroemkabler
Immerhin können Speicher auch mitmachen, es geht nicht nur darum Strom ineffizient als Direktheizung zu verbraten. Dieser §13k erscheint mir aber als ziemlich erbärmliches Stückwerk. Es bräuchte den großen Wurf, bei dem ein vernünftiges Betreibermodell für Speicher entworfen wird. Die Netzbetreiber müssen Großspeicher an geeigneten Netzknoten ausschreiben, so wie das die Schweizer am Schweiz-Frankreich-Deutschland-Knoten in Laufenburg einrichten. Diese Speicher werden vielleicht anfangs nicht so stark ausgelastet sein, dass sie rentabel arbeiten, aber mit jedem weiteren Zubau wird ihre Auslastung steigen. Die Kosten sind von den unflexiblen Stromverbrauchern über eine Netzspeicherumlage zu bezahlen. Stromverbraucher, die sich flexibel anpassen oder deren Verbrauchsprofil gut zum Erzeugungsprofil von Erneuerbaren Erzeugern passt, erhalten bei der Netzspeicherumlage Rabatt.
Wo ist das Problem, ganz grundsätzlich mit dem GEG-Wärmepumpenumbau in Norddeutschland zu beginnen, bspw. durch eine Sonderförderung Norddeutschland (die Bayern ausnahmsweise nicht erhält, zumindest solange der Netzausbaus bis Bayern hakt)? Die Industrie hat ja mittlerweile genug Kapazitäten für Wärmepumpen.
Wo ist das Problem, mit den 50 GW Elektrolyseuren, die geplant sind, in Norddeutschland zu beginnen? Mit allein schon 10 GW Elektrolyseuren in Norddeutschland sollten die Phasen der Abregelung merklich zu reduzieren sein. Solange das Wasserstoffnetz nicht fertig ist, einfach den Wasserstoff ins Gasnetz beimischen.
Interessant ist die Argumentation, dass abgeregelter Strom automatisch „grün“ ist und die zusätzlichen Lasten damit grünen Strom nutzen. Dies ist relativ logisch, führt aber dann wieder zu der „Grenzstromdebatte“ bspw. für Elektroautos, ob bspw. zusätzliche Elektroautos (egal wo) den CO2-Ausstoß erhöhen. Das ist ja nicht der Fall, da die CO2-Emissionen im Stromsektor durch den europäischen Emissionshandel gedeckelt sind. Zusätzliche Verbraucher führen zu keinen höheren Emissionen.
Wichtig wäre es, zusätzlich zu dynamischen Stromtarifen (OK, die eine Strompreiszone muss wg. Bayern bleiben…) auch dynamische Netzentgelte anbieten zu dürfen.
Das würde dann noch einmal mehr Anreize setzen, Stromverbräuche in die Überschuss-Zeiten zu verlegen, die aber dann ggf. netzgebietsabhängig sind. Umgekehrt können über dynamische Netzentgelte auch lokale Überlastungen abgebildet werden.