In einem kleinen Dorf vor den Toren Darmstadts hat Wattando eine erste Photovoltaik-Installation realisiert. Es handelt sich um eine Photovoltaik-Anlage mit 2,46 Kilowatt auf dem Garagendach einer Familie. Der Clou an der Anlage, sie ist ohne Eingriffe in die Bestandselektrik direkt und vereinfacht über eine bestehende Leitung an das Hausnetz der Familie angeschlossen. „Es handelt sich also um eine Art Stecker-Solar-Anlage XL“, wie Stefan Ulfert, Mitgründer von Wattando, pv magazine erklärt.
Möglich sei dies durch das innovative Energiemanagement namens „Wattster“, das das Dresdner Start-up entwickelt hat. „Dank sicherer und kabelfreier Funk-Kommunikation zum Netzanschlusspunkt und dem Hausnetz regelt ‚Wattster‘ normgerecht die Einspeisung hinter dem eingebauten Überlastschutz der verwendeten Leitung“, erklärt Boris Klebensberger, Geschäftsführer und Mitgründer, weiter.
Die Anlage in Hessen realisierte Wattando gemeinsam mit einem lokalen Elektropartner. Das Unternehmen richtet sich mit seiner Lösung für den nicht-invasiven AC-Anschluss ausschließlich an professionelle Installationsbetriebe, nicht direkt an Endkunden. Diese profitieren vor allem vom Wegfall bisher notwendiger Kabelarbeiten und der aufwändigen elektrischen Integration im Hausnetz. Für viele – vor allem für Miethaushalte oder Eigentümer in Reihenhäusern mit Gemeinschaftsanteilen – bisher eine unüberwindliche Hürde. So ließen sich nicht nur klassische Photovoltaik-Anlagen, sondern auch Einzelkomponenten wie Heimspeicher damit in jedes Hausnetz integrieren. Neben der durch die vereinfachte Installation einhergehende massiven Beschleunigung derselben vervielfacht sich gleichzeitig der potenzielle Kundenkreis für die Installationsbetriebe.
Wattando arbeite derzeit an der steckbaren Integration von preissignalfähigen Photovoltaik-Heimspeichern ab einem Kilowatt für jede Steckdose und an seinem Heim-Energiemanagementsystem, mit dem andere Verbraucher angesteuert werden. Ebenfalls als Plug & Play-Lösung. Zudem ist es nach eigenen Angaben auf der Suche nach Installationspartnern und eigenem Personal, die die Vision der Gründer von „Steckbar ab 1 Kilowatt“ teilen und ihren Kunden die neue Lösung anbieten wollen. „In Zeiten der Energiewende und des Fachkräftemangels müssen wir auch zugunsten der Geschwindigkeit und der breiten Teilhabe vorhandene Infrastrukturen nutzbar machen“, sagt Ulfert. „Denn warum sollen nur Hausbesitzer beispielsweise mit Heimspeichern von dynamischen Tarifen profitieren, aber nicht die Millionen Miethaushalte, die keine neuen Kabel ziehen lassen können?” Was die Kosten des stark vereinfachten AC-Anschlusses betrifft, so liegt das in der Hand des installierenden Betriebes und seiner Preisstrategie, mit der die Vorteile des „Wattster-Systems“ eingepreist werden. Allgemein kann davon ausgegangen werden, so die Gründer, dass es im Vergleich zu einer klassischen Installation nicht teurer werden sollte. In vielen Fällen könne der AC-Anschluss sogar eher günstiger realisiert werden. Bei Haushalten, die von Photovoltaik und Heimspeicher ausschließlich mit einer nicht-invasiven Lösung profitieren können, stellt nach Ansicht des Unternehmens die Lösung möglicherweise die einzige Option dar.
Die Einspeisung des erzeugten Solarstroms erfolgt über eine Einspeise-Steckdose. Die Familie aus Roßdorf entschied sich für die Lösung, weil sie keine neuen Kabel, etwa AC-Stromkabel oder für die Kommunikation mit dem Zähler von der Anlage auf dem Garagendach in seinen Keller ziehen lassen wollte, wie Klebensberger berichtet. Die relevanten Schutzziele werden auf Basis der bereits verbauten Schutzvorrichtungen und der verwendeten Komponenten wie dem „Wattster“ und der selbst entwickelten „SIMPLUG“-Technologie erreicht.
Wattando empfiehlt Nulleinspeiseranlagen, doch es geht auch anders
Grundsätzlich empfehle Wattando die Realisierung solcher Anlagen als Nulleinspeiseranlagen. Doch im Fall der Familie aus Roßdorf ist die Anlage mit Überschusseinspeisung realisiert, weil diese es so wollte. Dazu musste nach Vorgaben des Netzbetreibers ein Überspannungsschutz in einem modernen Zählerkasten verbaut werden, wie Klebensberger erklärt. Auch notwendig in diesem Fall ist ein Zählerwechsel durch den Netzbetreiber, der noch ausstehe. Aber die Einspeisezusage vom Netzbetreiber liege bereits vor.
„Aus unserer Sicht wäre bei Nulleinspeisung der Zählerwechsel nicht unbedingt notwendig, weil wir mit der Einstellung der physikalischen oder arithmetischen Null sicher die Einspeisung hinter den Zähler vermeiden“, sagt Klebensberger. „Wichtig aus Sicht des Kunden ist ein saldierender Zähler.”
Ziel des Unternehmens sei, allen Haushalten den Zugang zu Eigenstrom-Lösungen mit Photovoltaik und/oder Speicher zu ermöglichen. Gleichzeitig will Wattando die Einspeisebegrenzung von nun 800 Watt für Stecker-Solar-Geräte überwinden und mit seinem System Anlagen von bis zu 70 Kilowatt einfach anschließbar machen. Dabei wird die Bestandselektrik für diesen neuen AC-Anschlusstyp genutzt, was die Installationszeit reduziert und vielseitige Anwendungen ermöglicht. „Mit unserer Lösung wird dann auch ein Großteil der Haushalte, die bisher von der Photovoltaik- und Speichernutzung ausgeschlossen waren, für die Installationsbetreibe erreichbar“, sagt Ulfert.
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Hallo,
toll, dass es immer mehr Innovation im Bereich BKW gibt. Für mich persönlich sind diese News nicht ganz klar dargestellt – so wie gestern bei indilux- Beitrag, dass wenn mehr als 800VA installiert wird immer ein zusätzlicher EnFluRi *zwingend notwendig* ist (z.B. Shelly Pro 3EM oder hier EASTRON630). Die Installation diese EnFluri ist nur durch geschultes Fachpersonal möglich, da diese im Anlagenseitigem Anschlussraum der NSHV installiert werden müssen.
Hallo Oli,
danke für deine Einschätzung unserer Lösung. (Hier ist Stefan, einer der im Artikel zitierten Gründer). In dem von dir angesprochenen Thema, dem Setzen von Energiezählern – insbesondere von Hutschienen-Zählern wie dem von Eastron –, hast du meiner Meinung nach vollkommen Recht.
Unsere Bridge unterstützt verschiedene analoge und digitale Zählertypen (ein-und dreiphasig) zur Erfassung der Lastsituation und funkt sie sicher im Sekundentakt zum Wattster. Die Integration dieser Zähler ist eine Sache für qualifiziertes Fachpersonal.
Und wie du schon selbst schreibst, sind Anlagen über 800 VA generell von Fachleuten in Betrieb zu nehmen. Für uns waren und sind das die entscheidenden Gründe, warum unsere Lösung ausschließlich nur an Fachbetriebe bzw. Wiederverkäufer verkauft und das System auch nur durch registrierte Fachleute installiert wird. Ganz im Sinne unseres Mottos: Safety first.
Naja, sobald eine „große“ PV Anlage nur von einem Fachbetrieb in Betrieb genommen werden darf, lohnt es sich wahrscheinlich eher, die Anlage gleich auch maximal auszunutzen. Also im Sinne von Anmeldung einer Einspeiseerlaubnis beim VNB mit Fertigmeldung usw
Da es vom Installations und Planungsaufwand wie eine EEG vergütete Anlage behandelt wird wird auch der Preis für diese genauso groß sein.
Anmeldung und Fertigmeldung einer EEG Anlage sind vielleicht noch 1500€ mehr.
Unterschied ist im Gegensatz zum Wattster nur noch der AC Anschluss an den Zählerschrank.
Das wird sich kein Privatmensch kaufen
Der wird eher ein ganz normales BKW mit vielleicht 4 Modulen, kleinem Wechselrichter von Hoymiles z.B und eventuell nem kleinen 1,5kWh Akku.
Wobei ich die Idee technisch gesehen sehr interessant finde.
Hallo JB,
danke für deine Sicht.
Du kannst mit einem Wattster-System eine bestehende Leitung mit der Leistung nutzen, für die sie ursprünglich vom Elektriker ausgelegt wurde. Das bedeutet, prinzipiell weit über 800 Watt in diese Leitung einspeisen zu können. (Wieviel genau ist abhängig von der aktuellen Lastsituation, für welche Leistung die Leitung initial ausgelegt wurde und natürlich ob es ein 1- oder 3phasiger Anschluss ist.)
Der Anschluss eines Wattster-System ist tatsächlich eine Sache für den Fachbetrieb. Doch für diese –wie für deren Kunden – eben: nicht-invasiv. Oder wie wir sagen: „Plug and Play für Profis“.
Dieser nicht-invasive Charakter macht hier den „Unterschied“. Weil vorhandene Leitungen für den Anschluss bzw. die Einspeisung hinter der lokalen Sicherung für das Leistungsspektrum klassischer Anlagengrößen nutzbar gemacht werden, können mehr Haushalte als bisher von dezentralen Lösungen profitieren. Dies gilt zunächst vor allem für „Privatmenschen“ und Gewerbetreibende, die keine neuen Leitungen verlegen können. Zum Beispiel Mieterinnen und Mieter, auch von Gewerbeobjekten. Oder auch Eigentümergemeinschaften, bei denen die bisher notwendigen Strom- und Signalkabel über fremde Grundstücke führen würden, weil der dazugehörige Carport 50 Meter entfernt ist. Und es gibt noch viele andere Gründe, warum jemand PV oder Heimspeicher möchte – aber nicht die Möglichkeit (oder schlicht keine Lust hat) ein Bauprojekt mit Graben, Schlitzen, Verlegen und Bohren in Angriff zu nehmen. Ganz zu schweigen von den Arbeiten am Zählerkasten. (Welche genau hier von den Netzbetreibern auch bei einem nicht-invasiven System wie dem unsrigen verlangt werden, wird die Zukunft zeigen.) Kurzum: Nimmt man diese Gruppen zusammen, handelt es sich sogar um die Mehrheit der Haushalte im Vergleich zu den bisher adressierten klassischen Einfamilienhäusern.
Zur Registrierung: Ja, alle Anlagen über 800VA sind derzeit registrierungspflichtig, weil es auch die Möglichkeit für einen Stecker-Anschluss jenseits der 800 Ob als EEG-Anlage oder als Nulleinspeiser ist eine Frage der (Wattster App) Einstellung des Anlagenbetreibers.
Gibt es einen schematischen Aufbauplan ?
Hallo Frank,
den lasse ich dir gern zukommen. Lass mir einfach deine Mail-Adresse zukommen: contact@wattando.com. Grüße!
Wo ist denn der Vorteil gegenüber der Inhouse Lösung von Huawei? Sicher vor zwei Jahren war der Leistungssensor vor Huawei noch teuer aber inzwischen ist der für um die 100 Euro zu haben. Per Modbus mit dem Wechselrichter verbinden und schon kann man die Einspeisung auf 0 oder 800 W begrenzen. Ich sehe zwar den Unterschied, dass Wattando per Funk arbeitet. Aber ist das wirklich ein Vorteil?
Hallo Martin,
danke für deine Frage. Der Unterschied ist der grundsätzlich andere AC-Anschluss klassischer PV-Anlagen und Heimspeichern – ein Anschluss, der – obwohl nicht-invasiv – mehr Einspeiseleistung als die bisherigen 800 Watt für Steckersolar ermöglicht.
Mit dem Wattster als Einspeisemanagement – platziert zwischen Wechselrichter und Steckverbinder – wird die vorhandene Leitung in der Leistungshöhe nutzbar, für die sie ursprünglich ausgelegt wurde.
Der zentrale Vorteil – der nicht-invasive AC-Anschluss – bedeutet, dass sowohl das Verlegen eines neuen AC-Kabels vom Wechselrichter zum Netzeinspeisepunkt als auch das Verlegen des RS485-Signalkabels zum Energiezähler entfällt. Letzteres durch den Einsatz der (Funk-)Bridge, an die analoge und digitale Zähler für die Lastmessung im Hausnetz angeschlossen werden können. Grüße!