Monatliches Energiemarkt-Update: Höhere CO2- und Brennstoffkosten lassen europäische Strompreise steigen

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Vor dem Hintergrund niedrigerer Brennstoffimporte, eines zunehmenden Wettbewerbs auf dem weltweiten LNG-Markt und der daraus resultierenden etwas knapperen Versorgung sind die Energiepreise in Europa im vergangenen Monat gestiegen. Der in Asien noch markantere Preisanstieg als in Europa hat gezeigt, dass der Kampf um die LNG-Versorgung zwischen Europa und Asien nicht vorüber ist. Die erhöhte Preisvolatilität spiegelt zudem die Unsicherheit hinsichtlich anderer Importquellen, wie Gas aus Norwegen, Kohle aus Kolumbien und Rohöl aus den OPEC-Staaten, sowie der rechtzeitigen Wiederauffüllung der europäischen Brennstofflager wider. Obwohl die Preissteigerungen im Vergleich eher gering waren, wurden doch Erinnerungen an den letzten Sommer wach. Allerdings dämpfte die anhaltend schwache Nachfrage des Stromsektors nach Brennstoffen das Aufwärtspotenzial etwas.

Nach einem fünf Monate anhaltenden Rückgang stiegen die Preise auf dem Gasmarkt infolge längerer Ausfälle in Norwegen, des zunehmenden Wettbewerbs um LNG sowie der langsameren Wiederauffüllung der Gaslager. Insbesondere die dreiwöchige Verlängerung der Wartungsarbeiten an der Gasverarbeitungsanlage Nyhamna in Norwegen bis Mitte Juli ließ die Gaspreise nach oben schnellen, was die anhaltende Abhängigkeit Europas von Gasimporten bestätigte.

Dennoch liegt man mit dem Auffüllen der europäischen Gaslager vor dem nächsten Winter im Plan, auch wenn es zuletzt etwas langsamer voran ging und sich der durchschnittliche Speicherüberschuss gegenüber dem Niveau der vergangenen fünf Jahre reduzierte. Vor dem Hintergrund reduzierter Lagerbestände in Amsterdam und Rotterdam stieg der Kohlepreis in den letzten Wochen parallel zum Gaspreis an. Berücksichtigt man die verhaltene Nachfrage nach Kohle in Europa, ist dies ein möglicher Indikator für rückläufige Importe, was suggerieren würde, dass die Kohlepreise in den vergangenen Monaten bereits die Gewinnschwelle für Importe aus Kolumbien, Südafrika und den Vereinigten Staaten unterschritten hatten. Andererseits besteht die Möglichkeit, dass sich die Importe in den nächsten Wochen normalisieren.

Insbesondere durch die hohen Brennstoffpreise und gestiegenen Kosten für den Umstieg von Kohle auf Gas kletterte der Preis für Emissionszertifikate um etwa 8 Euro pro Tonne und erreichte damit wieder seine dieses Jahr bis dato vorherrschende Handelsspanne von 85 bis 95 Euro pro Tonne.

Auch die europäischen Strompreise stiegen angesichts der höheren CO2- und Brennstoffpreise, da diese die Gestehungskosten thermischer Kraftwerke in die Höhe trieben. Das verbesserte Atomstromangebot in ganz Europa dämpfte in Verbindung mit dem anhaltenden Nachfragerückgang und der signifikanten Stromerzeugung aus Erneuerbaren jedoch die optimistische Stimmung. So hat die starke Photovoltaik-Erzeugung im Juni die Strompreise nochmals ins Negative gedrückt. Im Juli kam es hier mit einem Abfall auf –500 Euro pro Megawattstunde in verschiedenen europäischen Märkten zu einem Negativrekord, auch in den Niederlanden, wo Wärmekraftwerke die Systemflexibilität reduzieren und die Umkehr von Spitzen- und Grundlastpreisen verschärfen. Insgesamt scheint Europa gut für die Wintersaison gerüstet, wobei jedoch jedes Zeichen einer künftigen Knappheit den Markt unter Druck setzt und dessen Widerstandskraft auf die Probe stellt.

— Der Autor Andy Sommer ist seit 1992 als Analyst in der Energiebranche aktiv und bewertet seit 2008 für Axpo die globalen Märkte. Seit einigen Jahren führt er das Team „Fundamental Analysis & Modeling“, mit dem er für interne und externe Kunden Einschätzungen zu den Energiemärkten in Europa und weltweit erstellt. Das Team konnte mit seinen Services im Jahr 2021 den Energy Risk Award für «Research in European Power» gewinnen. www.axpo.com

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