Vermeidung von Emissionen und Ersatz fossiler durch erneuerbare Energien sollen „prioritär“ sein, schrieb die Bundesregierung in ihrem viel zitierten Artikel „CCU/CCS: Baustein für eine klimaneutrale und wettbewerbsfähige Industrie“.
Die Abscheidung und Verpressung von CO2 biete sich „vor allem“ bei „unvermeidbaren bzw. schwer vermeidbaren“ Emissionen aus Industrie und Abfallwirtschaft an.
Schon im Positionspapier „CCS: Stoppt den industriellen Hochlauf“ wurde festgestellt, dass diese Formulierungen den CCS-Einsatz auch in der Energiewirtschaft keineswegs ausschließen. Die Bundesregierung kommunizierte die Sache jedoch immer wieder in einer solchen Weise, die Gutgläubige – gerade auch aus Kreisen der Energiewende-Aktivisten – davon überzeugte, dass CCS ausschließlich in der Industrie eingesetzt werden solle, während die Energiewirtschaft durch Ersatz der fossilen durch erneuerbare Energien dekarbonisiert werde.
Die Stichhaltigkeit dieser Darstellung wurde schon dadurch fraglich, dass „blauer Wasserstoff“, den die Bundesregierung bekanntlich einführen will, erklärtermaßen CCS benötigt. Und wie mit den Unmengen an CO2, die durch die von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) eingeleitete LNG-Verbrennung im großen Stil anfallen, umgegangen werden soll, ist die andere Frage. Doch sie wurde nicht gestellt, zumindest nicht von den vermeintlich „richtigen“Akteuren.
Jetzt ist das auch nicht mehr nötig, denn sie wurde inzwischen offiziell von oberster Stelle und auf internationalem Parkett beantwortet. Wie das Nachrichtenmagazin „Focus“ bereits Ende September berichtete, verweigerte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf dem UN-Gipfel in New York die Zustimmung zur Forderung nach umfassendem Ausstieg aus der fossilen Energie.
Die sogenannte High Ambition Coalition (HAC), in welcher sich Staaten zusammengetan haben, die für besonders konsequenten Klimaschutz eintreten, brachte dort einen dringenden Appell ein, in dem es heißt: „In allen Wirtschaftssektoren sind systemische Veränderungen erforderlich, die durch einen weltweiten Ausstieg aus fossilen Brennstoffen vorangetrieben werden. Abscheidungstechniken [„abatement“] zur Emissionsminderung haben eine Rolle bei der Reduzierung der Emissionen zu spielen, aber diese Rolle bei der Dekarbonisierung der Energiesysteme ist minimal. Wir können sie nicht nutzen, um dem Ausbau fossiler Brennstoffe grünes Licht zu geben. (…) Wir müssen ehrgeizige globale Ziele für erneuerbare Energien und Energieeffizienz festlegen und erreichen.“
20 Staaten unterstützten den Appell. Neben Inselstaaten wie Samoa oder Tuvalu, auch Österreich, Dänemark, sogar Frankreich und weitere europäische Staaten. Nicht jedoch Deutschland. Bisher war es eines der wichtigsten und progressivsten Länder. Ausgerechnet jetzt, wo die Grünen an der Regierung beteiligt sind, verprellte es seine traditionellen Alliierten in der High Ambition Coalition und verweigerte die Unterzeichnung des Appells.
Auf Anfrage von „Table Media“ antwortete ein Regierungssprecher, die Bundesregierung würde die Ziele der HAC „grundsätzlich“ unterstützen, der vorliegende Text gehe aber „über zuvor auf internationaler Ebene abgestimmte Sprache hinaus“.
Nun, um eine stilistische Feinheit handelt es sich nicht. Nach dem Bericht im „Focus“ dürfte mit „zuvor“ das auf dem G7-Treffen im Mai 2023 in Hiroshima verabschiedete Communiqué gemeint sein.
Hierin wird der Ausstieg aus den fossilen Energien nur für solche Kraftwerke gefordert, die nicht mit CCS ausgerüstet, also „unabated“ sind. Dies widerspricht den HAC-Staaten, für die die CO2-Abscheidung unbedeutend ist und die Lösung darin besteht, dass die fossilen Brennstoffe im Boden bleiben, diametral.
In einem Papier des EU-Ministerrates vom März 2023 findet sich das gleiche Wording wie in der G7-Vereinbarung. Wenn wir nun noch den Petersburger Klimadialog Anfang Mai in Berlin hinzunehmen, wird klar, was von der UN-Klimakonferenz ab Ende November in Dubai zu erwarten ist. Ölmagnat Sultan Ahmed Al Jaber, der ihr vorsitzen wird, gab in Berlin schon mal eine Kostprobe. Er ist für erneuerbare Energien, offen für alles Mögliche – offensichtlich auch er ein Vertreter des „sowohl als auch“, sowohl Energiewende als auch Fortbestand der Öl- und Gaswirtschaft.
Über einen Punkt musste er aber aufklären: Der Ausstieg aus den fossilen Energien beruhe auf einem Denkfehler! Nicht die fossilen Energien seien nämlich schlecht, sondern die Emissionen, die sie verursachen. Folglich müsse man aus den Emissionen aussteigen, nicht aber aus den fossilen Energien. Und dafür gibt es CCS und auch noch DAC (Direct Air Capture). Fossile Energien würden noch lange Teil des Energiemixes bleiben, erklärte Al Jaber. Diese Realität müsse man akzeptieren. Er plädiert für einen »parallelen Weg« aller Energiequellen. Also für ein „sowohl als auch“ eben.
Parallel mögen die Wege ja verlaufen, aber in entgegengesetzte Richtungen. Das hat AL Jaber vergessen hinzuzufügen.
Durch die verweigerte Unterstützung des HAC-Appells hat Bundeskanzler Scholz eine harmonische Beteiligung Deutschlands an dem, was man in Dubai erwarten muss, sichergestellt. Positiv daran ist, dass jetzt hoffentlich niemand mehr glaubt, bei der Carbon-Management-Strategie der Bundesregierung ginge es bloß um Industrie-CCS.
Und ein weiterer Punkt wird klar: die erhebliche Bedeutung, die die CCS-Verhinderung hat! Es geht dabei nämlich nicht bloß um „CCS ja oder nein“, sondern um „CCS ja“ oder „fossile Energiewirtschaft nein“. Denn ohne ein Greenwashing per CCS wagt anscheinend niemand mehr, fossile Energie zu befürworten. Wenn sich die gesamte Klimaschutz-Community gegen CCS zusammenschließen könnte, hätte das weitreichende positive Auswirkungen.
— Der Autor Christfried Lenz politisiert durch die 68er Studentenbewegung, Promotion in Musikwissenschaft, ehemals Organist, Rundfunkautor, Kraftfahrer und Personalratsvorsitzender am Stadtreinigungsamt Mannheim, Buchautor. Erfolgreich gegen CCS mit der BI „Kein CO2-Endlager Altmark“, nach Zielerreichung in „Saubere Umwelt & Energie Altmark“ umbenannt und für Sanierung der Erdgas-Hinterlassenschaften, gegen neue Bohrungen und für die Energiewende aktiv (https://bi-altmark.sunject.com/). Mitglied des Gründungsvorstands der BürgerEnergieAltmark eG (http://www.buerger-energie-altmark.de/). Bis September 2022 stellvertretender Sprecher des „Rates für Bürgerenergie“ und Mitglied des Aufsichtsrates im Bündnis Bürgerenergie (BBEn). Seit 2013 100-prozentige Strom-Selbstversorgung durch Photovoltaik-Inselanlage mit 3 Kilowattpeak und Kleinwindrad. —
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Der Grund für das Verhalten der Politik und Verwaltung beim Festhalten an Fossilenergie ist klar: die kapitalistische Aktienwirtscaft. Die meisten ‚Besserverdienenden‘ , darunter eben auch Politiker (u.a. Scholz?) und hohe Ministerialbeamte haben sicher zur ‚Abrundung‘ ihrer Alterssicherung auf Aktienpakete mit hoher Beteiligung an der Fossilwirtschaft gesetzt. Bei einer ECHTEN ENERGIEWENDE hin zu EEn wären diese dann wertlos. Angeblich würde das dann auch die gesamte Volkswirtschaft zerstören, so wird pausenlos suggeriert, und Politiker glauben das gerne. Das ganze Verhalten von Herrn Scholz (Warburg- Affaire, Einknicken bei Lufthansaverhandlungen gegenüber einem Hauptaktionär etc.) deutet darauf hin, dass ihm das Wohlergehen der eh‘ schon Reichen sehr am Herzen liegt. Was ich nicht verstehe: warum behandeln Befürworter der EEn diese Zusammenhänge als Tabuthema und klären die Öffentlichkeit nicht darüber auf?
@ Peter Bechert.
Genau das ist der Hemmschuh der Energiewende.. Um das zu erkennen muss man nicht in eine bestimmte Richtung promoviert haben, da reicht schon ein gesunder Menschenverstand.
Solche Abwehr Bemühungen begannen schon von Anfang an. Das Folgende habe ich 1998 in einer Zeitschrift des VDEW ( heute BDEW ) gelesen, und ist heute noch im Archiv beim Solarförderverein (SfV ) in Aachen zu lesen.
Siehe hier
https://www.sfv.de/sob98440
Zitat:..Abwehraspekte grüner Angebote
Auszug aus: Zeitschrift für Energiewirtschaft, Heft 1/98; S. 59: „Green Pricing: kundenorientierte Angebote in der Elektrizitätswirtschaft“ von Thyge Weller
In erster Linie, wenn auch weniger stark öffentlich verkündet, sind indes unternehmenspolitische Zielsetzungen entscheidend für die Initiatoren Grüner Angebote.
Schließlich ist nicht zu übersehen, daß in einem Grünen Angebot durchaus auch Abwehr-Aspekte enthalten sein können: in diesen Fällen wird das Gegenteil dessen angestrebt, was vordergründig als Ziel vorgegeben ist. Vergleichbar mit dem Konzept industrieller Selbstverpflichtung soll ein solches Grünes Angebot im Einzelfall weitergehende staatliche Vorschriften zur Förderung erneuerbarer Energien verhindern helfen oder dem gesellschaftlichen Druck etwa zur Einführung kostendeckender Vergütung entgegenwirken. Ferner können derartige Abwehr-Projekte daraufhin konzipiert werden, daß dem Kunden die Beschränkungen (Kosten, Verfügbarkeit etc.) der erneuerbaren Energien deutlich werden und damit die Notwendigkeit einer fossil-nuklearen Erzeugung betont wird. Zitat Ende.
Oder hier eine weitere eindrucksvolle Dokumentation.
https://www.sonnenenergie.de/index.php?id=30&no_cache=1&tx_ttnews%5Btt_news%5D=287
So,so…Promotion in musikwissenschaft, ehemals Organist, Kraftfahrer?, Rundfunkautor, politisierter 68er….
Genau die grundvorraussetzungen die man von jemanden erwarten kann,damit er ein ausgewiesener Kenner von Astronomie,
Geologie,chemie,Physik,Plattentektonik,Klimatologie,Biologie usw. Ist.
Der ganze shitstorm gegen CO2 läuft nur deswegen,weil erzählt wird ,daß die Erwärmung dem CO2 folgt. Dabei liegt die beweislage andersherum- CO2 folgt der Wärme . Und es ist das einzige Gas, auf das wir technisch Zugriff haben. Und damit wieder auf Industrie,energiewirtschaft und vor allem dem Verbraucher. Was man mit der Erkenntnis alles machen kann,sieht man in den Inhalten der staatsnahen medienwelt und den politischen Strategien von thinktanks, Stiftungen ,Bewegungen,NGO’s , politischen Vereinen.
@ St.Lorenz
Dass CO2 die Atmosphäre erwärmt ist keine Erfindung, sondern kann in physikalischen / chemischen Experimenten nachgewiesen werden. Das Exp. sollte eigentlich verpflichtend in LEHRPLÄNE aufgenommen werden, damit solche CO2 Meinungen wie die geäußerte in Zukunft nicht mehr so leichtsinnig veröffentlicht werden!
Von Variablen wie CO2-Eintrag durch Menschen, die sich in der Atmosphäre anreichern sollen und dort zu einer erhöhten Temperatur führen sollen, die sich dadurch auszeichnen, dass sie innerhalb kurzer Zeit in ihrer Konzentration angewachsen sind, die also non-stationary, nicht stationäre zeitliche Veränderungen in einer Zeitreihe zum Gegenstand haben, würde man erwarten, dass der Effekt, den sie ausüben, dazu führt, dass Zeitreihen zu Temperaturschwankungen nicht stationär sind, sich eben durch plötzliche Veränderungen auszeichnen. Und genau diese Hypothese haben Dagsvik und Moen getestet, genauer: Sie haben die Hypothese, dass sich Temperaturveränderungen über mehrere 100 Jahre als stationäre Datenreihe abbilden lassen, zu widerlegen versucht, und sind gescheitert. Und weil sie gescheitert sind, ist die Annahme, dass CO2 einen Beitrag zu Temperaturschwankungen der letzten Jahrhunderte und Jahrzehnte leistet, widerlegt.
https://www.ssb.no/en/natur-og-miljo/forurensning-og-klima/artikler/to-what-extent-are-temperature-levels-changing-due-to-greenhouse-gas-emissions/_/attachment/inline/5a3f4a9b-3bc3-4988-9579-9fea82944264:f63064594b9225f9d7dc458b0b70a646baec3339/DP1007.pdf
@Redaktion: wäre es möglich, hier die Beiträge von Klimawandelleugnern und Leugnern des menschengemachten Anstiegs an CO2 und verwandten Klimagasen als Hauptursache einfach zu löschen?
Ich bin es leid, selbst im Forum eines seriösen Magazins im Jahr 2023 solche Aussagen zu lesen. Es gibt einen wissenschaftlichen Konsens, und zwar seit vielen Jahren. Für Anhänger abseitiger Theorien gibt es genug facebook und telegram Gruppen, aber hier haben sie aus meiner Sicht nichts verloren.
PS
Ich bin vielleicht im Gegensatz nicht gegen CCS, sondern befürworte sogar eine forcierte Forschung und baldige Herstellung von entsprechenden Geräten, damit diese möglichst schnell in noch ! rauchende Kamine gesetzt werden können. Im Gegensatz zu fundamentalistischen ‚Grünen ‚ bin ich sogar ein Fan von Verbrennen von Plastikmüll, vorgesetzt, es steht CCS zur Verfügung.
„Der Autor Christfried Lenz … Seit 2013 100-prozentige Strom-Selbstversorgung durch Photovoltaik-Inselanlage mit 3 Kilowattpeak und Kleinwindrad.“
Respekt:
Also ich kötte mit einer 3kWp Anlage und einem Kleinwindrad in der Altmark nicht 100% autark sein.
Mich würde ein Artikel interssieren, wie der Autor das hinbekommt.
@Frank Bleichinger
Dazu braucht es keinen extra Artikel, der MDR berichtete ausführlich darüber:
https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/stendal/salzwedel/nachhaltiges-leben-altmark-christfried-lenz-selbstversorger-rittleben100.html
Wir hätten weniger Probleme auf der Welt wenn mehr Menschen diesem Beispiel folgen würden.
Wie oft wurde schon gesagt dass es kein unendliches Wachstum gibt.
Wir sollten unseren Konsum kritisch hinterfragen damit nachfolgenden Generation nicht
die Lebensgrundlage genommen wird.
@Friedrich
Vielen Dank für den interesanten Link.
Soviel Askese ist nicht für mich bzw. meine Familie. Wenn ich so leben wollte, wäre ich sehr schnell wieder Single. Es gibt nicht viele Idealisten dises Schlages. Respekt für seine Lebensweise aber wie gesagt, kein Modell für mich.
Bezug ist keine Schande. Im Sommer speise ich die dreifache Menge dessen ein, was ich im Winter an Strom verbrauche. Somit finanziert die Einspeisevergütung den Bezug im Winter. Unterm Strich zahle ich somit nichts für meinen Strom …. ohne Askese.
@ Herrn DUDENBEAUFTRAGTER: Es passiert auch mir öfter, dass meine Ausführungen durch verschlimmbesserte Korrekturen fast unverständlich werden, aber ihr Beitrag ist für mich trotz umfangreichen Physikstudiums völlig unverständlich!
Ich verstehe auch nicht, wie man sich an einer solchen Diskussion beteiligen kann, ohne die vorausgegangenen Kommentare wenigstens überflogen zu haben. Wie schon gesagt: dass mehratomige Moleküle wie H2O, Methan, CO2 Wärmestrahlung absorbieren und dadurch zum Klimawandel beitragen können, ist seit mehr als 100 Jahren bekannt! Der entsprechende Effekt wurde zuerst von einem deutschen Physiker vorausgesagt und dann vom indischen Physiker Raman experimentell nachgewiesen und deswegen nach ihm benannt: RAMAN- EFFEKT. Sicher bei WIKI nachzulesen. Die von Ihnen aufgeführten und vielleicht von der Fossilindustrie bezahlten Messreihen taugen also nichts!